Der Bedrohung so nah (German Edition)
ihr das Herz brechen, wenn Sie sich dazu entscheiden, zurück nach Chicago zu gehen.“
Erin wappnete sich innerlich gegen seine Worte. Er konnte sie nicht verletzen. Es machte ihr nichts aus. Sie war ein Cop. Beziehungen waren nicht ihre Sache. Doch egal, wie sehr sie es sich auch einredete: Es fühlte sich an, als habe er ihr mit einem Bajonett einen Stich genau in den Solarplexus versetzt. Ihren Stolz vergessend drehte sie sich um und verließ fluchtartig die Scheune, ohne sich umzusehen.
Erin hatte sich fest vorgenommen, nicht zu weinen. Nicht schon wieder, um Himmels willen. Offenbar war es zu einer neuen Angewohnheit geworden, seit sie nach Logan Falls gekommen war und auf Nick Ryans Abschussliste stand. Sie stieg in den Streifenwagen und knallte die Tür zu. Warum musste sie auch ständig gegen ihre eigenen Regeln verstoßen? Sie hatten ihr gute Dienste erwiesen, seit Warren ihr das Herz gebrochen und bewiesen hatte, dass die meisten Männer nicht selbstbewusst genug waren, um es mit einer Frau aufzunehmen, die einen gefährlichen Beruf ausübte.
Nur dass Nick Ryan nicht wie die meisten Männer war.
Als sie aus der Auffahrt fuhr, machte sie den Fehler, in den Rückspiegel zu sehen. Sie erhaschte einen Blick auf Stephanie, die auf der Veranda vor dem Haus saß und ihr winkte. Das kleine Mädchen sah so verlassen aus, mit dem Pokal auf dem Schoß, dass Erin schlucken musste. Ungefähr hundert Meter entfernt stand Nick an der Scheunentür, die Arme vor der Brust verschränkt, und sah zu, wie sie davonfuhr.
Beide taten ihr so leid, dass ihr schwer ums Herz wurde. Stephanie, weil sie so gerne ein aktiveres und normaleres Leben führen wollte, und Nick, weil er den Gedanken nicht ertrug, dass seine Tochter auch nur das kleinste Risiko einging. Es konnte einem das Herz brechen. Eine Situation, in der es keinen Sieger geben würde. Es blieb nur die Frage, wer von beiden am Ende mehr verlieren würde.
„Halten Sie sich von Stephanie fern.“
Nick Worte hallten ihr in den Ohren, und sie spürte einen erneuten Stich in der Brust. Zum ersten Mal wurde ihr klar, wie sehr ihr die beiden ans Herz gewachsen waren. Der Gedanke versetzte sie ein bisschen in Panik, was eher untypisch für sie war. Wann würde sie endlich lernen, dass sich ihre Arbeit als Cop nicht mit einem Privatleben vertrug? Vor allem nicht mit Beziehungen zu Männern. Und auch nicht zu deren Kindern.
Es war offensichtlich, dass Nick nichts mit ihr zu tun haben wollte. Zumindest auf der Gefühlsebene. Und eine rein körperliche Beziehung zu einem Mann, der sein Herz nicht riskieren wollte, aus Angst, es zu verlieren, wollte sie nicht. Ganz egal, wie sehr sie sich zu ihm hingezogen fühlte. Nicht, dass sie sein Herz überhaupt haben wollte, erinnerte sie sich selbst streng.
Stephanie hingegen hatte sich bereits in ihr Herz geschlichen, was alles andere als gut war. Vor allem da Nick ihr verboten hatte, das Mädchen zu sehen. Es würde sie nur verletzen, wenn ihre Gefühle noch tiefer wurden. Am besten hielt sie sich von Stephanie fern. Nick wollte sie ohnehin nicht in ihrem Leben haben. Und vielleicht hatte er recht, und es war das Beste, wenn Erin zurück nach Chicago ging und Nick und seine Tochter vergessen würde.
Und Schweine können fliegen, dachte sie ironisch.
Da sie nicht zur Polizeiwache zurückkehren und dort womöglich Hector mit ihrem vom Küssen geschwollenen Mund und rotgeränderten Augen begegnen wollte, bog sie in die County Line Road ab, die stadtauswärts führte. Die Straße war umgeben von Bäumen, die einen grünen Gürtel um Logan Creek bildeten, und war ziemlich verlassen. Mit ein bisschen Glück würde sie ein paar Minuten haben, um sich zu sammeln.
Sie war so versunken in ihre eigenen Gedanken, dass sie den schwarzen Lincoln erst bemerkte, als er ihr fast hinten drauffuhr. Sie trat auf das Gaspedal und stellte die Sirene an. Sie hatte nichts dagegen, einen Strafzettel für zu schnelles Fahren auszustellen.
„Okay, du Raser …“
Noch bevor sie den Satz zu Ende gesprochen hatte, fuhr der Lincoln plötzlich mit seiner Stoßstange von hinten in den Streifenwagen. Der Aufprall schleuderte Erin nach vorn. Überrascht klammerte sie sich ans Lenkrad. Sie drehte den Kopf, um einen Blick auf den Fahrer zu erhaschen, doch genau wie bei dem Auto, das sie vor der Schule angefahren hatte, waren die Fenster dieses Wagens dunkel getönt. Sie warf einen Blick in den Rückspiegel, damit sie den Wagen über Funk melden konnte, doch die
Weitere Kostenlose Bücher