Der Bann des Zeitreisenden (German Edition)
Rion nicht zulassen. Er musste sie retten.
Er blickte jetzt durch die Menge und sah, wie Marisa bereits an der Seite des Vollstreckers auf ihren Tod zuging.
Er änderte seine Position und folgte ihnen dicht auf den Fersen. Vollstrecker arbeiteten immer zu zweit. Ein weiterer musste sich also ganz in der Nähe befinden. Aber wenn er den Vollstrecker mit einem einzigen Schlag ausschalten konnte, bevor dieser überhaupt in der Lage war, seinen Partner über Funk zu rufen, und bevor er Marisa etwas antun konnte, dann mochte es ihm vielleicht gelingen, sie zu retten.
Verdammt. Er hätte nicht so nachlässig sein dürfen.
Ihre List hatte ihn vollkommen überrascht. Und ihre Handlung hatte ihn zu Tode erschreckt. Wer hätte vorhersehen können, dass sie ein so kühnes Verhalten an den Tag legte, obwohl sie doch weder die Gegend noch die Gesetze und Sitten dieser Welt kannte? Sie hatte nie zuvor die Erde verlassen. Es überraschte ihn, dass sie so furchtlos war, auf eigene Faust loszugehen.
Aber sie war Lucans Zwillingsschwester. Und nun schwebte sie in Lebensgefahr. Rion musste etwas unternehmen. Nicht nur, weil sie die Schwester seines besten Freundes war. Nicht nur wegen ihrer telepathischen Gabe, sondern vor allem, weil sie Marisa war. Wenn ihr etwas zustoßen sollte … das würde ihn auf eine Art und Weise treffen, die er nicht zu erklären vermochte.
Sie würde doch nicht für seinen eigenen Fehler bezahlen dürfen. Jede Zelle in seinem Körper richtete sich auf das Ziel aus, sie zurückzubekommen.
Als die Menge dichter wurde, verringerte Rion den Abstand zu Marisa und dem Vollstrecker und schlich dicht hinter ihnen her. Der Vollstrecker war durch seinen Helm und die Rüstung leider sehr gut geschützt.
Rion stieß schnell und heftig zu, rammte ihm ein Messer in den Hals und schlitzte damit die Schlagader auf. Der Vollstrecker hob die Hände an den blutigen Hals und ließ Marisa dabei los. Sofort wich sie zur Seite.
Ihr Gesicht war schmutzig; ein neuer Streifen klebte an ihrer Wange. Rion hatte ihn schon einmal gesehen. Von irgendwo feuerte der Partner des Vollstreckers auf sie. Peng. Peng. Eine Pause. Dann ein weiterer Schuss.
Der gleiche Striemen und das gleiche Muster der Schüsse wie in seiner Vision. Marisa würde gleich unter der tödlichen Kugel zusammensacken.
Als die Menge aufschrie, die Passanten sich duckten und in Panik gerieten, riss Rion Marisa zu Boden. Sie rollten herum und stießen gegen Menschen, die versuchten, sich aus der Schusslinie zu halten. Rion nutzte ihren Schwung, weiter wegzurollen. Hinter einer Mülltonne blieben sie schließlich liegen.
»Du hast mich gefunden?« Marisa schob sich die Haare aus den Augen, die ihn trotzig ansahen. »Natürlich hast du mich gefunden. Du brauchst mich ja auch.«
»Wir haben jetzt keine Zeit zu reden.« Rion packte ihre Hand. »Komm. Weitere Vollstrecker sind unterwegs.«
Rion deutete auf eine Gruppe von Vollstreckern, die gerade auf sie zukamen. »Halt den Kopf unten. Jetzt wissen sie, wie du aussiehst.«
»Wirklich?«
»Sie haben uns in dem Augenblick fotografiert, in dem wir auf der Plattform angekommen sind. Inzwischen sucht bestimmt schon jeder Vollstrecker der Stadt nach uns.«
Vor Angst bekam Marisa einen trockenen Mund, als sie sah, wie sich die Vollstrecker einen Weg durch die Menge bahnten und zielstrebig auf sie zumarschierten. In den meisten Ländern sah die Polizei ziemlich gleich aus, aber hier trat sich das Volk buchstäblich auf die Füße, um ihr aus dem Weg zu gehen.
Etwas flog auf sie zu. Sie taumelte zur Seite, ein kleines Geschoss schwirrte an ihrem Ohr vorbei. »Was war das?«
»Ein Sucher. Wenn einer von ihnen uns trifft, können sie ganz einfach auf unserer Spur bleiben.«
Aus den Augenwinkeln sah sie das Flattern von Flügeln. Über der Entführung durch Rion und der Gefangennahme durch den Vollstrecker hatte sie ganz vergessen, dass ja auch Caels Eule durch das Portal geflogen war.
»Wir müssen von hier verschwinden. Sofort.« Rion packte sie bei der Schulter, damit sie nicht das Gleichgewicht verlor. »Sie werden die Ausgänge bewachen.« Er drängte sie vorwärts, und sie versuchte nicht mehr, sich von ihm loszumachen. Rion mochte sie zwar gegen ihren Willen hierhergebracht haben, aber wenigstens lag es in seinem Interesse, dass sie überlebte. Als sie sich allein auf den Weg gemacht hatte, wäre sie beinahe in den Tod gelaufen.
»Wenn Merlin nicht auf mich zugeflogen wäre, hätte mich der Sucher
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