Der Bann des Zeitreisenden (German Edition)
nicht darüber sprechen. Er wollte nicht einmal darüber nachdenken. Er musste sich ganz darauf konzentrieren, einen Rettungsplan zu entwerfen.
»Glaubt ihr, wir hätten nicht schon versucht, Nahrung zu finden?« Lex starrte auf den Boden, der unter ihm dahinzufliegen schien. »Oft haben wir Männer ins Gebirge geschickt, aber keiner ist jemals zurückgekommen.«
»Warum nicht?«, fragte Rion.
Lex zuckte die Achseln. »Die Unari bewachen den Zugang zum Gebirge.«
»O Gott.« Marisa zupfte Rion am Ärmel. »Da!«
Rions Kehle schnürte sich zusammen. Ein Gleiter der Unari raste durch den Tunnel hinter ihnen her und hatte bereits die Gewehre auf sie ausgerichtet.
»Spring!«, schrie Rion, hüpfte von dem behelfsmäßigen Zug und zog Marisa hinter sich her. Seine Männer taten dasselbe.
Rion hielt Marisa fest, landete mit einem dumpfen Geräusch und schützte Marisa vor den schlimmsten Auswirkungen des Aufpralls. Er blickte gerade noch rechtzeitig hoch, um mitzubekommen, wie der Gleiter den Zug beschoss und dieser sich in einem grellweißen Lichtblitz auflöste.
Der Gleiter raste über ihre Köpfe hinweg. Rion wartete nicht darauf, dass das Klingeln in seinen Ohren aufhörte. Er kämpfte sich auf die Beine und zerrte auch Marisa hoch. Ihre Augen waren weit aufgerissen. Sie hatte einen Kratzer an der Wange, sonst aber schien sie unverletzt zu sein. »Kommt er zurück?«
»Vielleicht. Wir müssen jedenfalls weg von hier.« Rion sah Lex an, der viel langsamer aufgestanden war. »Wie weit ist es noch bis zur Gabelung?«
»Etwa eine Meile.«
Rion lief los. »Ich möchte, dass wir in fünf Minuten dort sind.«
Sie brauchten allerdings zehn. Lex und seine Männer brachten die letzten Schritte stolpernd und taumelnd hinter sich; die Erschöpfung war ihren Gesichtern deutlich anzusehen. Auch Marisa atmete mühsam. Doch niemand beschwerte sich.
»Gute Arbeit.« Rion sah sich um. Dieser Teil des Tunnels war mit Gebüschen und toten Bäumen übersät, und es gab Erdhügel von früheren Höhleneinstürzen. »Wir werden uns hier ein wenig ausruhen.«
»Zumindest kann hier kein Gleiter durchfliegen«, murmelte Darian. Er setzte sich und lehnte sich mit dem Rücken gegen eine Wurzel.
Aber die Unari konnten eine Rakete durch diesen Teil des Tunnels schießen. Diesen Gedanken behielt Rion jedoch für sich – genau wie den furchtbaren Zustand, in dem sich sein Vater befand. Niemand, nicht einmal der ehronische König konnte eine solche Tortur noch viel länger ertragen. Aber auch Lex und seine Männer würden nicht mehr lange leben, wenn sie kein Platin bekamen.
Rion hatte gewollt, dass sie alle auf Nahrungssuche gingen, doch ihre Erschöpfung zwang ihn jetzt, seinen Plan zu überdenken. Lex, Darian und Mendel konnten kaum mehr gehen. Das Laufen hatte ihnen auch noch die letzten Kräfte geraubt.
Rion änderte seine Meinung, was das Zusammenbleiben betraf. »Lex, du hattest recht. Wir teilen uns auf.« Es waren stolze Männer. Und sie hatten viele Jahre hindurch unter schrecklichen Bedingungen ihr Bestes gegeben. »Wenn ihr nach Winnhaven zurückgekehrt seid, sagt ihr den örtlichen Rebellen, dass sie mich in zwei Tagen hier aufsuchen sollen.«
»Ja, Herr. Wir werden eine andere Route nach Hause nehmen. Aber da die Unari jetzt von der Existenz dieses Tunnels wissen, sollten wir uns besser anderswo treffen.«
»Gute Idee. »Welchen Ort würdest du vorschlagen?«, fragte Rion.
»Dort, wo die Unari-Mauer den Fluss staut und dessen Lauf verändert.«
»In Ordnung. Bemühe dich, so vielen wie möglich von unserem Plan zu berichten, und in der Zwischenzeit holen Marisa und ich ein wenig Platin.«
Marisa stapfte neben Rion her, solange es der Pfad erlaubte, und folgte ihm, wenn der Weg zu schmal wurde. Seit Stunden hatten sie nicht mehr miteinander gesprochen. Sie hatte sich ihre Kraft für den Marsch durch das unebene Grasland aufgespart.
Seit dem Austritt aus dem Tunnel hatten sie zwar keine Anzeichen von Verfolgern mehr gesehen, aber Lex hatte sie gewarnt, dass die Unari den Zugang zum Platin in den Bergen gesperrt hatten.
Seine Worte hallten in ihrem Kopf wider. Keiner, den er ausgesandt hatte, war zurückgekommen.
Merlin begleitete sie auf ihrer Reise; manchmal war er bei ihnen, doch oft bildete er auch die Vorhut. Marisas Beine schmerzten. An ihren Füßen hatten sich neue Blasen gebildet. Als Rion neben einem langsam fließenden Bach anhielt, setzte sie sich auf einen Felsblock, zog die Schuhe aus und untersuchte
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