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Der Bann (German Edition)

Der Bann (German Edition)

Titel: Der Bann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen L. Jones
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Thermoskanne auf. «Wer möchte Tomatensuppe?»
    «Ich!» Leah setzte sich auf die Decke, während Gabriel drei dampfende Portionen ausschenkte. Hannah setzte sich zu ihnen und nahm den Becher in beide Hände, um ihre kalten Finger zu wärmen.
    «Dort ist der Gipfel», sagte Gabriel und zeigte zur höchsten Erhebung vor ihnen. «Penygadair. Aber keine Sorge, wir wollen nicht hinauf. Es ist ziemlich steil. An einem klaren Tag ist die Aussicht atemberaubend.»
    «Ich finde es auch hier schon atemberaubend.»
    «Allerdings. Sie sollten erst sehen, wie es in einer klaren Nacht ist, wenn sich der Mond im See spiegelt und der Himmel übersät ist mit Sternen.»
    «Sie waren schon einmal nachts hier oben?», fragte Leah mit weiten Augen.
    «Viele Male.»
    «Warum?»
    Gabriel sah sie von der Seite an. «Ich habe nach den
Cŵn Annwn
gesucht, was sonst?»
    «Den was?»
    «Den
Cŵn Annwn
. Den gespenstischen Hunden aus der walisischen Sage. Riesige Tiere mit roten Ohren und brennenden Augen und Fängen so lang wie mein Unterarm. Sie jagen nur in ganz bestimmten Nächten des Jahres, zwischen Weihnachten und der Raunacht, und nur an den Hängen von Cadair Idris. Genau hier, wo wir sitzen. Sie bringen jedem den Tod, der ihr Heulen hört.»
    Leah runzelte die Stirn. «Und warum wollten Sie die Hunde dann hören?»
    Gabriel verzog das Gesicht zu einem anzüglichen Grinsen. «Um herauszufinden, ob es stimmt natürlich.»
    Das kleine Mädchen lachte.
    Hannah schüttelte den Kopf. Sie musste unwillkürlich grinsen. «Hören Sie auf. Sie machen ihr Angst.»
    «Nein, macht er nicht, Mami! Das ist doch albern! Es gibt keine Gespenster!»
    Gabriel ließ resigniert die Schultern hängen. «Schon wieder durchschaut. Diesmal von einer Neunjährigen.»
     
    Nach dem Essen wurde es kühler, und der Gipfel verschwand hinter Wolken. Sie packten ihre Sachen zusammen und falteten die Decken. Gabriel nahm einen Sack mit zerstoßener Gerste aus der Satteltasche und zeigte Leah, wie sie die Pferde füttern musste.
    Hannah beobachtete die beiden bei der Arbeit und sah, wie entspannt und glücklich ihre Tochter wirkte. Sie war dankbar dafür. Die nächsten Tage würden wieder sehr anstrengend werden für das kleine Mädchen. Schon bald würden sie Llyn Gwyr hinter sich lassen und zu einem Ort aufbrechen, wo wieder alles unvertraut und neu war.
    Sie stiegen auf, und Gabriel führte sie den Hang hinunter. Sie passierten eine Schlucht mit einem weiß schäumenden Wasserfall, und jetzt erst bemerkte Hannah, dass er einen anderen Weg gewählt hatte. Sie ließen die Schlucht hinter sich und ritten über grasbedeckte, mit Heidekraut getüpfelte Hänge. Der Weg führte über immer kleiner werdende Terrassen nach unten. Sie umrundeten einen Felsvorsprung zur Rechten, und dahinter endete die nächste Terrasse vor einer steilen Klippe. Als sie näher kamen, wurde das Land darunter sichtbar. Es ging sicher hundert Meter hinunter. Gabriel folgte dem Verlauf der Klippe in südlicher Richtung.
    Als Hannahs Pferd sich der Kante näherte, erblickte sie tief unten im Tal ein einsames Cottage. Es war klein und aus Bruchstein errichtet. Aus dem Schornstein quoll Rauch. Vor dem Cottage parkten zwei Fahrzeuge: ein weißer, schlammbespritzter Audi Q 7 . Und ein verbeulter blauer Landrover Defender.
    Schlagartig wurde ihr bewusst, dass der Landrover Sebastien gehörte. Kaum hatte sie sich von ihrer Verwunderung erholt, kamen drei Männer hinter dem Gebäude hervor. Sebastiens große weißhaarige Gestalt war unverwechselbar. Die beiden anderen Männer kannte Hannah nicht. Einer von ihnen war kräftig gebaut und trug eine rote Bergsteigerjacke. Sein Gesicht war unter einem dunklen Vollbart verborgen. Der zweite Mann, kleiner und beträchtlich älter als der erste, trug einen grauen Anzug. Er schien zu reden, während die beiden anderen zuhörten.
    Angst stieg in Hannah auf. Sie spürte, wie Gabriel neben ihr heranritt, und sah ihn fragend an.
    Er spähte hinunter in das Tal. «Ihr Nachbar», sagte er mit einem Nicken in Richtung Cottage.
    Hannah beobachtete, wie die drei Männer zu dem Audi gingen. Hatte Gabriel etwa absichtlich diese Route für den Heimweg gewählt, um ihr das hier zu zeigen? Sie tat den Gedanken ab. Er war lächerlich.
    Wer zum Teufel sind diese Männer, mit denen Sebastien redet?
    Vor dem Cottage schüttelten die beiden Männer Sebastien die Hand und stiegen in den Audi. Der Wagen wirbelte Dreck auf, als er in weitem Bogen wendete und über die unbefestigte

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