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Der Bann (German Edition)

Der Bann (German Edition)

Titel: Der Bann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen L. Jones
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durchzucken. Er beugte sich vor, schnitt eine gequälte Grimasse … wenn er das alles nur spielte, dann war es die beste Aufführung, die Hannah je gesehen hatte. Er sah aus, als würde er im nächsten Augenblick zusammenbrechen.
    Aber natürlich sieht es echt aus. Es ist ganz sicher die beste Aufführung, die du je gesehen hast.
    Dann, als sie am wenigsten damit rechnete, hielt er ihr die Flinte hin.
    Bevor sie begriff, was geschah, hielt sie die Waffe. Rasch wich sie einen Schritt von ihm zurück.
    Der Sicherungshebel war umgelegt. Sie sicherte die Flinte wieder – sie durfte nicht riskieren, ihren eigenen Mann zu erschießen. Wenn diese halbe Leiche noch ihr Mann war. Sie hob die Waffe und zielte auf ihn. «Es tut mir leid, Darling. Ich liebe dich. Ich liebe dich unendlich, und ich muss das hier trotzdem tun. Du musst mir den Namen des Hotels nennen, in dem wir unsere Hochzeitsnacht verbracht haben.»
    Nate starrte auf das Gewehr, dessen Mündungen auf seinen Kopf zielten, und dann sah er seine Frau an. «Ich hoffe, das klingt jetzt nicht respektlos», sagte er, nach Atem ringend. «Aber du warst nie die Sorte von Frau, die sich …» Er schluckte. Zuckte zusammen. Streckte die Hand nach dem Türrahmen aus, um sich zu stützen, und schloss die Augen, als ihn eine weitere Woge aus Schmerz übermannte. Als er sie wieder öffnete, waren sie voller Liebe. «Du warst nie die Sorte Frau, die sich mit einem profanen Hotelbett zufriedengab, wenn sie die Chance auf eine Nacht unter freiem Sternenhimmel hatte.»
    Hannah schluchzte auf, als sie spürte, wie sich ihre Lebensachse aufrichtete, ihre Welt wieder in geordnete Bahnen sprang. Dass sie ihr Heim verloren hatten, ihre Existenz, ihren Frieden, all das zählte nicht mehr. Nur ihre Familie war wichtig. Das, was von ihr geblieben war.
    Leah. Nate.
    Er sank am Türrahmen zusammen, und sie sprang vor, die Schrotflinte in der einen Hand, und umfing ihn mit der anderen.
    Er deutete auf Sebastien. «Wir sind noch nicht fertig hier.»
    «Nate, er hat dir das Leben gerettet.»
    «Dann hat er sicher nichts dagegen, ein paar Fragen zu beantworten.»
    «Hannah, denk an das, was ich dir gesagt habe», sagte Sebastien vom Sofa her. «Lass ihn fragen. Es ist wichtig.»
    Nate nickte. «Wir sind uns schon früher begegnet. Wo war das?»
    Der alte Mann lächelte. «Mehr als einmal sogar. Aber nie ohne Charles. Ich erinnere mich an eine spezielle Begebenheit, als wir in Budapest gemeinsam zum Essen waren und du ein Steak bestellt hast, das so englisch war, dass du es quasi trinken musstest.»
    Nate starrte Sebastien an. Sein Mund verzog sich zu einem Grinsen, gefolgt von einer Grimasse des Schmerzes. «Du alter Hund. Was hat dich hergeführt?»
    «Es gibt eine Menge Dinge, über die wir reden müssen. Aber das kann warten. Zuerst müssen wir dich über den Berg bringen.»
    Nate biss die Zähne zusammen, als er in Hannahs Umarmung zusammensackte. «Leah ist im Zimmer nebenan. Sie schläft noch. Ihr müsst sie … müsst sie zu Bett bringen. Ich muss mich … hinlegen.»
    Sebastien half ihr, Nate zum Sofa zu führen. «Darf ich fragen, was du mit Moses angestellt hast?», fragte er, als er den Tropf wieder an Nates Arm anschloss.
    «Großartiger Wachhund», murmelte Nate. «Ich hab ihm ein Stück Schokolade nach draußen geworfen, und er … er ist hinterher wie der Blitz.»
     
    Hannah benötigte ein paar Minuten, um ihre Tochter nach oben zu tragen und unter die Decke des Himmelbetts zu stecken. Leah wachte einmal kurz auf, wollte wissen, wo sie waren, doch Hannah konnte sie beruhigen, und Augenblicke später war das kleine Mädchen wieder eingeschlafen.
    Zurück im Erdgeschoss sah sie, dass Nate ebenfalls schlief. Sie ging mit Sebastien ins Wohnzimmer, wo sie das eingeschlagene Fenster in Augenschein nahm und beschloss, es gleich als Erstes am nächsten Morgen zu reparieren. Das Sicherheitsrisiko einer zerbrochenen Scheibe war ohnehin minimal angesichts der zahlreichen Möglichkeiten, sich Zugang zum Haus zu verschaffen. Allerdings machte es den Raum unbehaglich kühl. Hannah zog die Vorhänge zu und schaltete die schwache elektrische Glühbirne ein, die nackt von der Decke baumelte.
    Sebastien nahm in einem Sessel Platz. «Ich kann mir vorstellen, wie traumatisch das alles für dich sein muss.»
    Hannah rieb sich das Gesicht. Blies die Wangen auf und ließ die Luft durch zusammengepresste Lippen wieder entweichen. «Wenn ich Nate verloren hätte …» Sie konnte den Satz nicht

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