Der Babylon Code
es ihr nicht
erklären und würde es auch nicht tun. Erst musste er die Ursache gefunden haben.
Pater Hieronymus erschauerte vor dem doppelten Ansatz der göttlichen Planung. Einerseits beschränkte die vorbestimmte Anzahl der Zellteilungen aufgrund der Länge der Telomeren an den Chromosomenenden das Leben. Wenn die Schranke doch überwunden wurde, wucherten andererseits krankhafte Zellmutationen so unbegrenzt, bis sie den Organismus töteten.
Gottes Wort erfüllte sich ein weiteres Mal. Und auch dieser Teil des göttlichen Plans war in der Bibel festgeschrieben:
Ich begrenze seine Lebenszeit auf 120 Jahre.
Kapitel 21
Berlin
Freitag
Chris passte seine Schritte denen der Wissenschaftlerin an. Sie gingen am Pergamonmuseum vorbei, bogen nach links, liefen an der Rückwand des Alten Museum entlang und bogen dann wieder Richtung Lustgarten ab.
Er hatte seine Bedingungen zur Überprüfung aller Tafeln genannt, und die Professorin hatte nach kurzem Zögern zugestimmt. Der eulengesichtige Priester hatte protestiert, weil er nicht dabei sein durfte, hatte dann aber seinen Widerstand aufgeben müssen und war gegangen. Chris hatte seinen Worten entnommen, dass er in den Büroräumen des Fördervereins auf sie warten würde.
»Wir müssen nach links«, sagte Ramona Söllner, als sie an der westlichen Fassade des Domes vorbeiliefen. Auf der anderen Straßenseite verrottete der
Palast der Republik
, ein Relikt aus den kommunistischen Tagen Ostdeutschlands, das seit Jahren auf die Abrissbagger wartete.
Sie überquerte die Liebknechtbrücke, die nach Osten hin die Museumsinsel mit der Stadt verband. Auf der anderen Seite blieb sie stehen und fummelte in ihrer Handtasche nach dem Schein für die Tiefgarage.
Chris nutzte die Gelegenheit und schaute zurück. Ein Trupp ausgelassener Touristen, die von ihrer Besichtigungstour unterwegs zum Bus oder ins Hotel waren, überquerte hinter ihnen die Brücke.
In ihrer Mitte ging ein Pärchen. Sie waren im Gegensatz zu
den anderen ernst und unterhielten sich auch mit niemandem. Beide trugen schwarzlederne Motorradanzüge mit schweren Stiefeln.
Der Mann war kahl geschoren, an beiden Augenbrauen gepierct, und auf seinem Gesicht lag ein undefinierbares Grinsen. Die junge Frau trug Silberschmuck in der Nase, ihre Augenpartie war düster geschminkt und über den Lidern rot abgesetzt.
Als sie noch zehn Schritte entfernt waren, erinnerte sich Chris. Sie hatten eine ganze Weile neben dem Restaurant an der Bushaltestelle gestanden.
Zufall.
Kein Zufall.
Chris drehte sich ab und starrte die Straße hinunter. Links ein großer Neubaublock mit Marmorfassade und Glas, an der Straße die Einfahrt zur Tiefgarage, in der die Professorin ihren Wagen geparkt hatte.
Weiter vorn am Ende des Blockes folgte eine Straßenkreuzung, und dahinter auf der gegenüberliegenden Straßenseite begann die große Grünfläche vor dem Fernsehturm.
»Wir müssen hier rein«, sagte Ramona Söllner, als sie weitergingen und sich in dem Neubaublock eine kleine Passage auftat.
»Später – ich will erst sicher sein, dass Sie mich nicht aufs Kreuz legen.«
Er beschleunigte seine Schritte, ging bis zur Kreuzung und wandte sich nach links. Die Professorin fluchte und eilte ihm hinterher. Er drehte sich mehrmals um, blieb spontan an Geschäften stehen, befummelte Auslagen und Postkartenständer.
»Ich habe selten eine so ausgeprägte Paranoia erlebt. Ihr Psychiater dürfte ausgesorgt haben.« Sie stand neben ihm und sah auf die verschiedenen Hochglanzpostkarten mit Berlinmotiven.
Chris betrat den breiten Eingang des nächsten Hauses.
Sea-life
stand in bunten Lettern über dem Eingang. Im hinteren Teil war eine Kasse, an der er zwei Eintrittskarten kaufte. Die Frau an
der Kasse erklärte ihm, dass die Eintrittskarten des Aquariums auch eine Fahrt in einem Fahrstuhl des Aquadoms im Nebengebäude beinhalteten. Chris nickte beiläufig und tauchte mit Ramona Söllner in das Dunkel der Ausstellung.
Der vorgegebene Pfad führte sie durch verschiedene Räume mit Aquarien unterschiedlicher Größe. Neben heimischen Fischen konnte man die unterschiedlichsten Meereslandschaften und ihre Bewohner besichtigen.
Manche Becken ließ Chris gänzlich unbeachtet, dann wieder verweilte er länger an einem Aquarium. Immer wieder drehte er sich um.
Die Professorin folgte ihm wortlos und vermied jeden weiteren Kommentar, nachdem er gezischt hatte, dass Forsters Tod ja wohl keine Paranoia sei.
Kinder drückten ihre Nasen an die
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