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Der Bann (German Edition)

Der Bann (German Edition)

Titel: Der Bann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen L. Jones
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nebeneinanderher. «Nachdem Sie beim letzten Mal so verärgert waren, dachte ich eigentlich nicht, dass Sie mir Gesellschaft leisten würden.»
    «Ich war nicht verärgert. Ich hatte nur nicht mit Besuch gerechnet.»
    «Sie waren schon ein klein wenig verärgert.»
    «Sie hätten sich nicht auf dem See herumtreiben sollen. Wir sind hergekommen, weil wir Ruhe suchen.»
    «Nun, einen besseren Ort hätten Sie dafür nicht finden können. Dann haben Sie mir also verziehen? Ehrlich, ich wollte Ihnen nicht in die Quere kommen.»
    «Und mit drei Pferden im Schlepptau auf Llyn Gwyr aufzutauchen ist nicht ‹in die Quere kommen›?»
    «Das war vielleicht ein klein wenig aufdringlich. Irgendwie hatte ich das Gefühl, es könnte Ihnen Freude machen.»
    Sie lachte trocken. «Weil Sie mich so gut kennen.»
    «Sich mit Ihnen zu unterhalten ist, als würde man mit einem großen Weißen Hai Poker spielen.»
    «Was für ein charmanter Vergleich.»
    «Ihr Mund ist durchaus hübscher als das Maul eines Weißen Hais, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf.»
    «Sehen Sie? Ungewöhnlich, wie ich bereits sagte.»
    Sie sahen sich an.
    «Wie steht es mit Ihnen, Hannah Wilde? Sie tragen einen Ehering.»
    «Sehr scharf beobachtet.»
    «Er ist nicht nur ein Mittel, um charismatische Iren abzuwehren?»
    «Ich sagte ungewöhnlich, nicht charismatisch. Und die Antwort lautet: Nein, ist er nicht.»
    «Sie sind also verheiratet. Sollen wir umkehren?» Er grinste, um ihr zu zeigen, dass er nur einen Scherz gemacht hatte. «Wo ist der Glückliche?»
    «Sie stellen eine Menge Fragen.»
    «Ich bin eben ein ungewöhnlicher Mann.»
    Hannah schüttelte verärgert den Kopf und drückte die Hacken in die Flanken der Stute Landra. Das Tier wurde schneller und schloss zu Leah auf, während Gabriel auf seinem Fuchs zurückblieb.
     
    Kurz nach Mittag stießen sie auf eine Reihe riesiger schräger Felsplatten, die feucht waren von kondensiertem Dunst. Sie stiegen ab und führten die Pferde zu Fuß hinüber. Auf der anderen Seite stiegen sie wieder in den Sattel und folgten dem Verlauf des Pfades weiter den Berg hinauf. Sie ritten durch einen Wald. Der steile Boden war durchzogen von dicken moosbewachsenen Wurzeln der Bäume, die zwischen dem Fels nach Halt suchten. Blassgraue Pilze wuchsen auf den Stämmen.
    Die Luft war spürbar kühler so weit oben. Als sie den Wald hinter sich ließen, wehte der Wind noch eisiger. Sie überquerten einen Kamm, der spärlich mit Raugrasbüscheln bewachsen war, und Hannah sog beeindruckt die Luft ein. Vor ihnen erstreckte sich ein riesiger Gletschersee, auf drei Seiten umgeben von steil aufragenden Felsen. Die schattigen Klippenwände waren durchsetzt von tiefen Spalten und Rissen. Das dunkelblaue Wasser des Sees glitzerte, als Windböen die Oberfläche kräuselten. «Phantastisch», sagte Hannah. «Wo sind wir hier?»
    Gabriel sprang von seinem Reittier und führte den Hengst ans Wasser. «Das ist der Llyn Cau», antwortete er. «Wunderschön, nicht wahr? Der Legende nach ist der See bodenlos.»
    «Ja, sicher», sagte Leah und lachte.
    «Es heißt auch, der Drache Afanc lebt am Grund des Sees», erzählte Gabriel, an Leah gewandt. «Du bist besser vorsichtig mit dem, was du sagst, kleine Lady.»
    «Ich dachte, der See hätte keinen Boden», entgegnete Leah. Sie machte es Gabriel nach, indem sie von ihrem Pferd sprang und den jungen Hengst zum Wasser führte. Hannah beobachtete ihre Tochter mit einem Gefühl von Nervosität.
    Gabriel hob in gespielter Resignation die Hände. «Autsch. Übertölpelt von einer Zwölfjährigen.»
    «Eigentlich bin ich erst neun, Mister», entgegnete Leah mit feierlicher Miene.
    «Danke, kleine Lady, aber das macht es nur noch schlimmer. Hier, lass Valantin für eine Weile trinken. Sobald er seinen Durst gestillt hat, geben wir ihm ein wenig Getreide. Es ist in der Tasche dort.» Er deutete auf eine der Satteltaschen. «Ich zeige dir, was du tun musst. Aber jetzt ist erst einmal Mittagszeit, und wenn ich dir nicht bald etwas Ordentliches zu essen gebe, wird deine Mutter mir wahrscheinlich das Fell über die Ohren ziehen.»
     
    Gabriel breitete zwei große Decken am Ufer aus und beschwerte die Ecken mit Steinen. Dann holte er Baguettes, ein großes Stück in Folie eingepackten Schinken, gegrilltes Hühnchen und einen Block Cheddar aus der Satteltasche. Er verteilte Teller und Becher und zog ein Messer hervor. Die Klinge sah kalt und scharf aus.
    Er schraubte die Verschlusskappe einer großen

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