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Der Bauch von Paris - 3

Der Bauch von Paris - 3

Titel: Der Bauch von Paris - 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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ankommen, und Sie sollen sehen, wie sie alle artig sind.«
    Die letzte entscheidende Auseinandersetzung war furchtbar. Eines Morgens kam das Dienstmädchen von Frau Taboureau, der Bäckersfrau, auf den Fischmarkt einen Butt holen. Die schöne Normande, die sie seit einigen Minuten um sich herumstreichen sah, machte sich an sie heran und sagte ihr Schmeicheleien.
    »Kommen Sie doch bei mir mal sehen, ich werde Sie schon zufriedenstellen … Wünschen Sie ein paar Seezungen, einen schönen Steinbutt?« Und als das Mädchen näher trat und mit dem verdrießlichen Gesicht, das die Kundinnen aufsetzen, um weniger zu bezahlen, einen Butt beschnupperte, fuhr die schöne Normande fort: »Sehen Sie, wie schwer der ist!« und legte ihr einen in gelbes Packpapier eingeschlagenen Butt in die offene Hand.
    Das Dienstmädchen, eine kleine, kränkliche Auvergnatin32, wog immer noch mit ihrem verzerrten Gesicht, ohne etwas zu sagen, den Butt in der Hand und machte ihm die Kiemen auf. Schließlich fragte sie, gleichsam bedauernd:
    »Und wieviel?«
    »Fünfzehn Francs«, antwortete die Fischfrau.
    Darauf legte die andere den Fisch schnell auf den Marmortisch zurück. Sie schien davongehen zu wollen, aber die schöne Normande hielt sie zurück.
    »Na, dann machen Sie doch den Preis.«
    »Nein, nein, das ist zu teuer.«
    »Sagen Sie nur immer.«
    »Wenn Sie acht Francs nehmen?«
    Mutter Méhudin, die plötzlich aufzuwachen schien, stieß ein beunruhigendes Lachen aus. Man glaube wohl, daß sie die Waren stehlen?
    »Acht Francs für einen Butt von dieser Größe! Man wird dir einen geben, um dir nachts die Haut frisch zu halten, meine Kleine!«
    Die schöne Normande wandte sich mit beleidigtem Gesicht ab. Das Dienstmädchen jedoch, kam zweimal zurück, bot neun Francs, ging bis zu zehn Francs. Als sie dann ernstlich fortgehen zu wollen schien, rief die Fischhändlerin ihr nach:
    »Los, kommen Sie, geben Sie mir das Geld.«
    Das Dienstmädchen blieb vor dem Stand stehen und plauderte freundlich mit Mutter Méhudin. Frau Taboureau sei so anspruchsvoll! Heute abend sei Besuch da zum Essen, Verwandte aus Blois, ein Notar mit seiner Frau. Frau Taboureau habe eine sehr feine Familie, und obwohl sie selber nur Bäckersfrau sei, habe sie doch eine gute Schulbildung genossen.
    »Nehmen Sie ihn mir gut aus, nicht wahr?« unterbrach sie sich.
    Mit einem Fingergriff hatte die schöne Normande den Fisch ausgenommen und den Abfall in den Eimer geworfen. Mit einem Zipfel ihrer Schürze streifte sie unter die Kiemen, um ein paar Sandkörner zu entfernen. Dann legte sie selber den Fisch der Auvergnatin in den Korb.
    »So, mein schönes Kind, Sie werden sehr zufrieden sein.«
    Aber nach einer Viertelstunde kam das Dienstmädchen, ganz rot im Gesicht, angelaufen; sie hatte geweint, ihre kleine Gestalt bebte vor Zorn. Sie warf den Butt auf den Marmortisch und zeigte auf einen breiten Riß auf der Bauchseite, der das Fleisch bis zu den Gräten verletzt hatte. Eine Flut abgerissener Worte sprudelte aus ihrer noch von Tränen zusammengeschnürten Kehle.
    »Madame Taboureau will ihn nicht haben. Sie sagt, sie könne ihn nicht auf den Tisch bringen. Und sie hat auch noch gesagt, daß ich ein dummes Ding bin und mich von aller Welt reinlegen lasse … Sie sehen doch, daß der Butt ganz hin ist. Ich habe ihn nicht umgedreht, weil ich mich auf Sie verlassen habe … Geben Sie mir meine zehn Francs zurück.«
    »Man muß sich die Ware ansehen«, antwortete ruhig die schöne Normande.
    Als nun die andere ihre Stimme erhob, stand Mutter Méhudin auf.
    »Möchten Sie uns vielleicht in Ruhe lassen, nicht wahr? Man nimmt keinen Fisch zurück, der sich bereits bei den Leuten rumgesielt hat! Weiß man denn, wo Sie ihn haben fallen lassen, um ihn so zuzurichten.«
    »Ich? Ich?« Ihr blieb die Luft weg. Dann brach sie in Schluchzen aus. »Zwei Betrügerinnen seid ihr, ja, zwei Betrügerinnen! Madame Taboureau hat es mir gleich gesagt.«
    Nun wurde es fürchterlich. Wütend machten sich Mutter und Tochter mit vorgestreckten Fäusten Luft. Das kleine bestürzte Dienstmädchen, das festsaß zwischen der heiseren Stimme und der dünnen Stimme, die es einander zuwarfen wie einen Ball, schluchzte stärker.
    »Hau ab! Deine Madame Taboureau ist weniger frisch als das hier! Die müßte erst zusammengeflickt werden, bevor sie auf den Tisch kommt!«
    »Einen unversehrten Fisch für zehn Francs! Na danke schön! Darauf lege ich keinen Wert!«
    »Und deine Ohrringe, wieviel haben die

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