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Der Bauch von Paris - 3

Der Bauch von Paris - 3

Titel: Der Bauch von Paris - 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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und Benehmen ist. Wenn er auch nur die geringste Vorstellung hätte, würde er schon mit diesem Geld etwas angefangen haben … Ich, ich möchte es nicht mehr haben; das wäre eine Erleichterung für uns … Ich habe ihn schon zweimal daraufhin angesprochen, aber er lehnte es ab, mir zuzuhören, Du, du solltest ihn bewegen, es an sich zu nehmen … Versuch doch, mit ihm darüber zu reden, nicht wahr?«
    Quenu antwortete mit einem Brummen.
    Lisa vermied, darauf zu bestehen, nachdem sie – wie sie glaubte – alle Ehrbarkeit auf ihre Seite gebracht hatte.
    »Nein, das ist kein Bursche wie die anderen«, begann sie von neuem. »Was willst du bloß, er wirkt nicht vertrauenerweckend. Ich sage das nur, weil wir gerade darüber sprechen … Ich befasse mich nicht mit seinem Benehmen, das schon viel Geklatsche im Viertel über uns verursacht. Daß er bei uns schläft und ißt und wir uns seinetwegen einschränken, mag hingehen. Bloß was ich ihm nicht erlaube, ist, daß er uns in seine Politik hineinzieht. Wenn er dir weiter den Kopf verdreht, wenn er uns auch nur die geringsten Ungelegenheiten macht, dann laß es dir gesagt sein, daß ich ihn mir schlankweg vom Halse schaffe … Das laß dir gesagt sein, verstehst du?« Florent war gerichtet. Sie tat sich wirklich Gewalt an, um sich nicht Luft zu machen, um nicht dem Strom angestauten Grolls, der ihr auf dem Herzen lag, freien Lauf zu lassen. Er stieß sie in all ihren Instinkten vor den Kopf, verletzte sie, entsetzte sie, machte sie tatsächlich unglücklich. Sie murmelte noch: »Ein Mensch, der die abscheulichsten Erlebnisse hinter sich hat, der es nicht einmal versteht, sich ein Heim zu schaffen … Ich begreife, daß der auf Flintenschüsse aus ist. Soll er sie haben, wenn er sie mag; aber er soll anständige Leute ihren Familien lassen … Außerdem gefällt er mir nicht! Abends bei Tisch riecht er nach Fisch. Ich kann dann nichts essen. Er läßt sich keinen Bissen entgehen. Und wenn es ihm nur was nützen würde! Er kann nicht einmal Fett ansetzen, der Unglückselige, so sehr zehrt die Bosheit an ihm.«
    Sie war ans Fenster getreten und sah, wie Florent die Rue Rambuteau überquerte, um sich zum Fischmarkt zu begeben. Die Anfuhr von Seefisch war an diesem Morgen überreichlich; die großen Henkelkörbe schillerten silbern, die Auktionen grollten. Lisa folgte den spitzen Schultern ihres Schwagers, der in die starken Gerüche der Markthallen hineinging, den Rücken gekrümmt und diese Übelkeit im Magen, die ihm in die Schläfen stieg; und der Blick, mit dem sie ihn begleitete, war der einer Kämpferin, einer siegesentschlossenen Frau.
    Als sie sich umwandte, stand Quenu auf. Bleich stand er da im Hemd, die Füße in der Lieblichkeit des Moosteppichs, ganz warm noch von der guten Wärme der Daunendecke, und war bekümmert über die Mißhelligkeit zwischen seinem Bruder und seiner Frau. Lisa jedoch setzte ihr schönes Lächeln auf. Es rührte ihn sehr, als sie ihm seine Socken reichte.
     

Kapitel IV
    Marjolin war auf dem Marché des Innocents in einem Kohlhaufen unter einem riesigen Weißkohlkopf gefunden worden, der mit einem seiner großen, umgeschlagenen Blätter sein riesiges Gesicht eines eingeschlafenen Kindes verdeckte. Man wußte bis jetzt noch nicht, welche unglückselige Hand ihn dorthin gelegt haben mochte. Er war schon ein Knirps von zwei oder drei Jahren und sehr dick und sehr lebensfroh, aber geistig so wenig entwickelt, so verschleimt, daß er kaum einige Worte stammelte und nur lächeln konnte. Als ihn eine Gemüsehändlerin unter dem großen Weißkohlkopf entdeckte, stieß sie einen solchen Schrei der Überraschung aus, daß die Nachbarinnen verwundert herbeiliefen, und er, der noch ein Kleidchen trug und in ein Stück Decke gewickelt war, streckte die Hände aus. Er konnte nicht sagen, wer seine Mutter war. Er machte erstaunte Augen, als er sich an die Schulter einer dicken Kaldaunenhändlerin schmiegte, die ihn auf den Arm genommen hatte. Bis zum Abend war der ganze Markt mit ihm beschäftigt. Er hatte sich bald beruhigt, aß Schnitten und lachte allen Frauen zu. Die dicke Kaldaunenhändlerin behielt ihn. Dann kam er zu einer Nachbarin, und einen Monat später schlief er bei einer dritten. Wenn man ihn fragte: »Wo ist deine Mutter?«, machte er eine köstliche Gebärde: seine Hand beschrieb einen Kreis und wies auf alle Händlerinnen zugleich. Er wurde das Kind der Markthallen, lief hinter den Röcken der einen oder der anderen her, fand immer

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