Der Baum des Lebens
Überlebenden.«
»Iker wollte kämpfen«, unterbrach ihn Sekari, »aber das wäre Selbstmord gewesen! Deshalb sind wir geflohen.«
»Und dann habt ihr die Wüste ohne Wasser und ohne Nahrungsmittel durchquert?«
Iker berichtete von allen Wundern, die es ihnen möglich gemacht hatten zu überleben.
Der junge Mann wirkte so überzeugend und aufrichtig, dass Chnum-Hotep seine Geschichte nicht in Frage stellte, nicht zuletzt auch weil die Götter bekanntlich oft in der Wüste zu Hilfe kamen.
Dann hatten es also die Sandläufer zum ersten Mal gewagt, die Türkisminen anzugreifen, obwohl sie unter dem besonderen Schutz des Pharaos standen.
Aber der Herrscher des Gazellengaus betrachtete es durchaus nicht als seine Aufgabe, Sesostris zu warnen. Er würde schon noch früh genug erfahren, dass er eine Niederlage hatte einstecken müssen. Der so geschwächte Monarch hätte dann sicher Besseres zu tun, als sich auf eine Auseinandersetzung mit den großen Würdenträgern einzulassen, die einer Ausdehnung seiner Macht feindlich gegenüberstanden.
»Was könnt ihr beide?«, wollte Chnum-Hotep wissen.
»Ich bin Gärtner«, antwortete Sekari.
»Und ich Schreiberlehrling.«
»Meine Provinz ist so reich, weil bei mir hart gearbeitet wird«, erklärte Chnum-Hotep. »Einen zusätzlichen Gärtner kann ich gut brauchen, aber Schreiber habe ich genug.«
24
»Aber ich brauche weitere Soldaten, damit meine bewaffneten Mannschaften jedem Angreifer gewachsen sind«, fuhr Chnum-Hotep fort. »Du bist jung und gesund, also hast du schon eine Aufgabe gefunden.«
»Ich will aber Schreiber sein und nicht Soldat, Herr.«
»Jetzt hör mir mal gut zu, mein Kleiner. Ich habe einen Auftrag von den Göttern: Ich soll diese Provinz zur reichsten des Landes machen. Bei mir fehlt es den Witwen an nichts, die jungen Mädchen werden geachtet, keiner muss Hunger leiden, niemand geht betteln. Die Schwachen werden im Vergleich zu den Großen nicht benachteiligt, es gibt keinen Streit zwischen Reich und Arm. Und warum das alles? Weil ich die Säule dieses Landes bin, egal welche Schwierigkeiten es gibt. Fiel die Ernte schlecht aus, habe ich selbst den Bauern Entschädigung bezahlt und ihre Steuerrückstände gestrichen. Je mehr Steuern man erhebt, umso mehr verhindert man, dass jeder etwas anpackt. Weder Betrüger noch bestechliche Beamte haben auf meinem Grund und Boden etwas verloren. Aber dieses Glück ist äußerst zerbrechlich! Heute droht ihm eine Gefahr, die Sesostris heißt. Früher oder später wird er versuchen, sich meiner Provinz zu bemächtigen. Entweder bist du auf meiner Seite oder du bist gegen mich. Wenn du mein Entgegenkommen würdigst, werde einer meiner Soldaten. Was du dabei lernst, musst du nicht bereuen.«
Chnum-Hotep war selbst erstaunt darüber, mit wie vielen Erklärungen er sich um diesen unbekannten jungen Mann bemühte! Für gewöhnlich begnügte er sich mit Befehlen und duldete keinen Widerspruch.
»Ich schenke Euch mein Vertrauen, Herr.«
Wieder einmal hatte sich Schatzmeister Medes als großzügiger Spender gegeben. Der Hohe Priester des Ptah-Tempels hatte sich wärmstens bei ihm bedankt, nicht ahnend, dass die Spende aus unterschlagenen Lebensmitteln bestand. Aber trotzdem scheiterte Medes nach wie vor an der verschlossenen Tür der Tempelklausur. Und er musste wohl oder übel zugeben, dass es ihm nicht gelang, diejenigen zu bestechen, die den Schlüssel zu dieser Tür besaßen.
Was konnte er also noch unternehmen, um an das Geheimnis des Heiligtums zu gelangen? Der hohe Würdenträger verschob diese Frage bis auf weiteres, weil in der Hauptstadt neuerdings Gerüchte aufgekommen waren, die ihn neugierig machten. Sesostris sollte sich entschlossen haben, die Provinzen im wahrsten Sinne des Wortes zurückzuerobern, und zwar angefangen mit der Provinz Kobra, über die der alte Uakha herrschte.
Das konnte dem Monarchen zwar eigentlich gar nicht gelingen, trotzdem durfte man diesen Plan nicht auf die leichte Schulter nehmen, denn Sesostris würde vor keinem Hindernis zurückschrecken.
Medes’ Vermögen beruhte aber größtenteils auf seinen ausgezeichneten Beziehungen zu den Provinzfürsten, die er – über Vermittler – von den Vorgängen am Hofe unterrichtete. Mit Ausnahme von Gergu, der ihm vollkommen verfallen war, wusste kein Mensch, wer Medes wirklich war und welche finsteren Pläne er im Verborgenen schmiedete.
Seit einiger Zeit hatte er größte Schwierigkeiten, den verschiedenen
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