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Der Bademeister: Roman (German Edition)

Der Bademeister: Roman (German Edition)

Titel: Der Bademeister: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Hacker
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und wenn ich daran vorbeigehe, ist da nicht viel mehr als ein Schatten, ein Schatten wie andere auch, ein eingefallenes Gesicht, die Augen in ihren Höhlen eingesunken, nur die Nase sticht scharf hervor, und die verdreckten Kleider hängen lose am Körper, der sich duckt und zögert, schließlich hastig weitergeht, ein Fremder, der so die Halle nicht betreten darf. Am Anfang habe ich streng darauf geachtet, jeden Tag zu duschen und mir ein sauberes Hemd anzuziehen. Aber jetzt verlasse ich das Schwimmbad nicht mehr und habe keine saubere Kleidung zum Wechseln.

    Als ich durch die Stadt gelaufen bin, hat es schon angefangen. Sogar Cremer hätte mich auf der Straße nicht erkannt. Mit dem Geruch beginnt es, Geruch von Müdigkeit und Angst, und bald ist es, als habe der Verfall sich in den Körper eingenistet, ein Fremdkörper zwischen anderen Passanten, zwischen den Leuten, die Grund zur Eile haben auf dem Weg zur Arbeit, auf dem Weg nach Hause, fremd zwischen all denen, die genau wissen, wohin sie gehen. Ein müder Körper, der in sich zusammensinkt, böser Geruch, in Kniehöhe der anderen zuerst, dann das Gesicht in Höhe von Mantelsäumen und Hosenbeinen, endlich in Augenhöhe mit den Schuhen, mit warmen Winterschuhen und dicken Sohlen.
    An den Kleidern merkt man es zuerst. Man kann sie nicht mehr sauber halten, der Geruch haftet daran, und bald sind die Sohlen abgelaufen, die Schuhe verkratzt, weil die Füße stolpern, und die Jacke wetzt sich an den Hauswänden dünn, die Hosen wischen den Dreck von Treppenstufen und Absperrgittern, weil man sich anlehnen muss, man kann nicht ohne Unterbrechung laufen, und das Gesicht ist verquollen, als wollte es vor Scham unkenntlich werden. Es geht ganz schnell, dass Kinder einen anstarren, Erwachsene zur Seite schauen, schnell vorbeigehen, als fürchteten sie, sich anzustecken. Man zieht die Aufmerksamkeit auf sich, läuft ziellos wie in großer Eile, und sogar die Zeit verliert ihre Richtung, man läuft im Kreis, kommt immer wieder am gleichen Morgen an, läuft wieder den gleichen Weg, versucht, den Tag abzulaufen, und wieder fängt der Tag von vorne an.
    Wenn ich hierher zurückkehre, wird sich alles wieder fügen, glaubte ich. Die Zeit hat ihren festen Platz, eine große Uhr hängt unter den Löwenköpfen, den Stützpfeilern, die die Tribüne halten.
    War die Halle leer, hörte man ihr Ticken in der Stille. Aber jetzt ist die Uhr stehen geblieben, und statt ihres Tickens hört man nur die Ratten und Mäuse oder dass ein Placken Putz und Farbe aus der Wand bricht, am Boden zerschellt. Heute Morgen ist es passiert. Die Stille saugt sich wie ein Blutegel in den Wänden fest, und von der Zeit ist nichts mehr übrig; Geräusche des Verfalls und langsame Zerstörung. Wenn ich ein leises Rascheln höre, weiß ich nicht, ob es Mörtel ist, der aus der Wand rieselt, oder ob es die Mäuse sind. Ich habe im Heizungskeller nach Fallen und Gift gesucht, vergeblich. Im Schwimmbad gab es früher kein Ungeziefer. Verschmutzung habe ich nicht geduldet. Jetzt bin ich dagegen machtlos. Aber die Stille, die Stille muss ich nicht ertragen.

    Ich habe die Badegäste nicht gezählt. Es waren viele, Tag für Tag, und wer etwas anderes behauptet, lügt. Nur die Wannenbäder wurden seltener benutzt als früher, weil inzwischen die meisten eine eigene Badewanne haben. Nun bleiben alle weg, als hätte dieser Ort nie existiert. Was willst du, hat Cremer mir gesagt, als er mich nach dem Tod meiner Mutter besuchte, sie gehen nicht mehr schwimmen, und wenn doch, dann tun sie es woanders. Gerade du, hat er hinzugefügt, musst das verstehen, schließlich bist du selbst nie geschwommen. Und obwohl er recht hat, begreife ich nicht, warum so viele Menschen wegbleiben, als wären sie nicht jahrelang hierher gekommen, als wären all die Jahre verschwunden in dem Augenblick, in dem ein Pappschild vor den Eingang gehängt wird: Das Schwimmbad ist geschlossen.
    Du hast recht, antwortete ich. Ich wollte ihm sagen, dass nichts übrig geblieben ist, dass ich am Morgen aufwache, die Hand ausstrecke, um nach irgendetwas zu greifen, nach einem Hemd, den Schuhen, dass ich nach dem Lichtschalter taste, und die Hand bleibt leer. Ich stehe im Dunkeln auf, es kommt nicht darauf an, ich muss mich nicht beeilen. Schon morgens ist die Zeit zu lang, die Stunden bis zum Abend, die Leute auf der Straße, die eilig vorübergehen, als wäre nichts geschehen, als wüsste niemand außer mir, dass man das Schwimmbad geschlossen hat. Sie

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