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Der Bademeister: Roman (German Edition)

Der Bademeister: Roman (German Edition)

Titel: Der Bademeister: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Hacker
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ich sie aus dem Karton und zog sie an. Ich war zur gewohnten Stunde aufgewacht, wie jeden Morgen habe ich mir in der Küche eine Tasse Tee gemacht, ich habe die Wohnung nicht anders als sonst auch verlassen. Im Treppenhaus bemerkte ich das Ungewohnte an meinen Füßen und den harten Klang der glatten Absätze.

    Wenn ich morgens aus dem Haus gehe, wende ich mich nach links. Wenig später gelange ich zur Rückseite von Cremers Kiosk, gehe auf der rechten oder der linken Seite darum herum und wünsche ihm einen Guten Morgen. Er schiebt mir eine Papiertüte, in der zwei Brötchen sind, über die Zeitungen hinweg zu, wir wechseln ein paar Worte, wobei er mir berichtet, was am Vortag geschehen ist, oder liest mir etwas aus einer Zeitschrift vor, dann wünsche ich ihm einen Guten Tag und gehe weiter bis zum Stadtbad, das bald öffnet, denn es gibt Leute, die sehr früh, bevor sie zur Arbeit gehen, hierherkommen, um zu schwimmen. Sobald ich die Wohnungstür hinter mir zugezogen habe, leise, um meine Mutter nicht zu wecken, und das Haus verlassen, gehen die Dinge ihren Gang.

    An diesem Morgen war ich um die gewohnte Zeit aufgestanden, ging in die gewohnte Richtung, so wie ich es immer und ohne nachzudenken tat. Ging fast bis zu Cremers Kiosk, doch als ich ihn sehen konnte, blieb ich stehen, drehte mich um und ging in die andere Richtung. Man könnte meinen, es hinge der Gang der Dinge von den Schuhen ab. Es war ein schöner Tag, daran erinnere ich mich genau, es regnete nicht und schneite nicht und war nur kalt, weil Winter war.
    An einer Straßenecke stand ein Mann und beobachtete mich. Im ersten Augenblick dachte ich, es wäre der Hausmeister, doch kannte ich ihn nicht und kannte niemanden, der mir auf der Straße begegnete.
    Ich erinnere mich, sehr schnell gegangen zu sein, als wäre es selbstverständlich für mich, derart zügig von einem Ort zum anderen zu gehen, von einem bestimmten zu einem anderen Ort, so als erwartete mich dort jemand.

    Wenn man zügig geht, dann verringern die Entfernungen sich, und wenn man nicht weiß, wohin, so muss man immer weiter gehen.
    Da ich jahrelang nur von der Wohnung zum Schwimmbad und zurück gegangen war, wusste ich bald nicht mehr, wo ich mich befand, ging immer weiter, denn ohne Grund bleibt keiner stehen, dachte ich und wollte mir den Anschein geben, als wüsste ich, wohin.
    Kein Mensch ist ohne Absicht auf der Straße, und wenn es doch vorkommt, dann muss man es verbergen, denn es gibt Regeln wie in einem Schwimmbad, in dem man längs zu schwimmen hat, weil das die Regel ist, und wer quer schwimmt, stört und macht sich auffällig, da man in einem Schwimmbad Bahnen schwimmt.
    Es gibt nur Schwimmer oder Nichtschwimmer, und bei den Nichtschwimmern handelt es sich um Kinder, die das Nichtschwimmerbecken nicht verlassen dürfen.
    Ich selbst wäre eingeschritten, wenn einer mitten im Becken quer geschwommen wäre, und die Nichtschwimmer behielt ich genau im Auge, damit sie die anderen nicht störten.
    Es gibt klare Unterscheidungen. Ohne irgendeinen Grund läuft man nicht durch die Straßen, und wenn man spazieren geht, so tut man es sonntags oder in einem Park.

    Beim Gehen muss man regelmäßig atmen, so wie beim Schwimmen auch. Wer das nicht tut, verschluckt sich leicht, schluckt Wasser, und das kann böse enden, wenn der Bademeister es nicht sieht.
    Der gleichmäßige Atem ist wichtig, und wenn man die Luft verliert, so muss man aus dem Wasser. Deswegen gehören Bänke in die Schwimmhalle, damit sich ausruhen kann, wer außer Atem ist oder erschöpft.
    Ich war es nicht gewöhnt, lange zu Fuß zu laufen. Aber wenn es keinen Grund gibt zu laufen, dann gibt es auch keinen Grund stehen zu bleiben.
    Hören Sie? Man bleibt auf der Straße stehen, wenn man nicht weiß, wohin. Steht dort inmitten von Leuten, die vorübergehen, zieht Blicke auf sich, stumme Blicke, obwohl es keinen gibt, der aufpasst, denn was soll einem zustoßen, alles geht seinen Gang, da ist nichts aufzupassen und nichts zu retten.

    Den ganzen Tag erwartete ich, Klaus zu treffen oder einen Badegast, und selbst nach Frau Karpfe und dem Hausmeister hielt ich Ausschau, aber da waren nur Leute, die ich noch nie gesehen hatte.
    Beim Schwimmen guckt man geradeaus, richtet, wenn man nicht auf dem Rücken schwimmt, den Blick dahin, wo man hinschwimmt, aufs Wasser oder auf die anderen Schwimmer, die Wand, die Uhr, auf den Lichtbogen aus Glasbausteinen, das Licht fällt gleichmäßig durchs dicke Glas.
    Wenn ich an der

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