Der Bastard von Tolosa / Roman
habt,
Cavalier,
war, dem Gebot der Kirche zu folgen. Deshalb ist Euch das Paradies sicher, habt also keine Sorge!«
»Dem Gebot der Kirche, sagt Ihr. Aber wer ist diese Kirche, Vater? In diesem Fall war es Papst Urbans Gebot. Aber hatte er recht? Sprach er wirklich für Gott?«
»Zweifelt Ihr an der Weisheit des Heiligen Vaters? An seiner Eingebung durch Gott selbst?«
»Nein. Gewiss nicht«, sagte ich und schwieg nachdenklich. »Aber was ist mit der Nächstenliebe? Sollen wir nicht unsere Feinde lieben? Was ist mit dem Gebot, die andere Wange hinzuhalten?«
»In gewisser Weise habt Ihr recht.« Er nickte eifrig mit dem Kopf. »Krieg unter Christenbrüdern ist eine Sünde. Nun versteht Ihr, warum die Kirche auf den Gottesfrieden besteht. Ich wünschte, mehr würden das so sehen wie Ihr. Aber in Eurem Fall reden wir von Ungläubigen. Das ist nicht dasselbe.«
»Ich sehe keinen Unterschied. Sind sie nicht auch Gottes Geschöpfe? Die Sarazenen taten uns Christen nichts zuleide, bevor wir kamen. Warum sollten wir sie unchristlich behandeln?«
Der Prior dachte nach. Meine Fragen mussten ihm unbequem sein, und er schien ein wenig verwirrt, dennoch war er ehrlich bemüht, mir nach bestem Gewissen zu antworten.
»Der Ungläubige ist so gut wie jeder Christ«, sprach er ernst, »vorausgesetzt, er lässt sich taufen. Wir nehmen ihn mit offenen Armen in unsere Gemeinschaft auf, daran kann kein Zweifel sein. Besteht er jedoch auf seinem Heidentum, dann müssen wir ihn umso härter bekämpfen. Oder besser gesagt, wir bekämpfen das Heidentum durch ihn, der es vertritt.«
Er begann, sich an dieser Begründung zu erwärmen. »Auch hier weist uns der Heilige Augustinus den Weg. Er betrachtete den Krieg als etwas Böses. Aber weil es schlimmer wäre, wenn die Ungerechten über die Gerechten herrschten, so ist ein solcher Krieg ein Glück zu nennen.« Er sah mir forschend ins Gesicht, um die Wirkung seiner Worte zu prüfen. »Wie können wir es zulassen, dass ausgerechnet am Grab des Herrn die Ungerechten über die Gerechten herrschen? Nein, nein, mein Sohn. Ihr macht Euch ganz unnötige Sorgen.«
Bei den Ungläubigen gelten Gottes Gebote also nicht, dachte ich nicht ohne Bitterkeit. Und dies aus dem Mund eines freundlichen, sanftmütigen Mönches! Aber warum sollte ich ihn weiter mit diesen Fragen quälen?
»Es hört sich alles sehr schlüssig an, was Ihr sagt, Vater.«
In meiner Stimme mussten Zweifel mitgeklungen haben, denn er ergriff meine Hände und sah mir aufrichtig in die Augen. »Ich würde Euch gern Eure Bürde abnehmen. Doch das kann nur Gott. Vielleicht nützt Euch, was mir geholfen hat. Begebt Euch für eine Weile an einen Ort fern von allem Treiben. Vielleicht in die Wildnis. Und dort versucht Ihr, alles aus Eurem Herzen zu verbannen, jeden Gedanken, jedes Gefühl, jeden Wunsch und jede Angst. Manchmal kann es lange dauern, aber wartet geduldig auf die Stille in Eurem Herzen, denn das ist die Stille Gottes. In ihr spricht Er zu uns.«
Er umfasste meine Schläfen mit beiden Händen und küsste mich auf die Stirn. Dann segnete er mich. Wir kehrten zu meinen Gefährten zurück, und ich dankte ihm für seine Worte.
»Wir müssen nun aufbrechen, Vater.«
Ich konnte ihm die Enttäuschung ansehen. Er hatte auf einen langen Abend voller Geschichten aus Outremer gehofft. Ich musste ihm versprechen, Fontfreda bei nächster Gelegenheit wieder zu besuchen.
»Habt Dank, Vater Prior!«, verabschiedete ich mich und reichte ihm eine Börse mit Silberstücken. »Ein kleiner Beitrag für Eure Kirche. Und schließt uns in Eure Gebete ein.«
Er dankte mir überschwenglich und segnete uns. »Der Herr lasse sein Angesicht über Euch leuchten, edler
Senher!
« Dann wünschte er allen Gottes Frieden und Schutz auf der Reise.
Die Mönche reichten uns noch ein Bündel mit Speck und Würsten für die Reise. Als wir aufsaßen, raunte Hamid mir zu: »Die Magd wird uns noch zu schaffen machen. Ich habe ihre Füße gesehen, als sie die Blasen am Brunnen kühlte.«
»Sie hat zu lange im Palast der
Comtessa
gelebt und ist das Laufen nicht mehr gewohnt.«
Wir winkten den Mönchen noch einmal zu und folgten dem Weg zurück zur Straße, um unsere Reise aufzunehmen.
»Worüber hast du so lange mit dem Mönch geredet?«, fragte Hamid.
»Über mein Seelenheil«, erwiderte ich grinsend. »Und ob ein Mann wie du vor der ewigen Verdammnis gerettet werden kann.«
»Das lass mal meine Sorge sein«, brummte er.
»Jedenfalls bist du ein Held
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