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Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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Eine Ameise kroch über Adelas Stirn, und ich schnippte sie vorsichtig fort.
    »Und was Odo betrifft«, fuhr er fort, »lass den alten Mann in Ruhe, Jaufré. Ich bin sicher, er liebt dich. Vergäll dir nicht die Heimkehr.«
    Er hatte recht. Für Cecilia war es zu spät, aber mit Odo würde ich meinen Frieden machen. Beim Gedanken an ihn musste ich lächeln. So verbohrt in seinen Vorstellungen von Macht und Erbfolge. So ist das, dachte ich, jeder schlägt sich mit den eigenen Gespenstern herum.
    »Mich beunruhigt eher, wie Berta uns empfangen wird.«
    »Was kümmert uns Berta?«, fragte ich.
    Das hatte ich so dahingesagt. Ein wenig trotzig. In Wahrheit war mir nicht ganz wohl bei dem Gedanken, was mein unerwartetes Auftauchen auslösen würde, was ich überhaupt vorfinden würde. Vielleicht war alles heruntergekommen, die Burg verwahrlost, die Äcker ausgelaugt und das Vieh von Pestilenz befallen.
    »Ich schätze, sie wird froh sein, dass endlich ein Mann die Zügel in die Hand nimmt«, brummte ich.
    »Ein verschollener Ehemann, der unerwartet nach vierzehn Jahren auftaucht? Wer weiß, wie da die Dinge liegen?« Er grinste, und seine Zähne schienen im Mondlicht.
    »Wenn es ihr nicht gefällt, kann sie zu ihrer Familie zurückgehen. Das ist vielleicht überhaupt das Beste,
per Dieu!
Wir machen reinen Tisch. Ich zahle ihr die verdammte Mitgift aus und bin sie endlich los. Hat lang genug gedauert.«
    »Eine zweite Ehe ist doch ausgeschlossen bei euch Franken. Aber vielleicht willst du der Fleischeslust entsagen, wie eure Priester.«
    »Mach dich nur lustig! Aber willige Dirnen gibt es genug. Kinder habe ich auch. Wozu noch ein Eheweib?«, brummte ich.
    Hamid lächelte nur und sagte nichts.
    Später, als Adela sich an meiner Seite rührte, wachte ich auf. Mein Arm war eingeschlafen, mein Rücken schmerzte vom harten Boden. Während ich sie gut zudeckte, murmelte sie etwas Unverständliches im Schlaf. Die Hunde hoben den Kopf. Wie viele Nächte hatten die beiden Rüden nicht schon mit mir in der Wüste gelagert. Ich strich ihnen über die Flanken. Thor streckte sich gähnend, dann schliefen sie weiter.
    Hamid lag halb unter einem Strauch, ein Schaffell um die Schultern, und schnarchte leise. Der Mond breitete seinen bleichen Schimmer über Baum und Strauch der
garrigue.
Brun saß zehn Schritte weiter auf einem Stein, der eine gute Aussicht in alle Richtungen erlaubte. Als ich ihn an der Schulter berührte, fuhr er herum und starrte mich an. Dann grinste er verlegen, kratzte sich den Bart und gähnte.
    »Alles ruhig, Herr«, flüsterte er.
    Ich ging, um nach den Pferden zu sehen. Die Hunde erhoben sich und folgten mir. Eine der Stuten rupfte Gras und bewegte sich schemenhaft in der Dunkelheit. Alexis hatte die Hengste etwas abseits angekoppelt, damit sie die Nähe der Stuten nicht erregte. Ghalib schien stehend zu schlafen und scheute leicht, als ich ihn berührte. Ich atmete seinen vertrauten Geruch ein und streichelte seinen seidigen Hals, nicht ohne ein paar geflüsterte Liebkosungen. Die Hunde trollten sich wieder zu ihrem Schlafplatz, als ich zu Brun zurückkehrte.
    »Leg dich schlafen, Junge.«
    Er machte sich sein Lager, und ich nahm, in eine Decke gehüllt, seinen Platz auf dem Felsbrocken ein, noch warm von seinem Körper, und sog die kühle Nachtluft in die Lungen. Ein Rascheln im Laub, das Schnauben eines Pferdes und das Geräusch von Gras rupfenden Rosszähnen. Dies und der warme Pferdegeruch, der aus meiner Decke stieg, hatten etwas Anheimelndes.
    Ja, es war Zeit, mit der Vergangenheit abzuschließen. Wenn Berta einverstanden war, dann würde ich sie auszahlen. Das war wirklich das Beste. Ihre Mitgift würde ihr ein bescheidenes, aber standesgemäßes Auskommen erlauben, ohne ihrer Familie zur Last zu fallen. Oder sie zog ein bequemes Leben im Kloster vor wie so viele Witwen. Jedenfalls sollte sie mich nicht ertragen müssen und umgekehrt auch nicht.
    ***
    Jemand berührte meine Schulter, und eine schwielige Hand legte sich über meine Lippen. Es war Hamid.
    »Ganz still, Bruder!«, flüsterte er. »Wir haben Besuch.«
    Ich war sofort hellwach und setzte mich langsam auf. Der Mond war längst untergegangen. Es musste kurz vor Morgengrauen sein, immer noch dunkel genug, aber die erste Dämmerung ließ sich erahnen. Die Hunde spähten aufmerksam mit in den Wind gestellten Ohren in die Nacht hinaus. Ihre Rücken verrieten Anspannung, und aus ihren Kehlen drang ein leises, kaum vernehmliches Knurren. Sie waren

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