Der Bann (German Edition)
zurück und beschleunigte in Richtung St. Giles und am Ashmolean-Museum vorbei in die Beaumont Street.
Du bist verrückt
, sagte er sich, als er durch die Innenstadt raste.
Du bist dieser Frau dreimal begegnet. Das Einzige, was du über sie zu wissen glaubtest, hat sich als eine Lüge herausgestellt, und das Telefonat eben war nicht nur bizarr, es war geradezu beängstigend.
Er erreichte eine Kreuzung und bremste hart hinter einem Austin Cambridge, der vor einer roten Ampel wartete. Zur Linken lag die Phoenix Avenue, eine lange, von Bäumen gesäumte Allee mit viktorianischen Reihenhäusern aus rotem Backstein. Während er darauf wartete, dass die Ampel endlich grün wurde, erblickte er am Bordstein einen grünen Hillman Hunter, hundert Meter von der Kreuzung entfernt. Der Wagen stand vor einem heruntergekommenen dreistöckigen Haus mit unkrautüberwuchertem Vorgarten. Nicole Dubois eilte die Vordertreppe zum Bürgersteig hinunter. Sie führte eine ältere Frau mit einem weißen Umhängetuch über den Schultern. Die Gesichter der beiden Frauen waren von Angst gezeichnet. Nicole half der älteren Frau auf den Beifahrersitz und schloss die Tür.
An der Kreuzung zeigte die Ampel immer noch Rot, Verkehr kam von beiden Seiten. Nicole ging zum Kofferraum des Hillman. Sie warf zwei große Taschen hinein, rannte zur Fahrertür und stieg ein.
Charles stellte durch den Rückspiegel des Austins vor ihm Blickkontakt mit dem Fahrer her, drängte ihn loszufahren. Doch er konnte nirgendwohin.
Eine blaue Qualmwolke quoll aus dem Auspuff des Hillman. Nicole lenkte den Wagen in die Straße und entfernte sich die Phoenix Avenue hinauf.
Frustriert hämmerte Charles mit der Faust auf die Hupe. Der Fahrer des Austin runzelte die Stirn.
«Komm schon.
Komm schon!
»
Der Hillman folgte dem Verlauf der Phoenix Avenue und verschwand hinter einer langgezogenen Kurve. Vor Charles verebbte der Strom von Fahrzeugen. Die Ampel wechselte von Rot auf Gelb, dann zu Grün. Als der Austin sich nicht sogleich in Bewegung setzte, hämmerte Charles erneut auf die Hupe. Der Fahrer starrte ihn durch den Rückspiegel finster an.
Charles’ Geduld war am Ende. Er kurbelte am Lenkrad und trat auf das Gaspedal. Er rauschte an dem Wagen vor ihm vorbei, kurbelte erneut am Lenkrad und jagte mit durchgetretenem Gaspedal und protestierend quietschenden Reifen quer vor dem Austin her in die Phoenix Avenue.
Er folgte dem Verlauf der Allee zweihundert Meter, bevor sie in eine Querstraße einmündete. Zwei Wagen vor ihm bogen nach links und rechts ab, dann war Charles an der Reihe.
Er hämmerte mit den Händen auf das Lenkrad. Welche Richtung sollte er nehmen? Links ging es nach Norden und gegen den Uhrzeigersinn um die Stadt herum.
Rechts ging es zur London Road und auf den Motorway. Ihm blieb keine Zeit, um weiter über seine Optionen nachzudenken. Die zweite Möglichkeit schien logischer, also lenkte er den Stag nach rechts und spürte, wie der Drei-Liter-Achtzylinder seine Kraft entfaltete, während er durch die Gänge hochschaltete.
Wenige Minuten später wichen die Häuser rechts und links weiten Wiesen und Feldern. Er überholte einen trödelnden Talbot Sunbeam, und dann war die Straße vor ihm frei und breit. Charles sah, wie die Tachonadel über die achtzig Meilen kroch, und staunte über sich selbst angesichts seiner neuentdeckten Tollkühnheit. Doch Nicole – oder Amélie oder wie auch immer sie wirklich heißen mochte – war auf der Flucht, und die einzige Möglichkeit, sie einzuholen, bestand darin, ein Risiko einzugehen.
In der Ferne tauchte ein grüner Wagen auf.
Beflügelt trat Charles das Gas noch tiefer durch. Rasch verringerte er die Entfernung zwischen sich und dem Hillman und musste heftig bremsen, als er zu ihm aufgeschlossen hatte. Er wusste, dass sie seine Hupe bei dieser Geschwindigkeit nicht hören konnte, also betätigte er stattdessen das Fernlicht. Der Abstand zwischen beiden Fahrzeugen war zu groß, als dass sie ihn im Rückspiegel hätte identifizieren können. Er wedelte mit dem Stag nach links und rechts und benutzte mehrmals die Lichthupe, um ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
Die alte Frau auf dem Beifahrersitz drehte sich mühsam um und starrte auf das Fahrzeug hinter ihnen. Und dann, anstatt langsamer zu werden, beschleunigte der Hillman. Beide Fahrzeuge näherten sich rasch einem großen Sattelschlepper. Der Hillman scherte auf die Gegenfahrbahn aus, überholte den Laster und kehrte schleudernd gerade
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