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Der Bastard

Der Bastard

Titel: Der Bastard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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ja jemandem aufgefallen, dass sie schwanger war. Anna konnte an diesem Tag übe r haupt keinen Grund gehabt haben, sich im Busch au f zuhalten.
    Pia zerrte die Schachtel vom Bord und kramte den Umschlag mit den Fotos des Wagens hervor. Sie set z te sich im Schneidersitz auf den Fußboden, und jetzt sah sie es. Während sie bisher nur darauf geac h tet hatte, was auf den Fotos war, erkannte sie nun endlich, was nicht darauf war.
    Die Fotos zeigten den Wagen von allen Seiten, außen wie innen. Es gab nicht die Spur eines Reservekanisters, weder für Benzin noch für Wasser. Ebenso gab es kein Anzeichen für ein Gewehr. Pia konnte sich noch genau erinnern, wie Anna ihr von ihrem Schie ß training erzählt hatte. Kein vernünftiger Mensch fuhr dort ohne ausreichend Wasser, ohne Reservekanister mit Benzin und ohne Gewehr durch die Wildnis.
    Wie alle Entwicklungshelfer hatte ihre Schwester einen Vorbereitungskurs absolvieren müssen. Anna war gewissenhaft. Ausgerechnet als frischgebackene Mutter sollte sie alle Vorsichtsmaßnahmen über Bord geworfen haben? Unmöglich, dachte Pia.
    Wie hatte sie das all die Jahre übersehen können? Die Schlussfolgerung aus ihren Erkenntnissen dämmerte ihr nur langsam. Anna war in eine Falle gelockt worden. Jemand hatte sie gezwungen, ohne jegliche Vorsichtsmaßnahmen in den Busch zu fahren. Jemand hatte sie betäubt und ausgesetzt.
    Jemand hatte ihre Schwester ermordet.

Vierter und letzter Tag
     
    25
    « Sabine! » , rief Heinlein quer durch den Raum.
    Kilian schreckte von seiner Lektüre der Aussagen hoch, die Jonathan Kingsley und Ubunta tags zuvor gemacht hatten.
    «Schorsch», sagte er, «geht es nicht etwas freundlicher?»
    Heinlein war sich seines barschen Tons offenbar gar nicht bewusst, wie Kilian an dessen überraschtem Gesicht sehen konnte.
    «Was gibt ’ s?», fragte Sabine in der Tür.
    «Setz dich zu uns, wir müssen was besprechen.»
    Sie nahm sich einen Stuhl.
    «Wir wissen», sagte Heinlein in die Runde, «dass rund achtzig Prozent aller Straftaten Beziehungst a ten sind. Durch die Identifizierung des Jungen als Henry Jonathan Kingsley ergibt sich daraus für uns ein neuer möglicher Täterkreis.»
    «Wer war der alte?», fragte Sabine.
    «Diese Russlanddeutschen.»
    «Und der Taxifahrer?»
    Heinlein blickte hinüber zu Kilian, abwartend, was er dazu meinte.
    «Möglich», antwortete er, «aber wenig wahrscheinlich. Seine Aussage klang plausibel, und er machte auf mic h k einen verdächtigen Eindruck. Zudem haben wir von der Taxizentrale erfahren, dass er kurz nach dem Absetzen Henrys in der Mergentheimer eine neue Fahrt bekommen hatte.
    Und diese Jungs, ich weiß nicht, ich traue ihnen Pöbeleien und ein paar Handgreiflichkeiten zu, aber einen Dreizehnjährigen, nahezu ohne Spuren zu hinterlassen, zu ertränken? Wenig überzeugend.»
    «Trotzdem könnten sie es getan haben», fügte Heinlein hinzu.
    «Sicher, wenn sie ihm in die Mergentheimer g e folgt wären und ihn beim Verlassen des Hauses a b gepasst hätten.»
    «Dazu hätten sie wissen müssen, wo er wohnt», ergänzte Sabine.
    «Wissen wir denn schon, an welcher Stelle Henry in den Main geworfen wurde?», fragte Kilian.
    «Ich habe mit den Kollegen des Wasserschutzes und der Feuerwehr gesprochen», antwortete Sabine. «Gemessen an der Fließgeschwindigkeit sei es kein Pro b lem, dass ein rund vierzig Kilogramm schwerer Körper über Nacht aus dem Stadtgebiet bis zum Wehr in E r labrunn treiben kann.»
    «Es gibt aber ein paar Hindernisse, die er auf der Strecke überwinden muss», gab Heinlein zu bede n ken.
    Sabine nickte. «Laut Wasserschutz sei es kaum vorstellbar, die Schleuse und das Kraftwerk an der Alten Mainbrücke zu passieren, ohne dass ein lebloser Kö r per darin hängen bleibt.»
    «Vielleicht hat ihn ein Schiff mitgeschleift», warf Kilian ein.
    «Wir haben keine Verletzungen an seinem Körper gefunden, die so etwas vermuten lassen könnten», sagte Heinlein.
    «Werden an der Schleuse überhaupt so spät noch Schiffe abgefertigt?»
    Niemand wusste eine Antwort.
    «Klär das ab», bestimmte Heinlein und meinte Sabine. «Das legt zumindest die Vermutung nahe, dass unser Täter keine große Ortskenntnis besitzt. Sonst hätte er mit dem Wehr in Erlabrunn rechnen mü s sen, oder … er hätte ihn irgendwo im Wald vergr a ben. Eine Entdeckung der Leiche wäre damit weit schwieriger geworden. Wieso also der Wasserweg?»
    «Du hast recht», pflichtete Kilian bei, «entweder kennt sich unser Mann hier

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