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Der Bann (German Edition)

Der Bann (German Edition)

Titel: Der Bann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen L. Jones
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    Der Mann hob einen Arm und winkte den beiden zu. Hannah starrte zu ihm hin. Dann erhob er sich, zeigte auf sich, dann auf ihre Seite des Ufers und tat so, als würde er rudern. Diese letzte Bewegung schien ihn aus dem Gleichgewicht zu bringen, denn das Boot schaukelte wild unter ihm. Er bewegte sich hastig vor und zurück, um sich zu stabilisieren – vergeblich. Er verlor das Gleichgewicht und kippte hintenüber der Länge nach ins Boot.
    «Er wäre fast ins Wasser gefallen!», kreischte Leah und lachte ausgelassen.
    Das Ungeschick des Anglers hatte den Stachel der Angst in Hannah abgestumpft. Sie beobachtete, wie der Fremde sich sammelte und mit dem Rücken zu ihnen auf die Bank setzte, dann packte er die Ruder. Er begann das Boot in Richtung Ufer zu rudern.
    Denk nach, Hannah! Was jetzt?
    Sie hatte keine andere Wahl, als zu bleiben, wo sie war. Es war offensichtlich, woher sie gekommen waren: Llyn Gwyr lag direkt hinter ihnen. Wären sie geflüchtet, bevor der Fremde das Ufer erreicht hatte, hätten sie keine Ahnung gehabt, wo er gerade war. Sie hätten im Haus in der Falle gesessen mit Fragen, für die sie keine Antworten hatten. Schlimmer noch, sie würden zweifellos seine Neugier wecken und ihn misstrauisch machen wegen ihres Verhaltens.
    Lass ihn nicht aus den Augen.
    Das Boot kam immer näher. Hannah konnte inzwischen das Knarren der Riemen hören und das leise Plätschern, wenn sie ins Wasser tauchten. Von dem Fremden sah sie nur den Rücken. Er trug einen dicken beigefarbenen Pullover, ausgefranst an den Ärmeln und am Kragen. Unter dem dunkelblauen Hut lugte ein Schopf pechschwarzer Haare hervor. Er besaß ungefähr Nates Statur – vielleicht nicht ganz so breit.
    «Bleib dicht bei mir, Leah. Tu genau, was ich dir sage. Sag nichts über Daddy oder den Bösen Mann. Hast du verstanden?»
    Das kleine Mädchen schob sich hinter seine Mutter und murmelte seine Zustimmung.
    Das Ruderboot glitt ans Ufer und rutschte ein Stück weit den Kies hinauf, während der Fremde die Ruder einzog. Er drehte sich um, musterte Hannah und ihre Tochter von oben bis unten und grinste breit. Seine Zähne waren strahlend weiß, ein krasser Kontrast zum trüben Grau des Tages.
    «Hallo, die Damen!», rief er munter. Seine Stimme war volltönend mit einem singenden irischen Akzent. Kobaltblau leuchtende Augen funkelten vor Heiterkeit. Als Hannah und Leah nicht reagierten, zögerte er und neigte den Kopf zur Seite. «Ah, sieh sich das einer an! Kaum mache ich den Mund auf, sorge ich schon für Verärgerung, und das, bevor ich auch nur Ihre Namen kenne!» Er grinste die beiden ein weiteres Mal strahlend an.
    «Wir hatten nicht mit Gesellschaft gerechnet», entgegnete Hannah und verschränkte die Arme vor der Brust. «Ich dachte eigentlich, dieser See gehört zur Farm?»
    «Ah, aber ist es nicht Gottes See?»
    «Wir haben Gottes Hund bei uns!», platzte Leah hinter ihrer Mutter hervor.
    Der Mann warf den Kopf in den Nacken und lachte. «Habt ihr? Das ist vielleicht ein Ding! Gottes Hund. Und wie heißt dieses edle Tier?»
    «Moses!»
    Er lachte erneut, sah zu Hannah auf und zwinkerte. «Ein hübscher Name für einen Hund, ganz ehrlich. Hören Sie, ich habe es nicht ernst gemeint, okay? Mag sein, dass es Gottes See ist, aber von Rechts wegen gehört er auch zu Ihrer Farm. Was mich, aus Mangel eines besseren Wortes, zum Wilderer macht. Allerdings …», er hielt seine beiden Angelruten in die Höhe, «… zu einem erfolglosen Wilderer. Also, es tut mir leid. Dass ich auf Ihrem See herumgefahren bin, meine ich. Und ohne Erfolg auf Ihre Fische aus war.»
    Hannah nickte. «Und was macht ein gebürtiger Ire wie Sie mitten im Herzen von Snowdonia?» Trotz aller Alarmsignale in ihrem Kopf fühlte sie sich auf eine unerklärliche Weise von ihm verzaubert und ein wenig überrumpelt von seiner Offenheit. Der nüchternere Teil ihres Verstandes schrie ein einziges Wort.
    Gefahr.
    «Ich bin aus Irland weggelaufen, was sonst», antwortete er lachend.
    «Und sind Sie
vor
etwas weggelaufen?»
    «Laufen wir nicht alle vor etwas weg?» Seine Augen leuchteten, und sein herausfordernder Blick entging ihr nicht. «Oh, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Erlauben Sie. Gabriel ist mein Name. Nennen Sie mich Gabe, wenn Sie mögen.»
    «Nett, Sie kennenzulernen, Gabriel.»
    «Und bitte entschuldigen Sie, dass ich Ihre Privatsphäre störe. Ich wusste nicht, dass jemand auf der Farm ist. Haben Sie sie gemietet?»
    «Wir machen

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