Der Bann (German Edition)
wo du bist.»
Hans drehte sich zu dem
Merénylő
um. «Was soll das?», fragte er anklagend. «Sie haben gesagt, uns würde nichts passieren. Wir wären sicher. Sie haben gesagt, wir könnten Ihnen vertrauen.»
«Was ich gesagt habe,
Bauer
, ist, dass ihr beide uns nicht wiedersehen würdet,
wenn ihr uns aus dem Weg geht
», erwiderte der
hosszú élet
, ohne den spöttischen Blick für eine Sekunde von Jakab abzuwenden. «Jetzt sind wir hier, und als Erstes finde ich deine Frau vor und nun auch noch dich. Ich muss schon sagen, das kann man wohl kaum ‹aus dem Weg› nennen, meinst du nicht? Abgesehen davon glaube ich nicht, dass ich irgendetwas getan habe, was das Leben deiner Frau oder deiner eigenen Person gefährden würde. Ich sitze einfach hier auf meinem Pferd und verbringe meine Zeit mit einem Vergewaltiger und Mörder, der noch nicht weiß, dass er tot ist. Warum kehrt ihr nicht in die Stadt zurück und gebt etwas von dem Geld aus, mit dem wir euch so großzügig entlohnt haben?» Der
Merénylő
grinste breiter, doch seine Augen blieben unberührt. Sie brannten wie Zwillingssonnen, durchdrangen Jakabs Verstand, durchschauten ihn, verhöhnten ihn.
Jakab hatte das Gefühl, als hätte ihn jemand mit einer Eisenstange geschlagen. Er packte Erna fester bei den Schultern und starrte sie fassungslos an. «Du … du hast mich an sie
verkauft
?», flüsterte er.
Sie schüttelte den Kopf und versuchte sich aus seinem Griff zu lösen. «Nein, Jakab, nein. So war das nicht. Hör nicht auf ihn. Er –»
«Du hast mich gegen eine erbärmliche Handvoll Silberlinge
verschachert
?»
Der Ansturm von Emotionen brachte ihn aus dem Gleichgewicht, und seine anfängliche Wut wurde erstickt von einer alles verzehrenden Trauer. Wie hatte sie so etwas tun können? Von allen Menschen, die er jemals gekannt hatte, ausgerechnet von
ihr
verraten zu werden … Es war zu schockierend, zu niederschmetternd, zu vernichtend, um es in einen einzelnen Gedanken zu fassen. Er hatte geglaubt, dass sie ihn liebte, wirklich und wahrhaftig liebte, und doch war sie zu einem niederträchtigen Verrat wie diesem imstande gewesen.
Was kam als Nächstes? Nachdem alles gesagt und getan wäre und er zweifellos an Händen und Füßen gefesselt hinter dem Pferd des
Merénylő
hergeschleift würde, wie sah ihr Plan aus? Zurückzukehren zu dem Leben mit dem Trottel, der wie ein begossener Pudel neben dem Assassinen stand? Zu ihrem Baby und dem Blutgeld und dem behaglichen unbedeutenden Leben?
Beinahe ohne bewussten Gedanken, als würde sein Körper aus eigenem Willen agieren, ging seine freie Hand zu seinem Gürtel. Seine Finger glitten am Leder entlang, schoben sich hinter den Hosenbund und zogen das verborgene Messer aus der Scheide. Als er die Waffe im Bogen vor Erna zog, sah er ihre Lippen im polierten Stahl der Klinge: Lippen, die zu küssen er fünf Jahre gewartet hatte, Lippen, die ihn angelacht, die mit ihm gelacht, die mit ihm über Zukunftspläne gesprochen und die einst seine Haut liebkost hatten.
Als Jakab die Klinge an ihre Kehle setzte, schrie sie und schlug wild um sich, bis der Stahl in ihre Haut schnitt. Plötzlich wurde sie ganz still.
Dafür schrie ihr Ehemann Hans voller Entsetzen auf. Er hob einen Fuß und ließ ihn kraftlos wieder sinken. «Bitte! Was immer Sie denken, tun Sie das nicht! Ich flehe Sie an!»
Jakab sah nach rechts, in die einzige Richtung, die ihm geblieben war. Der Holzsteg. Die Planken waren dunkel und fleckig vom Tau und der feuchten Luft. Er machte einen seitlichen Schritt auf den Steg zu und zerrte Erna mit sich. Ein einzelner Blutstropfen erschien an ihrer Kehle. Er rollte am Hals nach unten.
«Hoppla – das ist interessant», bemerkte der
Merénylő
spöttisch. «Bizarr, aber trotzdem interessant. Ich muss gestehen, ich hätte nicht erwartet, dass du so etwas tust, Balázs.»
Der Steg befand sich jetzt direkt hinter Jakab. Er wich auf die Planken zurück und zerrte Erna hinter sich her.
Zu seiner Linken kam der zweite Reiter aus dem Gestrüpp und führte sein Pferd über die letzten Brombeerranken. Er brachte sein Tier zum Halten und zog ein Rapier aus der Scheide. Dann wartete er auf Instruktionen.
Jakab setzte seinen Weg über die schlüpfrigen Planken fort.
Der
Merénylő
griff nach unten. Als er sich im Sattel wieder aufrichtete, hielt er eine Armbrust. Ein Bolzen war in die Führungsrille eingelegt, die Sehne war gespannt. «Weißt du, Jakab, ich denke, das reicht jetzt. Was kannst du als
Weitere Kostenlose Bücher