Der Ball spielende Hund
Sie Acht, dass er nicht Sie erwischt! Das wäre eine Katastrophe.»
Er fuhr leicht zurück. Für ihn war die Sache kein Witz. «Sie haben Recht, ich muss vorsichtig sein, sehr vorsichtig.»
«Sie sollten eine kugelsichere Weste tragen», spottete ich. «Und einen Vorkoster bei Tisch haben. Sie sollten überhaupt nie ohne Leibwächter ausgehen!»
«Danke, Hastings, mein Verstand ist Schutz genug.»
Er schrieb ein paar Zeilen an Miss Lawson und sagte sich für elf Uhr in Littlegreen House an.
Nach dem Frühstück gingen wir auf dem Hauptplatz spazieren, der schläfrig in der Vormittagssonne lag. Ich blieb vor dem Schaufenster eines Antiquitätenladens stehen und betrachtete gerade eine hübsche Garnitur Hepplewhite-Stühle, als ich plötzlich einen derben Rippenstoß spürte und eine scharfe Stimme sagte: «Hallo!»
Entrüstet wandte ich mich um und sah mich Miss Peabody gegenüber, die einen riesigen Regenschirm in der Hand hielt. (Den hatte sie mir zwischen die Rippen gebohrt.)
«Mir gleich gedacht, dass Sie’s sind. Irre mich selten.»
«Guten Morgen», sagte ich ein wenig ärgerlich. «Womit kann ich Ihnen dienen?»
«Sie können mir sagen, ob die Biografie General Arundells Fortschritte macht.» Miss Peabody schüttelte sich vor Lachen. Ich lächelte. «Sie haben den kleinen Schwindel durchschaut?»
«Haben Sie mich denn für so begriffsstutzig gehalten?
Ihr Freund wollte mich doch nur zum Reden verleiten. Das machte mir aber gar nichts. Ich rede gern. Heutzutage findet man nicht leicht jemand, der einem zuhört. War ein netter Nachmittag.»
Sie heftete den schlauen Blick auf mich. «Also, was geht da vor?»
Während ich noch mit der Antwort zögerte, trat Poirot zu uns und verbeugte sich tief vor Miss Peabody. «Guten Morgen, Mademoiselle. Sehr erfreut, Sie zu sehen.»
«Guten Morgen, Mr – soll ich Parotti sagen – oder Poirot?»
«Sie haben meine Verkleidung schnell durchschaut», meinte er lächelnd.
«War nicht weit her mit der Verkleidung. Solche wie Sie gibt’s nicht viele. Weiß nicht, ob das gut oder schlecht ist. Schwer zu sagen.»
«Ich ziehe vor, Mademoiselle, einzigartig zu sein.»
«Na, der Wunsch ist Ihnen in Erfüllung gegangen», versetzte sie trocken. «Mr Poirot, ich habe Ihnen neulich alles vorgeklatscht, was Sie wissen wollten. Jetzt ist die Reihe zu fragen an mir. Was geht hier vor, he?»
«Wissen Sie nicht schon die Antwort auf diese Frage?»
«Nicht sicher.» Sie warf ihm einen scharfen Blick zu. «Etwas faul an dem Testament, wie? Oder was sonst? Wird Emily exhumiert?»
Poirot schwieg, und Miss Peabody nickte langsam, als hätte er geantwortet. «Habe mich oft gefragt, wie das wohl sein muss. In der Zeitung gelesen, wissen Sie – und mir gedacht, ob in Basing auch mal wer exhumiert wird… Hätte nicht gedacht, dass es Emily Arundell sein wird…»
Plötzlich sah sie ihn durchdringend an. «Ihr wäre das nicht recht gewesen. Haben Sie auch daran gedacht?»
«Ja, auch daran habe ich gedacht.»
Unvermittelt fragte sie: «Warum tragen Sie einen solchen Schnurrbart? Gefällt er Ihnen?»
Ich wandte mich ab, um nicht laut herauszuplatzen.
«In England liegt die Pflege des Schnurrbarts sehr im Argen», antwortete Poirot und fuhr sich zärtlich über seine männliche Zier.
«Komisch!», sagte Miss Peabody. «Kannte mal eine Frau, die hatte einen Kropf – und war stolz darauf!» Sie seufzte und wechselte abermals das Thema. «Hätte nie gedacht, dass es hier bei uns in diesem gottverlassenen Nest einen Mord geben könnte!» Wieder ein durchdringender Blick. «Wer war’s?»
«Soll ich das hier auf offener Straße hinausbrüllen?»
«Wahrscheinlich wissen Sie’s nicht. Oder doch? Na ja – schlechtes Blut – schlechtes Blut. Möchte wissen, ob diese Varley ihren ersten Mann umgebracht hat. Wäre wichtig.»
«Sie meinen wegen der Vererbung?»
Miss Peabody erklärte plötzlich: «Mir wäre es lieber, wenn es Tanios getan hätte. Ein Außenseiter. Aber was nützt das Wünschen? Na, ich muss gehn. Ich sehe, dass Sie mir nichts verraten wollen… Übrigens, in wessen Auftrag arbeiten Sie?»
«Im Auftrag der Toten, Mademoiselle.»
Leider muss ich sagen, dass Miss Peabody bei dieser Antwort schallend auflachte. Sie wurde jedoch sogleich wieder ernst und erwiderte: «Verzeihung! Das hörte sich an wie von Isabel Tripp, dieser schrecklichen Person. Julia ist noch unmöglicher. Dieses Jungmädchengetue – sehr peinlich. Ich kann es nicht leiden, wenn man mir
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