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Der Babylon Code

Der Babylon Code

Titel: Der Babylon Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Schomburg
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bereitstehen«, sagte Folsom und legte den Hörer auf. In seinen Augen flackerte für eine Sekunde Unsicherheit, dann hatte er sich wieder in der Gewalt.
    Die Blicke des Paters streiften angewidert Jacques Dufour, der verloren in der Mitte des Raumes stand. Sein Jacques, den er die Ehrfurcht vor der Schöpfung Gottes gelehrt hatte. Wie sehr hatte er doch versagt, dachte Pater Hieronymus.
    Dufour war inzwischen Forscher. Sein Weg hatte ihn aus dem kleinen Dorf Collobrières im Maurengebirge, in dem Pater Hieronymus Gottes Wort gepredigt hatte, bis zur Universität in
    Toulon und dann in diese Forschungseinrichtung geführt. Seitdem war die Genforschung sein Lebensinhalt.
    Dufours schmaler Körper schien stündlich Gewicht zu verlieren. Sein Gesicht mit dem dunklen Teint und den weichen Linien zuckte nervös. Immer wieder griff er sich unsicher in die dunklen, lockigen Haare.
    Folsom dagegen umgab eine unterschwellige Aggressivität.
Er hält alle anderen für Idioten!
Der Pater erinnerte sich an Jacques’ Worte, als dieser ihn am Morgen abgeholt hatte.
    »Sie sehen schlecht aus«, sagte Folsom zu Pater Hieronymus und musterte das runde Gesicht mit den fleischigen Wangen. »Ringe unter den Augen, kalkweiß – ist Ihnen übel, brauchen Sie ein Glas Wasser?«
    Pater Hieronymus starrte in Folsoms Wolfsaugen.
    »Ich habe soeben Mike Gelfort auf seinen letzten Minuten begleitet.«
    »Es ist also vorbei.«
    Das weißt du doch, dachte Pater Hieronymus bitter.
    »Tragisch. Wir müssen darüber reden. Ich habe allerdings jetzt wenig Zeit«, sagte Folsom nüchtern und sah besorgt auf seine goldene Armbanduhr. »Eigentlich dürfte ich gar nicht hier sein. Die Geschäfte. Aber es schien mir wichtig, mich selbst zu überzeugen… vielleicht zu helfen. Dr. Dufour ist der verantwortliche Projektleiter. Wenn Sie mit ihm vielleicht…« Das starre Gesicht mit den herabgezogenen Mundwinkeln und den schmalen, zusammengepressten Lippen wirkte zynisch.
    »Berührt Sie der Tod dieses Menschen überhaupt nicht?« Der Pater ballte die Hände zu Fäusten.
    »Wie kommen Sie denn darauf?«, fragte Folsom kalt zurück. Plötzlich blähten sich seine Nasenflügel, und seine Stimme bebte vor Erregung. »Nur weil ich nicht jammere, bin ich deswegen noch lange nicht unberührt. Ich bin Forscher, ja. Aber Sie vergessen, dass ich neben den Forschungen einen großen und erfolgreichen Pharma-und Biotechnologiekonzern als CEO
    leite – und da gibt es noch ein paar andere Probleme. Deswegen muss ich auch gleich los. Aber das heißt noch lange nicht, dass mich das Schicksal dieses jungen Mannes nicht berührt.«
    Sie starrten sich an. Pater Hieronymus bekämpfte das Zittern in seinen Oberschenkeln. Er spürte loderndes Höllenfeuer, und in ihm wuchs das Verlangen, einfach nur zuzuschlagen.
    In Gottes Augen waren sie Sünder, in seinen Augen waren sie zumindest Feiglinge, wenn nicht sogar Verbrecher. Wenn vielleicht auch nicht im juristischen Sinn, was er abschließend nicht beurteilen mochte, aber doch im moralischen. Jedenfalls nach seinem Wertekodex.
    Auch Jacques, der ihn gerufen hatte. Jacques, den er seit Ewigkeiten kannte, dem er Beichtvater und Ratgeber in der Jugend gewesen war. Jacques, der aus der kleinen Welt seines Dorfes ausgebrochen war, um in der Wissenschaft Großes für die Menschheit zu vollbringen – und nun für den Tod dieses Menschen mit verantwortlich war.
    »Ich kenne Sie nicht, und mir ist egal, was Sie sonst noch in der Welt tun und sind. Ich habe Sie vorhin das erste Mal gesehen, weil Jacques mir versprechen musste, mir den gottlosen Mann zu zeigen, der… Der junge Mann ist gestorben!«
    Folsoms Wolfsaugen schleuderten wütende Blitze auf Jacques Dufour, der gebrochen in der Mitte des Raumes stand. Dufour senkte sogleich den Blick. Er war der Aggressivität Folsoms nicht gewachsen.
    »Es ist ein bedauerlicher Schicksalsschlag.« Folsom zögerte einen Moment. »Unvorhersehbar. Alle Vortests haben das nicht erwarten lassen. Wir vermuten, der als Transporter benutzte Virus ist mutiert, hat sich im Körper festgesetzt und Reaktionen ausgelöst, die so nicht vorhersehbar waren. Unsere Methode ist tausendfach erfolgreich erprobt.« Folsom verzog das Gesicht. »Ein bedauerlicher Schicksalsschlag. – Außerdem war ihm das latente Risiko bekannt. Er ist es freiwillig eingegangen.«
    »So einfach ist das«, entgegnete der Pater. »Die Viren sind
    schuld, weil sie nicht das taten, was man von ihnen erwartete. Wie kann man nur Erreger,

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