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Der Bann (German Edition)

Der Bann (German Edition)

Titel: Der Bann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen L. Jones
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spielt keine Rolle. Vergessen Sie für einen Moment, was gerade eben passiert ist. Wenn Sie können. Sehen Sie mich an, denken Sie an unsere erste Begegnung. Glauben Sie, Sie können mir vertrauen?»
    Sie redete schneller, wirkte von Minute zu Minute nervöser.
    «Ich weiß es nicht», antwortete er, zögerte, zuckte die Schultern. «Vielleicht.»
    «Dann hören Sie sich an, was ich zu sagen habe, Charles. Wir müssen weg von hier, auf der Stelle.»
    «Warum?»
    «Ich habe nicht die Zeit, das alles zu erklären. Sie müssen mir vertrauen, Charles. Ich bitte Sie um Hilfe. Es geschieht nicht oft, dass ich so etwas tue, und ich frage Sie nur einmal. Wenn Sie uns helfen wollen, müssen Sie uns von hier wegbringen.»
    Das war verrückt.
    «Okay. Nur …» Er nickte. «Also schön, einverstanden. Ich werde Ihnen helfen. Aber was ist mit Ihrem Wagen? Wir können nicht einfach wegfahren …»
    «Charles –»
    Er stieß den Atem aus. Und akzeptierte den Sprung ins Unbekannte. «Meinetwegen. Kommen Sie. Verschwinden wir von hier.»
    Nicole drehte sich zu der alten Frau um und redete schnell auf sie ein. Sie deutete zuerst auf Charles und dann auf die Straße. Die Frau protestierte zunächst, doch dann schien sie einzulenken. Sie hatte den Disput verloren.
    «Die Pässe!» Nicole rannte zum Kofferraum des Hillman, doch er ließ sich nicht öffnen. Sie hämmerte gegen das verbeulte Blech und fluchte, als es sich keinen Deut bewegte, und rüttelte verzweifelt am Schloss.
    «Was ist denn?»
    «Es klemmt. Unsere Taschen sind drin.»
    «Warten Sie, ich versuche es.»
    «Dazu haben wir keine Zeit. Der Kofferraumdeckel klemmt.» Sie ging zur Fahrerseite, griff durch das zerbrochene Fenster und zog ein großes, mit einer Schnur zusammengebundenes Bündel hervor. Es sah aus wie eine Sammlung alter ledergebundener Bücher. «Kommen Sie. Wir müssen hier weg.»
    «Sie können nicht einfach Ihre Pässe hier lassen.»
    «Wir
müssen los

    Nicole überquerte das Feld, stieg in die Grabenböschung hinunter und bahnte sich einen Weg durch Ranken und Dornen, während sie ihre Mutter hinter sich herzog. Charles blieb nichts anderes übrig, als den beiden Frauen zu folgen.
    Der Laster, ein alter Bedford mit roter Motorhaube und schwarzen Kotflügeln, hatte zwanzig Meter hinter dem Stag gehalten. Ein Mann erschien auf der anderen Straßenseite. Bierbäuchig, mit grüner Weste und strähnigem Haar. Er hielt eine Zigarette in der hohlen Hand. «Is der Grund, warum wir Geschwindigkeitsbeschränkungen haben, Junge. Sind alle Arme und Beine noch dran?»
    Charles ignorierte ihn. Er folgte den beiden Frauen zu seinem Stag, öffnete die Beifahrertür und half ihnen beim Einsteigen. Dann klemmte er sich hinter das Lenkrad, startete den Motor und fuhr los.
    Im Rückspiegel beobachtete er die rasch kleiner werdende Gestalt neben dem Laster. Der Mann starrte ihnen hinterher. Nach einem Moment schnippte er seine Zigarette ins Gebüsch und wandte sich zu seinem Laster um.
     
    Sie jagten durch die Landschaft von Oxfordshire. Charles kurbelte die Fenster herunter, dankbar für die reinigende Frischluft. Die Felder waren größtenteils bereits abgeerntet; die Mähdrescher hatten alles Getreide eingefahren. Die Sonnenglut hatte die verbliebene Erde verbrannt. Es war ein heißer Monat, auch wenn er nicht zu vergleichen war mit dem drei Jahre zurückliegenden Sommer von ’ 76 , als die Regierung gezwungen gewesen war, den Drought Act zu verabschieden, ein Gesetz zur Einschränkung des Wasserverbrauchs.
    Sie passierten Milchfarmen, und Kühe grasten auf Weiden, deren Zäune gleich neben der Straße endeten. Die Tiere hoben ernst die Köpfe, als der Stag vorbeiraste. Nicole drehte sich häufig im Wagen um und suchte die Straße hinter ihnen ab. Charles fragte sich, ob sie nach etwas Speziellem Ausschau hielt oder ob ihre Gewohnheit so tief saß, dass es ihr unmöglich war, damit aufzuhören.
    Wie dem auch sein mochte, er beschloss, für eine Weile den Mund zu halten. Er brauchte Zeit, um über das nachzudenken, was passiert war. Seine Nase tat höllisch weh, und hinter seinen Augen hatten bohrende Kopfschmerzen eingesetzt. Nicht zum ersten Mal fragte er sich, was er hier überhaupt machte und warum er einen so starken Zwang gespürt hatte, sich darauf einzulassen und der jungen Frau zu folgen.
    Er bedachte sie mit unauffälligen Seitenblicken, während sie nervös in ihrem Sitz hin und her rutschte. Auf ihrem Schoß lag das Bündel Bücher, zusammengebunden

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