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Der Bann (German Edition)

Der Bann (German Edition)

Titel: Der Bann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen L. Jones
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Hause zu besuchen. Die ersten drei Gelegenheiten waren flüchtig gewesen. Er hatte draußen vor dem Haus gewartet, bis Albert Bauer gegangen war, um dann – unter dem Vorwand, etwas vergessen zu haben – zu läuten und im Haus nach dem vergessenen Gegenstand zu suchen, dabei ein paar Worte mit Anna zu wechseln und seine neue Haut auszuprobieren. Bei seinem vierten Besuch war er mitten am Tag gekommen, als Albert in seinem Laboratorium war. Er hatte Anna allein im Haus vorgefunden, und eine Stunde später hatte er mit ihr im Bett gelegen. Seither hatte er sie noch einige Male in der Mittagszeit besucht. Er fühlte sich zwar noch nicht sicher genug, um Albert völlig zu ersetzen, doch er fand sich außerstande, Anna fernzubleiben. Obwohl er, wie er wusste, ein großes Risiko einging.
    Anna hockte sich auf die Lehne eines Sofas neben dem Kaminfeuer, und Jakab ließ sich in einen hohen Lehnsessel sinken und verschränkte die Hände im Schoß. Er saugte sie in sich auf. Sie trug ein graues Kleid aus einem durchscheinenden Stoff, über das sie eine dicke Herren-Strickjacke gezogen hatte. Ihre Füße steckten in ungeschnürten Arbeitsstiefeln. Die Haut ihrer Waden war cremig und glatt. Er versuchte nicht hinzustarren.
    Wieder lächelte Anna ihn strahlend an. «Also Kaffee, ja?»
    «Ja, bitte.»
    Nachdem sie gegangen war, blickte sich Jakab im Zimmer um. Auf dem Parkett lag ein Teppich mit geometrischem Muster. Auf kleinen Tischchen mit Marmorplatten standen eine keramische Büste von irgendeinem Philosophen, eine Glasvase mit Straußenfedern, eine Zigarrenkiste aus Schildpatt, ein Victrola-Grammophon sowie ein Stapel Schellackplatten. Über dem Kamin hing ein großer Spiegel mit vergoldetem Rahmen. In einer Ecke stand ein Wandschirm aus lackierter Chinaseide mit aufgemalten Drachen. Der Schreibtisch ihres Vaters stand in der Ecke gegenüber.
    Jakab erhob sich aus seinem Sessel und ging zu einem der Fenster. Draußen trugen die Blätter der Rhododendren weiße Bärte aus Reif, während sie darauf warteten, von der aufgehenden Sonne gewärmt zu werden.
    Er trat zum Schreibtisch von Annas Vater. Dort lag ein ledergebundenes Tagebuch mit einem Waterman-Füllfederhalter. Auf einem Regalbrett stand eine Reihe älterer Tagebücher. Einige Rücken waren mit einer Jahreszahl in goldener Prägung versehen, die meisten jedoch waren blank. Jakab schlug das vor ihm liegende Buch auf und bemerkte vorne ein Exlibris. Eingerahmt von ineinander verschlungenen Ranken, Wölfen und Hirschen, stand dort in Handschrift:
    Tagebuch von Hans Fischer
    1923 –
    Er blätterte durch die Seiten voll hellblauer Handschrift und sah die Namen von Carl, Helene, Anna und Albert. Er wählte willkürlich einen Eintrag aus und hatte gerade angefangen zu lesen, als er draußen auf dem Flur ein Geräusch vernahm. Es klang leise, unabsichtlich, nicht ganz
richtig
. Rasch legte Jakab das Tagebuch zurück und ging zur Tür. Draußen im Flur sah er Anna neben einem Beistelltisch. In einer Hand hielt sie das Mundstück eines Telefons, mit der anderen hielt sie sich den Empfänger ans Ohr.
    «… nein, mache ich nicht. Versprochen», sagte sie leise in das Mundstück. Als sie Jakab in der Tür bemerkte, lächelte sie ihn an, legte das Telefon auf den Tisch und schlenderte herbei. «Kaffee», sagte sie und stupste ihn verspielt mit dem Finger gegen die Brust. «Kommt gleich.»
    Er nickte in Richtung Telefon. «Probleme?»
    «Nein, nein.» Sie schob sich an ihm vorbei, und Jakab kehrte in den Salon zurück, wo er sein Erscheinungsbild in dem großen Spiegel über dem Kamin kontrollierte.
    Albert Bauer starrte ihm entgegen.
    Es war unklug gewesen herzukommen. Es war töricht gewesen – vollkommen töricht –, sie erneut zu besuchen. Insbesondere so früh. Wie leicht konnte seine Anwesenheit aufgedeckt werden – sie brauchte nur die heutige Begegnung gegenüber dem richtigen Albert zu erwähnen, und alles wäre ruiniert. Berauscht von der Intimität mit ihr, hatte er in seiner Hast, die Erfahrung zu wiederholen, jegliche Vorsicht fahren lassen.
    Jakab atmete ein und wieder aus. Er hätte gerne mehr Zeit gehabt, um den Chemiker zu studieren, um mehr über den Hintergrund des Mannes herauszufinden, seine Arbeit, die Geschichte seiner Beziehung zu Anna. Doch dazu war es jetzt zu spät. Wenn Anna misstrauisch wurde, konnte er damit umgehen, ihr Misstrauen besänftigen, mit genügend Zeit – solange nur der echte Albert Bauer unter zwei Metern gefrorenem Lehm

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