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Der Babylon Code

Der Babylon Code

Titel: Der Babylon Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Schomburg
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hielt mit düsteren Gedanken vor der achteckigen Zisterne in der Mitte des Platzes inne. Er liebte die korinthischen Säulen und das prächtige Krönungsgebälk, doch sein Auftrag nahm ihm jede Muße. So eilte er weiter in Richtung des zum Tal hin trutzig aufragenden Fronthauses, wo er im zweiten Stock erwartet wurde.
    Ein junger Pater empfing Tizzani kühl und distanziert. Ein Monsignore aus der Kurie in Rom war niemand, den ein junger Pater überschwänglich begrüßte. Der Pater bedauerte, dass der Abt den Monsignore nicht empfangen könne, weil er selbst auf Reisen war.
    Tizzani war froh, dem Abt nicht begegnen zu müssen. Jede dumme Bemerkung seinerseits konnte rasch den Weg in die Ohren derer finden, die seine Mission nichts anging. Das Kloster war in aller Welt der Inbegriff monastischen Lebens, und der Abt als Bischof verfügte über ein Netzwerk, das zumindest das gesamte gesellschaftliche Leben Italiens umfasste.
    Der Pater führte Tizzani in ein Zimmer, dessen Wände mit rotem Stoff beschlagen waren. Gemälde mit biblischen Szenen zierten den Raum, dessen Möblierung aus zwei Stühlen, einem Schreibtisch und einem einfachen Schrank bestand.
    Tizzani wartete und blickte durch das Fenster hinaus in das tief gelegene Tal des Liri mit seinen kleinen Ortschaften. Am Horizont verschwammen die Ausoni-Berge.
    »Ein wunderbarer Ausblick, nicht wahr?«
    Die dröhnende Stimme war unverkennbar.
    Henry Marvin war nahe der sechzig und noch etwas kleiner als Tizzani, dafür aber mit der bulligen Statur eines Ringkämpfers ausgestattet. Marvin trug einen schwarzen Chormantel. Das fleischige Gesicht des amerikanischen Verlegers war entspannt, seine Haut glänzte rosig, und die dunklen Augen funkelten voller Tatendrang.
    »Ja, ja, schauen Sie nur«, donnerte Henry Marvin amüsiert. »Ich kann es selbst kaum glauben. Eine Woche in einer Zelle in absoluter Abgeschiedenheit, und schon steht ein neuer Mensch vor Ihnen. Der heilige Benedikt wusste, wie nahe man hier Gott kommen kann.«
    Tizzani grüßte kühl. Er hielt nichts davon, dass Klöster ihre Pforten öffneten und normalen Sterblichen erlaubten, sich gegen Geld für ein paar Wochen hinter ihre Mauern zurückzuziehen. Wenigstens bot Montecassino nicht auch noch Seminare zur Selbstfindung wie manch andere Klöster an. Hier gab es nur das reine Klosterleben.
    Sie setzten sich an den Tisch.
    »Selbst an die harten Stühle gewöhnt man sich«, sagte Marvin lachend und schlug Tizzani mit seiner rechten Pranke fest auf die Schulter.
    Tizzani hasste die joviale und laute Art des Amerikaners. Er fragte sich unvermittelt, wie die knapp vierzig Mönche des Klosters auf diese laute Stimme in ihrem Reich der Stille reagierten.
    »Monsignore, Sie sind zu ernst. Gott hat die Freude nicht verboten.«
    »Die Botschaften des Stellvertreters auf Erden zu überbringen kann manchmal eine Last sein.«
    »Aber doch nicht hier, am Ursprung des klösterlichen Lebens. Welch besseren Ort gibt es für eine gute Nachricht? Kommt er heute oder morgen? Ist die Laienbruderschaft
Prätorianer der Heiligen Schrift
als Orden oder gar als Personalprälatur anerkannt worden? Wann wird es bekannt gegeben? Bringt er die Botschaft mit? Nun sagen Sie schon…«
    »Die Beratungen sind bedauerlicherweise immer noch nicht beendet«, antwortete Tizzani mit bekümmerter Miene. »Ein neuer Papst, alles ist im Umbruch, die vielen Gesandten, die ihre Aufwartung machen… die Bittsteller, die allesamt ihre wichtigen Anliegen vortragen wollen – die Probleme des Glaubens, so manch sündiges Schaf in der Kurie selbst…« Der Monsignore hob hilflos die Hände.
    »Ich verstehe nicht.« Henry Marvin starrte den Monsignore kalt an.
    Marvin war Geschäftsmann, und die Regeln waren immer gleich. Da machte die Kirche keine Ausnahme, ganz besonders die Kirche nicht. Sie hatte den Ablasshandel erfunden, den Handel mit dieser genialen Dienstleistung, deren Gegenwert sich erst in ferner Zukunft zeigen würde.
    »Lieber Henry Marvin«, kam es Tizzani nur schwer über die Lippen.
    »Monsignore, beleidigen Sie mich nicht.«
    »Der Heilige Vater sieht sich derzeit außerstande, mit Ihnen zusammenzutreffen. Auch der Wunsch der Bruderschaft ist im Augenblick unerfüllbar. Vielleicht… in ein paar Monaten… aber jetzt…«
    Henry Marvin hob den Körper leicht aus dem Stuhl, beugte sich über den Tisch und packte mit seinen kräftigen Händen zu. Tizzani starrte auf die Fäuste an seiner Brust. Der Amerikaner zog die Jacke derart

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