Der Bann (German Edition)
Herrin von Llyn Gwyr.»
Leah sprang in den freien Raum zwischen Hannah und der Tür, spähte zu den Pferden und kreischte vor Begeisterung. «Mami, können wir reiten? Bitte! Nur ein bisschen! Es wird dir sicher gefallen, ich weiß, dass es so ist!
Bitte
, Mami!»
Gabriel lachte auf. «Das klingt in meinen Ohren, als würde sie es befürworten.»
Hannah verschränkte die Arme vor der Brust. «Wir haben keine Reithelme.»
«Ich habe extra welche mitgebracht.»
«Es ist bald Mittag. Leah muss essen.» Sie zuckte zusammen, erschrocken darüber, wie leichtfertig sie den Namen ihrer Tochter preisgegeben hatte.
Gabriels Augen glitzerten. War das Triumph, der sich in ihnen spiegelte? Er deutete auf das Paket, das an seinem Sattel befestigt war. «Ich habe Brot, kaltes Fleisch und Käse dabei. Außerdem Suppe und Schokoladenkekse. Ambrosia. Nahrung der Götter, nicht mehr und nicht weniger.»
Sein Verhalten war so absurd, so exzessiv theatralisch, dass sie Mühe hatte, ihr Misstrauen ihm gegenüber aufrechtzuerhalten.
Idiotin! Das ist genau der Grund, warum du so vorsichtig sein musst!
«Kommen Sie, geben Sie sich einen Ruck», sagte er. «Erweisen Sie mir für zwei Stunden das Vergnügen Ihrer Gesellschaft, und ich zeige Ihnen und der kleinen Lady ein paar der Geheimnisse, die diese majestätischen alten Berge gerne für sich behalten würden.» Gabriel neigte den Kopf zur Seite. «Ich frage Sie: Was könnten Sie heute Besseres vorhaben?»
Sie nahmen den Weg am See entlang, bevor sie nach Norden in Richtung der ersten Ausläufer des Cadair Idris abbogen. Gabriel führte sie, gefolgt von Leah auf dem Junghengst. Hannah war zuerst besorgt gewesen wegen des Temperaments des jungen Tieres, doch bisher verhielt es sich tadellos. Sie selbst bildete den Abschluss auf der Stute, und ihre Blicke wanderten beständig von ihrer Tochter zu Gabriel und zurück, während sie sich nicht zum ersten Mal fragte, welche Motive ihn antrieben.
Wolkenfetzen jagten in dichter Folge über den Himmel und filterten das Sonnenlicht. In der Ferne bemerkte sie einen Falken, der auf einer Strömung gleitend in der Luft schwebte. Der Vogel beobachtete die kleine Prozession für eine Weile, bevor er sich erst in die Kurve legte und dann in den Sturzflug überging.
Trotz der ungewöhnlichen Situation war es ein phantastisches Gefühl, endlich wieder zu reiten. Die Einheit von Pferd und Reiter hatte ihr bisher jedes Mal inneren Frieden gebracht. Sie beugte sich im Sattel vor und rieb die Flanke der Stute. Die Ohren des Tieres zuckten, und es schnaubte laut.
Vor ihnen wurde der Pfad breiter und stieg an. Die Hufe der Pferde scharrten über felsiges Moränengestein. Als der Hang schwieriger wurde, beobachtete Hannah ihre Tochter sehr aufmerksam, doch obwohl der Hengst noch jung war, schien er auf leichteste Berührungen zu reagieren.
Moosüberwachsene Felsbrocken – Überbleibsel von längst nicht mehr existierenden Gletschern – lagen über die Landschaft verstreut. Gabriel verlangsamte sein Tier, bis er neben Hannah herritt. Beide beobachteten, wie Leah den Grauen den Hang hinaufführte.
Hannah spürte, wie Gabriel sie taxierte.
«Wie kommen Sie zurecht?», wollte er wissen.
«Eins muss man Ihnen lassen, Sie verstehen es, ein Pferd einzureiten. Wie heißt es?»
«Landra.»
«Und Ihres?»
«Das ist Salomon. Ihre Tochter reitet auf Valantin.»
«Schöne Namen.»
Er grinste. «Ihrer ist der einzige, den ich nicht kenne.»
Sie musterte ihn aus zusammengekniffenen Augen. Dann traf sie eine impulsive Entscheidung. «Hannah», sagte sie. «Hannah Wilde.» Sie nahm keine Veränderung in seinem Blick wahr, als sie ihren Namen nannte.
Dafür wurde sein Grinsen breiter, und er legte die Finger an die Hutkrempe. «Hannah Wilde, Lady von Llyn Gwyr, dem versteckten Juwel von Snowdonia. Ich fühle mich geehrt, Ihre Bekanntschaft zu machen.»
«Sie sind ein ungewöhnlicher Mann, Gabriel.»
Er lachte auf. «Sie meinen wahrscheinlich charismatisch?»
«Ich sagte ungewöhnlich.»
«Das kommt wahrscheinlich davon, wenn man in diesen Bergen lebt und nur Pferde zur Gesellschaft hat.»
«Es ist ein wunderschönes Land.»
«Aye, das ist es.»
«Gibt es keine Mrs. Gabriel?»
Ein betrübter Ausdruck huschte über sein Gesicht und war genauso schnell wieder verschwunden, wie er gekommen war. «Noch nicht, leider. Ein verabscheuenswürdiges Verbrechen, meinen Sie nicht?»
«Schockierend.»
Für eine Weile ritten sie schweigend
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