Der Bedrohung so nah (German Edition)
eins: Er würde nicht zulassen, dass sie ihm oder seiner Tochter das Herz brach, ganz egal, wie gut sie küsste.
Er würde seine Triebe in den Griff bekommen. Er brauchte nur etwas Zeit, dann würde er eine andere Frau finden, für die er etwas empfand. Irgendwann würde er sie mit nach Hause bringen und Stephanie vorstellen. Eine Frau, die kochen konnte und ihre Zeit nicht damit verbrachte, Verbrechern hinterherzujagen und mit Waffen zu spielen. Er würde es schaffen, sich von Erin fernzuhalten. Er hatte sich gut genug unter Kontrolle. Und genug Willenskraft hatte er allemal.
In seinen Träumen vielleicht, dachte er frustriert.
Er stand auf der Veranda vor dem Haus und starrte auf die Auffahrt, auf der Erin vor zehn Minuten mit ihrem Streifenwagen davongefahren war. Was hatte er sich nur dabei gedacht, sie so zu bedrängen? Das war nicht seine Art. Und sie hatte es nicht verdient, wie ein Sexobjekt erniedrigt und begrapscht zu werden. So eine Beziehung wollte sie genauso wenig wie er. Was, um alles in der Welt, war nur in ihn gefahren?
Pure Lust. In dem Augenblick war ihm alles egal gewesen. Er hatte sie so sehr gewollt, dass er seine Wut als Vorwand genommen hatte, eine unsichtbare Grenze zu überschreiten. Ganz offensichtlich war bei ihm eine Sicherung durchgebrannt. Er war ja noch nicht einmal mehr in der Lage, ins Haus zurückzukehren, ohne dass Mrs Thornsberry bemerkte, in welcher Verfassung Erin ihn zurückgelassen hatte.
Nick empfand viel zu viel Respekt für Erin – und Frauen im Allgemeinen –, um sie mit so einer offenkundigen Verachtung zu behandeln. Aber er wusste ganz genau, warum er es dennoch getan hatte. Er hatte gehofft, sie mit seinen groben Annäherungsversuchen ein für alle Mal abzuschrecken. Nur leider war sein Plan in dem Moment, als er ihre warme Haut unter seinen Händen gespürt hatte, nach hinten losgegangen.
Ein Blick aus der endlosen Tiefe ihrer grünen Augen, und es war um seine Selbstbeherrschung geschehen. In dem Augenblick, als er ihre süßen Lippen berührt hatte, war er nicht mehr Herr seiner Sinne gewesen. Wie ein Kartenhaus war sein Plan in sich zusammengestürzt.
Als er den besorgten Unterton in Mrs Thornberrys Stimme hörte, drehte er sich um und zog eine Augenbraue hoch.
„Was gibt es denn, Em?“
Die Haushälterin öffnete die Fliegengittertür und reichte ihm sein Handy. „Es ist Hector. Erin hatte einen Unfall.“
Eine Staubwolke wirbelte auf, als Nick in seinem Suburban die Auffahrt hinunterraste. Er griff nach dem Funkgerät.
„Hector, hat sie gesagt, wo sie ist?“
„County Line Road ist alles, was ich verstehen konnte, Chief. Sie hatte Verstärkung angefordert. Es hörte sich dringend an. Sie hat etwas von einer Schrotflinte gesagt.“
„Wo auf der Country Line Road?“
„Bei der Logan Creek Brücke. Soll ich Sie dort treffen?“
Der Name der Brücke ließ ihn für einen kurzen Augenblick stutzen. „Rufen Sie einen Krankenwagen …“
„Ist schon unterwegs.“
„Bis gleich.“ Nick steckte das Funkgerät wieder in die Halterung. Als er in die County Line Road einbog, überkam ihn ein komisches Gefühl. Es war wie ein Déjà-vu. Der Unfall seiner Frau lag zwar fast drei Jahre zurück, doch er erinnerte sich an jedes qualvolle Detail. Sein Herz raste. Erschüttert von dem Sturm der Gefühle, der in seiner Brust wütete, hielt er das Lenkrad fest umklammert und zwang sich zur Ruhe. Er durfte jetzt nicht an Ritas Unfall denken oder die furchtbaren Tage und Monate der Dunkelheit danach.
Er hatte keine Beziehung mit Erin McNeal. Sie bedeutete ihm nichts. Wenn sie sich selbst in Schwierigkeiten gebracht haben sollte und verletzt war – oder gar Schlimmeres –, würde es ihm diesmal nicht in der Seele wehtun, so wie damals, als Rita gestorben war. McNeal war sein Deputy, mehr nicht. Sie hatte ein paar Probleme als Cop, und er gab ihr die Chance, nach einer tragischen Schießerei wieder auf die Beine zu kommen. Sie sah gut aus, und er hatte sich danebenbenommen. Das war alles. Er weigerte sich, weiter in die Tiefe zu gehen und seine Gefühle zu analysieren.
Er hatte nicht vor, das Schicksal herauszufordern und sich mit einer Frau einzulassen, die, ohne mit der Wimper zu zucken, ihr Leben riskierte. Genauso wenig würde er das Herz seiner Tochter aufs Spiel setzen. Egal, wie sehr er sich zu Erin hingezogen fühlte: Eine Beziehung mit ihr kam nicht in Frage. Er würde nicht zulassen, dass sie ihn verletzte. Er würde sie emotional auf Abstand
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