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Der Ball spielende Hund

Der Ball spielende Hund

Titel: Der Ball spielende Hund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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glaube, sie würde sogar jemanden umbringen, wenn er es ihr befiehlt! Und sie hat Angst vor ihm. Bestimmt hat sie Angst vor ihm. Ich habe sie das eine oder andere Mal geradezu verstört gesehen! Das ist doch nicht recht, Mr Poirot – Sie werden doch nicht behaupten, dass das recht sei!»
    Poirot behauptete es nicht, sondern fragte: «Was für ein Mensch ist Doktor Tanios?»
    «Nun ja», meinte Miss Lawson zögernd, «er ist ein sehr angenehmer Mann.» Unschlüssig hielt sie inne.
    «Aber Sie trauen ihm nicht?»
    «Ich – nun, nein. Ich würde wohl keinem Mann sehr trauen. Man hört so schreckliche Sachen. Und die armen Frauen müssen so viel mitmachen! Doktor Tanios gibt sich seiner Frau gegenüber natürlich sehr zärtlich. Er hat bezaubernde Manieren. Aber ich traue Ausländern nicht. Sie sind so verschlagen. Und ich bin überzeugt, die liebe Miss Arundell wollte ihr Geld nicht in seine Hände geraten lassen!»
    «Es ist hart für Miss Theresa und Mr Charles Arundell, dass auch sie enterbt wurden», bemerkte Poirot.
    Miss Lawsons Gesicht rötete sich. «Ich finde, dass Theresa so viel Geld hat, als gut für sie ist!», antwortete sie mit Schärfe. «Sie gibt Unmengen allein für ihre Kleider aus. Und ihre Unterwäsche – lasterhaft! Wenn man bedenkt, wie viele nette, wohl erzogene Mädchen sich ihr Brot verdienen müssen – »
    Zuvorkommend beendete Poirot den Satz: «Sie sind der Ansicht, es könnte ihr nicht schaden, wenn sie eine Zeit lang ihr Brot selber verdienen müsste?»
    Miss Lawson sah ihn feierlich an. «Es würde ihr guttun. Es würde sie zur Vernunft bringen. Not ist die beste Lehrmeisterin.»
    Poirot nickte langsam, ohne sie aus den Augen zu lassen. «Und Charles?»
    «Charles verdient es nicht, auch nur einen Penny zu kriegen», versetzte Miss Lawson energisch. «Wenn Miss Arundell ihn enterbte, hatte sie guten Grund – nach seinen geradezu verbrecherischen Drohungen!»
    «Drohungen?» Poirot hob die Brauen.
    «Ja, Drohungen!»
    «Wieso Drohungen? Wann drohte er ihr?»
    «Das war – lassen Sie mich nachdenken – ja, natürlich – zu Ostern. Am Ostersonntag obendrein!»
    «Was sagte er?»
    «Er verlangte Geld von ihr, und sie schlug es ab. Und das, sagte er, das sei unklug von ihr. Er sagte, wenn sie so weitermache, würde er sie – wie sagte er nur? Irgendein ordinäres Wort! – ja, würde er sie abmurksen!»
    «Er drohte ihr, sie abzumurksen?»
    «Ja.»
    «Und was antwortete Miss Arundell?»
    «Sie antwortete: ‹Du wirst noch dahinterkommen, Charles, dass ich mich zu schützen weiß.›»
    «Waren Sie im Zimmer anwesend?»
    «Im Zimmer eigentlich nicht», erwiderte Miss Lawson nach kurzem Zögern.
    «Verstehe, verstehe», sagte Poirot hastig. «Und was entgegnete Charles?»
    «Er entgegnete: ‹Ich habe dich gewarnt!›»
    «Nahm Miss Arundell die Drohung ernst?»
    «Ja, ich weiß nicht… Mir sagte sie nichts davon… Aber das war auch nicht zu erwarten.»
    Ruhig fragte Poirot: «Sie wussten natürlich, dass Miss Arundell ein anderes Testament machte?»
    «Nein, nein. Ich sagte Ihnen doch, ich war ganz überrascht. Ich hätte mir nie träumen – »
    Er unterbrach sie. «Sie kannten den Inhalt nicht. Aber Sie wussten, dass ein anderes Testament gemacht wurde?»
    «Nun – ich vermutete – ich meine, da sie doch den Rechtsanwalt kommen ließ, als sie das Bett hüten musste – »
    «Sie hatte einen Unfall, nicht wahr?»
    «Ja, einen Sturz. Bob war daran schuld – er ließ seinen Ball oben auf der Treppe liegen – und sie stolperte und fiel hinunter.»
    «Ein gefährlicher Unfall?»
    «Mein Gott, ja, sie hätte sich Arme und Beine brechen können, sagte der Arzt.»
    «Es hätte ihr Tod sein können.»
    «Ja, wirklich.» Offen und ungezwungen war die Antwort erfolgt.
    Poirot lächelte. «Ich glaube, ich sah Bob in Littlegreen House.»
    «Ach ja. Er ist ein liebes Hündchen.»
    Nichts ärgert mich mehr, als wenn ich einen guten Terrier ein «liebes Hündchen» nennen höre. Kein Wunder, dass Bob Miss Lawson verachtete und ihr nie gehorchte.
    «Er ist sehr klug, nicht wahr?», fragte Poirot.
    «Sehr.»
    «Wie er sich kränken würde, wenn er wüsste, dass er sein Frauchen fast umgebracht hätte!»
    Miss Lawson schüttelte stumm den Kopf und seufzte.
    «Glauben Sie», fragte Poirot, «dass dieser Sturz Miss Arundell veranlasste, ein anderes Testament zu machen!»
    Wir kamen dem Kern der Sache gefährlich nahe, schien es mir, aber Miss Lawson schien die Frage vollkommen natürlich zu

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