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Der Ball spielende Hund

Der Ball spielende Hund

Titel: Der Ball spielende Hund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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ihr Testament im Haus auf, nicht wahr?»
    Miss Lawson ließ die Brille fallen und bückte sich danach. «Das weiß ich nicht. Nein, ich glaube, es lag bei Mr Purvis.»
    «Wer war Testamentsvollstrecker?»
    «Mr Purvis.»
    «Kam er nach Miss Arundells Tod ins Haus, um ihre Papiere durchzusehn?»
    Miss Lawson bejahte, und Poirot sah sie scharf an; als er die nächste, unerwartete Frage stellte: «Können Sie Mr Purvis gut leiden?»
    «Ob ich ihn gut leiden kann? Das – das ist wirklich schwer zu sagen. Ich meine, er ist bestimmt ein sehr kluger Mann – ein sehr kluger Anwalt, meine ich. Aber so schroff! Es ist nicht immer angenehm, wenn jemand mit einem spricht, der so tut, als ob er – ich kann das nicht erklären – er drückte sich immer sehr höflich aus, aber zugleich war er geradezu grob, wenn Sie mich richtig verstehen.»
    «Eine schwierige Lage für Sie!», meinte Poirot teilnahmsvoll.
    Dann erhob er sich. «Mademoiselle, meinen verbindlichsten Dank für Ihre Güte und Hilfe.»
    Auch Miss Lawson erhob sich. «Nichts zu danken, Mr Poirot – wirklich nichts zu danken. Ich freue mich, wenn Ihnen damit gedient war, und wenn ich Ihnen noch anders wie behilflich sein kann – »
    Poirot kehrte von der Schwelle zurück und sagte gedämpft: «Miss Lawson, ehe ich’s vergesse: Charles und Theresa Arundell wollen das Testament anfechten.»
    Jähe Röte stieg in ihre Wangen. «Das können sie nicht», antwortete sie heftig. «Mein Rechtsanwalt hat es gesagt.»
    «Ah, Sie haben einen Anwalt zurate gezogen?», fragte Poirot.
    «Natürlich. Warum auch nicht?»
    «Durchaus begreiflich. Sehr vernünftig. Guten Tag, Mademoiselle.»
    Als wir auf der Straße standen, schöpfte Poirot tief Atem. «Hastings», sagte er, «diese Person ist entweder wirklich, wie sie zu sein scheint, oder eine glänzende Komödiantin.»
    «Offenbar ist sie fest überzeugt, dass Miss Arundell eines natürlichen Todes starb.»
    Poirot antwortete nicht, sondern rief ein Taxi herbei und sagte zum Fahrer: «Durham Hotel, Bloomsbury!»

16
     
    «Ein Herr wünscht Sie zu sprechen, Madame.»
    Die Dame, die im Schreibzimmer des Durham Hotels an einem Tisch saß und schrieb, wandte den Kopf, erhob sich und kam uns mit fragender Miene entgegen.
    Mrs Tanios’ Alter war schwer bestimmbar; über dreißig war sie jedenfalls. Sie war eine große, schlanke Frau mit dunklem Haar, vorquellenden hellen Augen und bekümmertem Gesicht. Sie trug ein modernes Hütchen, hatte es aber falsch aufgesetzt, und ihr Baumwollkleid sah zerdrückt aus.
    «Ich glaube nicht – », begann sie unschlüssig.
    Poirot verbeugte sich. «Ich komme von Ihrer Kusine, Miss Theresa Arundell.»
    «Oh, von Theresa?»
    «Könnte ich Sie kurz sprechen?»
    Mrs Tanios sah mit leerem Blick umher. Poirot deutete auf ein Lederkanapee an der Stirnseite des Schreibzimmers.
    «Mutti, wohin gehst du?», quäkte eine schrille Stimme.
    «Ich setze mich nur dorthin. Schreib deinen Brief weiter, Liebling!»
    Das Kind, ein mageres, spitz aussehendes Mädchen von etwa sieben Jahren, wandte sich wieder seiner anscheinend mühsamen Arbeit zu.
    Wir setzten uns. Mrs Tanios sah Poirot fragend an.
    «Es handelt sich um den Tod Ihrer Tante, Miss Emily Arundell.»
    Bildete ich mir das ein, oder flackerte wirklich Angst in ihren Augen?
    «Ja?»
    «Miss Arundell änderte ihr Testament kurze Zeit vor ihrem Tod», fuhr Poirot fort. «Nach den neuen Bestimmungen erbt Miss Wilhelmina Lawson das ganze Vermögen. Ich komme, Mrs Tanios, um Sie zu fragen, ob Sie sich Miss Theresa und Mr Charles anschließen und das Testament anfechten wollen.»
    «Oh!» Mrs Tanios atmete tief aus. «Aber ich glaube, das wird doch nicht möglich sein! Mein Mann hat nämlich einen Rechtsanwalt um Rat gefragt, und der war der Meinung, dass keine Aussicht besteht.»
    «Rechtsanwälte sind vorsichtig, Madame, und weichen einem Prozess lieber aus. In den meisten Fällen haben sie auch wirklich Recht. Aber manchmal lohnt es sich, ein Risiko einzugehen. Ich bin kein Anwalt und sehe die Sache daher mit anderen Augen. Miss Theresa Arundell ist bereit, den Kampf aufzunehmen. Und Sie?»
    «Ich? Ich weiß wirklich nicht – » Sie knetete nervös die Finger. «Ich müsste meinen Mann fragen.»
    «Selbstverständlich müssen Sie Ihren Mann fragen, bevor irgendwelche Schritte unternommen werden. Aber was sagt Ihnen Ihr Gefühl in dieser Angelegenheit?»
    «Ich – ich weiß wirklich nicht.» Mrs Tanios sah noch bedrückter drein. «Das hängt ganz von

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