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Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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zeigten, dass er gern lachte. Ich schätzte ihn auf vierzig Jahre und somit fünf Jahre älter als ich. In der äußeren Erscheinung waren wir uns nicht unähnlich. Beide hatten wir dunkles, gewelltes Haar, das wir, im Gegensatz zur normannischen Sitte, lang bis auf die Schulter trugen, schmale Gesichter und dunkle Augen. Doch hier endete die Ähnlichkeit, denn Bertran war kleiner und weniger muskulös als ich. Allerdings überrage ich die meisten Männer an Körpergröße, und die Mühen von fünfzehn Jahren Kriegsdienst hatten meinen Leib mehr als gewöhnlich gestählt. Während mein Haupthaar immer noch dicht und schwarz war, hatte sich das seine am Scheitel schon gelichtet, und es zeigten sich die ersten grauen Strähnen an den Schläfen.
    »Wenn Ihr meint, ich hätte den Jungen zu hart angefasst …« Er ließ den Satz unvollendet. »Aber ich habe meine Gründe«, fügte er dann hinzu. Wollte er mir etwas über Ricard erzählen? Ich wartete, dass er weitersprach, doch Bertran stocherte mit einem Zweig in den Zähnen. Schließlich kam er auf etwas anderes zu sprechen.
    »Warum hat uns der verdammte Grieche verraten? Was glaubst du, Montalban?«
    »Ich vermute eine versuchte Geiselnahme, die Euch galt.«
    »Das heißt, die ganze Aufregung um die Karawane war gelogen.«
    »Die hat es wohl nie gegeben. Kyriacos war gerissen. Er hat uns eine Woche durch die Landschaft gehetzt, nur um uns hierherzuführen, wo er die Türken auf der Lauer wusste.«
    »Wer könnte dahinterstecken?«
    »Einer der seldschukischen Fürsten. Vielleicht Ridwan«, überlegte ich, »der Emir von Aleppo.«
    »Wie sind diese Seldschuken? Können wir uns gegen sie behaupten?«
    »Sie sind gute Krieger.«
    »Ihr habt heute eine Übermacht geschlagen, Montalban.«
    »Unsere Reiterei ist für den Nahkampf besser gepanzert. Aber solche Vorteile könnten sie sich mit der Zeit auch selbst zu eigen machen. Tapfer genug sind sie.« Ich wollte nicht, dass er den Feind unterschätzte. »Und sie scheinen keine Schwierigkeit zu haben, unter ihren Stämmen neue Kämpfer anzuwerben. Es ist, als wüchsen ihre Krieger wie das Gras in der Steppe, aus der sie kommen.«
    »Und was ist mit diesem Ridwan von Aleppo?«
    »Ein schlüpfriger Kerl von übelstem Ruf. Um sein Erbe zu sichern, hat er in jungen Jahren zwei Brüder gemeuchelt und jahrelang den dritten, Duqaq von Damaskus, befehdet.«
    »Ja, diese Geschichte ist mir zu Ohren gekommen.«
    »Später hat er seinen eigenen Schwiegervater, den Emir von Homs, ermorden lassen. Er meidet offene Feldschlachten gegen uns. Aber ein Überfall wie dieser, das würde zu ihm passen. Zumal, wenn dabei reiche Beute herausspringt.«
    Bertran lachte. »Manchmal glaube ich, wir können uns hier nur halten, weil die Söhne Allahs so uneins sind.«
    »Die Türken haben die Araber besiegt, aber sie selbst schlagen sich nun wie junge Wölfe um die Beute.«
    »Wenn es Ridwan ist, so muss er Kyriacos eine Menge Gold gezahlt haben.« Bertran lächelte in sich hinein. Schien ihm der Gedanke zu gefallen, dass die Türken glaubten, ein Vermögen für ihn erpressen zu können? Nach dem, was man so hörte, durchaus eine berechtigte Annahme. Es war den türkischen Spionen sicher nicht entgangen, dass Bertran mit gefüllten Truhen nach Outremer gekommen war. Die Plünderung von Tripolis musste einiges hinzugefügt haben.
    Mittlerweile war es ruhig im Lager geworden. Nur ein paar Unentwegte tranken und redeten leise. Ich musste immer häufiger gähnen. Aber bei Bertran war keine Spur von Müdigkeit zu entdecken. Im Gegenteil, er schien hellwach und immer noch redelustig. Von seinem Diener ließ er Datteln bringen. Ich legte Holz nach, denn die Nachtkühle ließ mich frösteln.
    Bertran schien dies nicht zu spüren. »Gottverfluchtes Türkenpack«, knurrte er. Seine Laune war plötzlich umgeschlagen. »Manchmal frage ich mich, was ich hier zu suchen habe. Ich bin weder Gotteskrieger noch Priester oder Eroberer. Außerdem, was schert mich Jerusalem?« Er stierte missmutig ins Feuer. »Mein Vater wollte unbedingt Befreier des Heiligen Grabes sein. Urban und Bischof Aimar haben ihm das eingeredet. Ihr kanntet Aimar, oder?«
    »Natürlich«, erwiderte ich. »Ein guter Mann.«
    »Ja, ja. So sagen sie.« Er trank einen Schluck. »Starb zu früh. Der hätte wahrlich einen guten Patriarchen für Jerusalem abgegeben. Mein Vater war gleich Feuer und Flamme für dieses verrückte Abenteuer gewesen.« Er rülpste verhalten und lachte dann bissig.

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