Der Bann (German Edition)
unheilvolle Patina aus Umrissen auf die vom Alter braune und brüchige Tapete, die sich an den Rändern gelöst hatte. Gegenüber dem Eingang zur Küche führte eine Tür in ein dunkles Wohnzimmer. Hannah erkannte die Umrisse von altem Mobiliar. Kühle Luft kam vom Eingang. Weiter den Flur hinunter befand sich eine zweite Tür, verschlossen, dahinter vermutlich das Esszimmer.
Sie folgte Sebastien in Richtung Haustür. Kurz vorher bog er ab und führte sie die Treppe hoch. Die alten Holzstufen knarrten unter seinen Schritten. Es wurde dunkler, je höher sie kamen – das Licht von der Lampe unten reichte nicht aus, um die Schatten aus der oberen Etage des Hauses zu verbannen.
Sie erreichten einen Treppenabsatz mit einer großen Schubladenkommode. Auf ihr stand ein Schaukasten, die Scheibe verstaubt und schmutzig. Im Kasten ein ausgestopfter Wanderfalke in mitleiderregendem, altersschwachem Zustand. Einige seiner Federn fehlten, und auf der Brust befand sich ein großer brauner Fleck. Der Falke schien sie aus seinen Glasaugen zu beobachten. Hannah nahm sich vor, das grässliche Ding gleich als Erstes am nächsten Morgen zu entsorgen.
Zur Rechten führte die Treppe weiter nach oben. Sebastien ging voraus, und sie erreichten einen langen Flur. Er schaltete das Licht ein, doch die Glühbirne an der Decke hinter ihrem Lampenschirm aus Stoff blieb dunkel. Er bewegte den Schalter einige Male hin und her und zuckte dann die Schultern. «Scheint durchgebrannt zu sein. Komm weiter, hier entlang.»
Am Ende des Flurs öffnete er eine Tür und betätigte einen weiteren Lichtschalter. Diesmal wurde es hell. Hannah betrat ein großes Badezimmer. In einer Ecke stand eine wenig einladende, kalte Gussbadewanne. Um den Abfluss herum hatte sich Grünspan gebildet. Von der Mischbatterie führte ein rostiger Metallschlauch nach oben zu einem Brausekopf, der schlaff an einer Halterung baumelte, als wäre sein Genick gebrochen. Der Duschvorhang war übersät von schwarzem Schimmel. Auf dem Rand des Waschbeckens gleich neben der Toilette stand eine Plastikschale mit einem vertrockneten Stück brauner Seife.
«Könnte vielleicht mal sauber gemacht werden», murmelte Sebastien.
«Was du nicht sagst.»
«Wir können es morgen auf Vordermann bringen. Jetzt komm weiter, ich zeige dir das große Schlafzimmer.»
«Ich kann es kaum erwarten.»
Er deutete auf eine Tür, und sie steckte den Kopf hindurch. Das Zimmer war riesig, mit zwei Schiebefenstern, die nach vorne auf die Auffahrt hinausgingen. Der Wind war heftiger hier oben und pfiff und heulte, während er sich unablässig gegen die Mauern warf. Sebastien streckte die Hand nach dem Schalter aus, doch sie riss sie weg. «Nicht! Auf dieser Seite des Hauses sind wir weniger geschützt. Lass mich zuerst die Vorhänge schließen, okay?»
«Wie du meinst.»
«Ich weiß, es ist unwahrscheinlich, aber ich würde mich besser fühlen, wenn ich wüsste, dass niemand ins Haus sehen kann.»
«Kann ich dir nicht verdenken.»
Hannah ging zu den schweren Vorhängen und zog sie vor die Fenster. Der Stoff fühlte sich kalt und modrig an. Das Haus musste dringend ordentlich durchgeheizt werden, um die Feuchtigkeit zu vertreiben.
Nachdem sie den Sturm auf diese Weise ausgesperrt hatte, schaltete Sebastien das Licht ein. An der Wand gegenüber dem Fenster stand ein antikes Himmelbett mit einer karmesinroten Tagesdecke. Die andere Wand wurde von zwei Mahagonischränken mit kunstvoll geschnitzten Leisten und Konsolen eingenommen. Eine Frisierkommode und ein Stuhl, beides im gleichen Renaissancestil wie die Schränke und das Bett, vervollständigten die Einrichtung des Zimmers.
Zwischen den beiden Schränken gab es einen kleinen gemauerten Kamin. Auf dem Rost war mit Spänen und Scheiten ein Feuer vorbereitet, eine Schachtel mit Streichhölzern lag griffbereit davor. In einem Korb lag ein kleiner Vorrat an Holz. «Warst du das?», fragte sie Sebastien.
Der alte Mann nickte. «Ich mache es für dich an.»
«Nein, das kriege ich schon hin.» Sie ging zum Kamin, riss ein Streichholz an, und bald brannte ein munteres Feuer. «Du kannst das Licht jetzt ausschalten.»
Sebastien kam ihrer Bitte nach. Mit dem flackernden Licht des Kaminfeuers als einziger Beleuchtung wirkte der Raum ein klein wenig einladender.
Hannah setzte sich auf die Bettkante. «Wie hast du meinen Vater kennengelernt?»
Sebastien zog den Stuhl von der Kommode heran und setzte sich ebenfalls. Er rieb sich die Tätowierung an seinem
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