Der Babylon Code
fällt aus. Da ist die Gendarmerie. Wir verschwinden mit den Wagen, so weit wir kommen, und lassen uns dann aufnehmen.«
»Wie lange wird das dauern?«
»Zwei Stunden, vielleicht auch drei.«
»Zu lange… Aber eine andere Chance haben wir nicht! Tun Sie es. Und dann los.«
»Alle? Wir werden nicht einmal unsere ganzen Leute mitnehmen können.«
Thornten winkte abschätzig. »Je mehr Geiseln wir haben, desto besser. Zurücklassen können wir sie immer noch. Rufen Sie endlich an.«
Minuten später nickte Sullivan Thornten bestätigend zu.
Thornten trat an die Liege, vor der Anna und Jasmin hockten.
»Wir werden verschwinden. Sie kommen mit.«
Thornten starrte Anna an. Eine verzweifelte Mutter, die wie eine Löwin für ihr Junges kämpfte, war das Letzte, was er jetzt brauchte. Aber als Geisel…
Chris schmiegte sich an die Steinmauer und sah in den großen Eingangshof des Klosters, der von Westen nach Osten über die
ganzen fast hundert Meter der Klosteranlage verlief und gut dreißig Meter breit war. Gegenüber lag die Gebäudefront, die die südliche Außenmauer des Klosters darstellte.
Chris hastete in Richtung der westlichen Außenmauer. Hier war alles verschachtelt, und überall gab es Durchlässe. Vorne ist ein Weg, hatte die Priorin gesagt.
Eine Toreinfahrt durchbrach die Gebäudemauer. Sie war so breit, dass ein Pferdefuhrwerk durchpasste. Der holprige Weg führte nach unten und lief auf der anderen Seite als Rampe auf der ersten Terrasse aus.
Er schlich durch die Einfahrt und drückte sich auf der anderen Seite an die Wand. Er stand jetzt seitlich versetzt oberhalb der Stelle, an der sie den Zugang zur Kapelle gefunden hatten.
Das aufkommende Morgenlicht zerrieb die Schwärze der Nacht zu einem bleiernen Grau, in dem Umrisse schon gut zu erkennen waren.
Er ging in die Hocke. Nirgends konnte er eine Bewegung erkennen. Sie hatten doch Wachen aufgestellt! Wo waren die?
Plötzlich hörte er Stimmen, und etwas klapperte. Es kam von unten, links von ihm, wo der Eingang zur kleinen Kapelle lag.
Die niedrige und schmale Pforte lag in einem toten Winkel, den er von seinem Standpunkt nicht einsehen konnte. Chris richtete sich auf und schlich gebückt zehn Meter die Rampe hinunter. Die leichte Brise, die ihm von Westen her ins Gesicht blies, war frisch und kühlte sein erhitztes Gesicht.
Jetzt konnte er den toten Winkel schräg unten besser einsehen. Die Kapellentür lag noch im Nachtschatten, und die Gestalten davor waren Schemen. Sie schlichen hinunter zum Weg, wandten sich dort nach Süden, weg von ihm in Richtung des Haupteingangs.
Chris zählte… vier in hellen Kutten mit Kapuzen. Die Nonnen. Anna… Sullivans Schergen. Jasmin… da, da ging Jasmin!
Wenn sie jetzt zurücksehen würde, zu ihm hoch, dann würde
er aufspringen. Für einen Moment, für eine Sekunde, damit sie sah, dass er noch da war.
In diesem Moment riss sich eine der Nonnen los und rannte in nördliche Richtung von der Gruppe weg.
Halblaute Rufe drangen zu ihm herauf.
Unter ihm auf dem Weg war die Nonne fast auf seiner Höhe.
Einer der Männer hob den rechten Arm.
»Nein!« Chris sprang auf und riss seine Waffe hoch.
Aus der Mündung seiner Pistole jagte ein Blitz. Der Knall seines Schusses vermischte sich mit dem Peitschen des anderen Schusses.
Kapitel 46
Chartreuse de la Verne,
Massif des Maures in Südfrankreich
Mittwochmorgen
Thornten stand im Schatten der Mauer und starrte auf den Weg, der nach links zum Hauptportal und zur Straße führte. Der Abhang dahinter fiel steil ab und war mit Büschen bewachsen, sodass sein Blick nach Westen frei über das weite, dunkle Meer der Hügel und Täler schweifen konnte.
Es dämmerte, und die auf den Kuppen entfachten Lichtnester krochen langsam, aber unaufhaltsam in die Täler.
»Alles still«, murmelte Sullivan.
Thornten reckte den Kopf und sah nach rechts, wo in zwanzig Meter Entfernung die Holztreppe hinauf auf die erste Terrassenebene führte. »Beeilen wir uns. Zehn Minuten, dann sind wir bei den Fahrzeugen.« Er trug den Koffer mit den Probenresten, während Folsom den Käfig mit den Mäusen in den Armen hielt.
Sullivan winkte zwei seiner Männer heran, die sich an die Spitze setzten. Folsom und Purcell schlüpften vorbei, dann folgten Sullivan und der Chairman. Hinter ihnen liefen Jasmin, Anna, Dufour und die Nonnen, bewacht von Sullivans restlichen fünf Männern.
Thornten dachte an den nächsten Schritt. Wenn sie die Wagen erreichten, würde er entscheiden
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