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Der Bann (German Edition)

Der Bann (German Edition)

Titel: Der Bann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen L. Jones
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«Was?»
    «Ich habe gefragt, wo du meinen Daddy zum ersten Mal gesehen hast.»
    «Leah, bitte –»
    «Du hast gesagt, ich soll dich fragen. Du hast gesagt, du würdest antworten. Du hast gesagt, du würdest jede Frage beantworten, wenn ich sie stelle.»
    «Und das werde ich auch. Aber wir müssen jetzt erst einmal weg, Leah. Wir müssen weg von Jakab.»
    Sie spürte, wie sich ihr Magen verdrehte, als sie den Namen aus seinem Mund hörte. Sie schluchzte auf, und als sie ihre eigene klägliche Stimme hörte, ballte sie die Fäuste, bis die Fingernägel in die Handflächen schnitten, und rief sich die Worte ihrer Mutter ins Gedächtnis.
    Frechdachs, hör zu! Erinnere dich an all die Dinge, die ich dir beigebracht habe. Erinnere dich an all das, was ich dir gesagt habe. Halte die Augen offen, okay? Sei tapfer, vertrau auf deine Instinkte. Alles wird gut, wenn du dich daran hältst, versprochen.
    Sebastien lenkte den Wagen um eine Biegung, und die Reifen droschen durchs Unterholz. Leah packte die Seiten ihres Sitzes und hielt sich krampfhaft fest, bis das Fahrzeug wieder in der Spur lag.
    Auf dem Armaturenbrett ploppte der Zigarettenanzünder heraus.
    Vertrau auf deine Instinkte.
    Leah riss den Anzünder aus seiner Halterung. Die Spitze glühte rot. Sie rammte ihn auf Sebastiens Bein. Der alte Mann stieß einen Schmerzensschrei aus und schlug nach ihr, versuchte ihre Hand abzuschütteln. Er traf sie mit der Faust in der Seite, und Leah blieb die Luft weg. Der Schmerz war beinahe unerträglich, doch sie kämpfte dagegen an, während sie den Zigarettenanzünder fest in sein Fleisch drückte und drehte, als wäre er eine Schraube.
    Kreischend nahm Sebastien beide Hände vom Lenkrad, packte ihr Handgelenk und riss es von seinem Bein. Sie spürte, wie etwas brach. Glühend heißer Schmerz raste ihren Arm hoch bis in die Zähne. Der Zigarettenanzünder segelte nach unten in den Fußraum.
    Sie verdrehte die Augen vor Schmerz, als sie sich zur Seite warf und das Lenkrad mit der anderen Hand zu packen bekam.
    Sebastien schlug nach den brennenden Kleidungsfetzen, die an seinem Bein klebten. Leah riss das Lenkrad zu sich herum.
    Der Wagen war zu schnell. Er machte einen Satz nach rechts, und ihr wurde klar, dass sie gegen einen Baum krachen würden und dass Jakab sie wahrscheinlich umbringen würde, falls sie den Aufprall überlebte.
     
    Hannah hielt die emaillierte rote Schuppe wie einen Talisman an ihr Herz gedrückt, als sie über die Terrasse des Anbaus spurtete und die Treppe hinunterrannte. Sie lief schlitternd und rutschend um das Haus herum zur Vorderseite.
    Welche Richtung würde er nehmen? Wie würde er fliehen? Vorhin hatte ein weißer Audi Q 7 vor dem Esszimmer geparkt. Dániel Meyer und sein Leibwächter waren darin eingetroffen. Jetzt war er verschwunden. Aber hatten die Eleni ihn genommen? Oder Jakab?
    Er ist sicher nicht zu Fuß geflüchtet. Entweder hat er einen Wagen gestohlen, oder er hatte einen Wagen dabei. Er kann nicht spurlos verschwinden mit einer Neunjährigen im Schlepptau und ohne einen Wagen.
    Hannah drehte sich um, suchte die Felder ab. Suchte den Weg zur Hauptstraße ab, den Feldweg, der durch den Wald führte. Den Waldrand.
    Kein Eleni in Sicht. Keins von ihren Fahrzeugen zu sehen.
    Ein dunkler Fleck kennzeichnete die Stelle, wo der Audi gestanden hatte. Hannah starrte ihn an.
    Es ist nicht Leahs Blut, das ist alles, was zählt. Es ist nicht Leahs Blut. Er hat sie nicht mitgenommen, damit er sie da draußen umbringen kann. Er hat viel schlimmere Dinge mit ihr im Sinn. Weswegen du keine Zeit hast zu verschnaufen.
    Bevor sie in Frankreich gelandet waren, hatte Sebastien einen Jeep Cherokee gemietet – der Wagen hatte auf dem Flughafen für sie bereitgestanden. Er hatte ihn in einem der Schuppen auf der anderen Seite des Hauses abgestellt. Hannah rannte an der Blutlache und der Haustür vorbei über den Vorplatz. Sie fragte sich, was passieren würde, wenn einer der überlebenden Eleni sie bemerkte. Wenn sie ihre Chance, Leah wiederzufinden, nicht vollends verspielen wollte, konnte sie sich nicht die geringste Verzögerung leisten. Doch trotz der wilden Schießerei wenige Minuten zuvor blieb alles geradezu unheimlich still.
    Der Schuppen war ein einstöckiges Gebäude aus Backstein mit einem Schindeldach. Die Holztore waren verzogen und fleckig von den Überresten alter roter Farbe. Hannah zog den Riegel beiseite und schwang den Torflügel auf. Im Innern herrschte Dunkelheit. Es roch nach

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