Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
Vom Netzwerk:
sichergehen, dass dieses Wissen weder verlorengeht noch in falsche Hände gerät. Er vertraute meiner Verschwiegenheit.«
    »Und dafür seid Ihr in die Einöde gegangen? Wie könnt Ihr es ertragen, an einem solchen Ort zu leben?«
    »Für Galamus hatte ich mich schon lange vorher entschieden, mein Sohn. Das Leben in der Einöde ist hart, aber voll wilder Schönheit. Und wo kann ein Mann besser mit seinem Schöpfer reden?« Er lächelte milde. »Im Winter versorgt uns
Domna
Berta mit dem Nötigsten, so dass wir nicht verhungern. Und was mich selbst betrifft, vor vielen Jahren haben meine Mitbrüder darauf bestanden, mich zum Prior zu wählen. Nun muss ich nicht mehr ganz so hart arbeiten und kann mich meinen Büchern widmen.«
    »Ihr habt Bücher in der Wildnis?«
    »Galamus ist nicht ganz so unerträglich, wie Ihr glaubt. Wir haben uns gut eingerichtet in unserer Grotte. Ein paar Hütten gibt es auch. Und ja, Erzbischof Odo hat mir über die Jahre eine kleine Sammlung geschickt, dazu etwas Pergament zum Schreiben.« Er lehnte sich vor und berührte meinen Arm. »Um Euch zu beruhigen, Euer Oheim hat mir seinen Auftrag erst später anvertraut. Wir kennen uns schon sehr lange, denn schließlich war ich jahrelang sein
secretarius
und ohnehin mit den wichtigsten Dingen vertraut.«
    »Ich habe Euch mit Ungeduld erwartet,
Paire.
«
    »Ja, mein Sohn. Wir müssen reden.«
    »Kommt, wenn Ihr nicht zu müde seid. Gehen wir ein paar Schritte.«
    Wir wanderten auf die Lichtung hinaus, bis wir weit genug vom Lager waren, so dass niemand unser Gespräch belauschen konnte. Jacobus musterte mich von neuem.
    »Eine gewisse Ähnlichkeit ist unverkennbar. Ihr habt das dunkle, gute Aussehen Eurer Mutter. Gott hatte sie mit seltener Schönheit gesegnet. Und gleichzeitig habt Ihr die Körpermaße der Tolosaner geerbt, die, wie Ihr wisst, aus altem Frankengeschlecht stammen.«
    »Ihr kanntet meinen Vater?«
    Er nickte. »Ich kannte ihn. Natürlich auch die
Comtessa
Anhes. Obwohl noch jung, war ich, wie schon gesagt, Odos
secretarius
und begleitete ihn überallhin.«
    »So ist es wahr, sie sind meine Eltern?«
    »Es ist gewiss nicht leicht, so spät im Leben zu erfahren, dass man ein anderer ist, als man immer geglaubt hat.« Er sah mich mitfühlend an. »Aber ja. Es ist wahr. Ich hoffe, Ihr werdet Euch an diesen Gedanken gewöhnen können.«
    Er schien den Tumult zu erahnen, der mich seit der Enthüllung meiner wahren Herkunft erfasst hatte.
    »Und dieses Testament? Gibt es das wirklich?«
    »Ich habe es selbst aufgesetzt. Odo hatte mich dafür aus Galamus holen lassen.«
    »Niemand kann es finden.«
    »Es ist in der Burg, wie Borcelencs richtig vermutet. Aber nur Odo weiß, wo es ist. Er hat es gut versteckt, und ich glaube nicht, dass sie es finden werden.« Er erlaubte sich ein schadenfrohes Lächeln. »Auch wenn er es fände, würde es ihm wenig nützen.«
    »Er braucht auch den Ring, soviel ich weiß.« Ich hob meine Hand. Der Ring mit dem seltsamen Zeichen darauf funkelte golden in der Sonne.
    »Ah!«, seufzte er, als er das Kleinod erkannte. »Der Siegelring der Tolosaner Grafen. Was die Bildzeichen bedeuten, weiß wohl niemand mehr, denn der Ring ist keltischen Ursprungs. Die Franken haben ihn den Goten gestohlen und diese dem gallischen Prinzen, dem er einmal gehört haben mag. Ja, Borcelencs braucht den Ring. Aber er braucht noch mehr. Das Testament ist nur gültig mit einer Liste, die in meiner Verwahrung ist. Odo ist sehr vorsichtig zu Werke gegangen.«
    Ich war verwirrt. »Es ist besser,
Paire,
Ihr erzählt mir alles von Anfang an.«
    »Also gut«, sagte er und strich sich über den Bart. »Anfänglich ging es nur darum, den Fehltritt der
Comtessa
zu verbergen. Üblicherweise kräht kein Hahn danach, wenn ein verheirateter Mann Ehebruch begeht.« Er zog schmerzlich die Mundwinkel herunter. »Wo es vor Gott doch das Gleiche ist. Aber eine Frau … Das ist etwas anderes, wie Ihr wisst. Noch dazu mit dem Bruder des Betrogenen. In den Augen vieler ist dies fast so schlimm wie Blutschande. Sie musste den Zorn ihres Gemahls und die Ächtung ihrer Familie fürchten. Nicht nur ihre Güter und Besitzungen wären verpfändet gewesen, auch ihr Leben war in Gefahr. Kein Gericht, nicht einmal ein
concilium
der Bischöfe hätte Raimon verurteilt, wenn es ihm in den Kopf gekommen wäre, seine treulose Gattin zu ermorden. Deshalb dieses ganze Versteckspiel auf Rocafort, was Euch betrifft. Aber das wisst Ihr schon alles, nehme ich

Weitere Kostenlose Bücher