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Der Befehl aus dem Dunkel

Der Befehl aus dem Dunkel

Titel: Der Befehl aus dem Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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möchte ich sagen: Nimm das Anerbieten Jans an. Bedenke, daß wir im Winter kaum hier oben hausen können. Wo wirst du in München eine Wohnung und Raum für ein Laboratorium finden? Dein Bruder schreibt, wir könnten auf seiner Farm wohnen.
    Wir wären aus der ewigen Unsicherheit hier heraus. Daß es Jan mit seinem Anerbieten wirklich offen und herzlich meint, geht doch daraus hervor, daß er das Reisegeld für uns beide für alle Fälle auf die Bank in München überweisen wird.«
    »Ich werde Jans Einladung folgen«, erklärte Georg. »Ich fahre mit dem nächsten Zug nach München zu Tante Mila.«
    »Ich glaube, Lydia, unser Patient ist soweit, daß wir die Reise ruhig wagen können.«
    Lydia nickte Dr. Musterton glücklich lächelnd zu.
    »Du weißt gar nicht, Onkel Musterton, wie ich mich freue, daß wir ihn mitnehmen können. Sieh nur, da kommt er aus dem Garten, er geht doch schon recht ordentlich.«
    Sie deutete auf einen Mann, der langsam dahergeschritten kam – die Augen tief in den Höhlen, das Gesicht bleich und abgezehrt. Niemand, selbst Turi Chan nicht, würde in diesem Manne den Mönch Sifan wiedererkannt haben.
    Dr. Musterton klopfte Lydia freundlich auf die Schulter.
    »Offen gestanden, Lydia, ich hätte diesen glücklichen Ausgang nicht für möglich gehalten. Wenn ich denke, wie wir ihn in der Schlucht fanden mit dem schweren Säbelhieb über dem Kopf! Ich hätte damals überhaupt nicht geglaubt, daß wir ihn lebend hierherbrächten.«
    »Nun, Herr Arngrim, haben Sie in dem Liegestuhl gut geschlafen?« Lydia machte eine Tasse Tee zurecht und reichte sie Arngrim, der sie durstig austrank. Mit einem warmen Dankesblick gab er Lydia die Tasse zurück.
    »Der Schlaf in dieser frischen Bergluft hat mir wunderbar wohlgetan. Das war ein guter Gedanke von Ihnen, Fräulein Allgermissen, daß Sie mich mit sanfter Gewalt aus der Krankenstube holten und mir da drüben im kühlen Schatten den Liegestuhl aufschlugen. Jetzt habe ich auch keine Angst mehr vor der Fahrt in dem Lastauto.«
    »Na, Herr Arngrim, das will ich nicht so ohne weiteres unterschreiben. Die Wunde«, Dr. Musterton deutete auf Arngrims Kopf, der noch einen leichten Verband trug, »wird hoffentlich nicht zu bluten anfangen. Die Erschütterungen auf den abscheulichen Straßen hier oben sind für Patienten von Ihrer Art nicht gerade zu empfehlen. Nun, wir werden sehen. Wenn’s eben nicht geht, legen wir einen Ruhetag ein.«
    »Das möchte ich auf jeden Fall vermeiden, mein lieber Herr Doktor Musterton. Sie haben den Tag Ihrer Abreise schon aufs äußerste hinausgeschoben. Wenn es gar nicht mehr gehen sollte, lassen Sie mich zurück. Ich komme dann eben einige Zeit später nach.«
    »O nein, Herr Arngrim«, rief Lydia, »das werden wir lieber nicht tun. Wer weiß …«
    »… was Sie für Dummheiten machen, Herr Arngrim, wenn Lydia nicht dabei ist«, vollendete Dr. Musterton, »das wolltest du doch wohl sagen, Lydia?«
    Lydia schüttelte drohend die Hand. »Was du nicht alles weißt! Ich gehe jetzt den Teetisch decken.«
    »Unser Sonnenschein!« sagte Musterton, während er Lydia nachblickte. »Wie froh bin ich, daß ich sie damals in mein Haus aufnahm! Es war erstaunlich, wie sie sofort die Führung des Haushalts übernahm, der nach dem Tode meiner Frau wirklich stark in Unordnung geraten war.«
    »Und mich wollen Sie ganz vergessen, Herr Doktor? Ich weiß sehr wohl, was ich Lydia zu verdanken habe.«
    »Zum mindesten haben Sie ihr zu danken«, sagte Dr. Musterton, »daß Sie überhaupt gefunden wurden. Denn nur die guten Augen Lydias konnten Sie da unten in der Schlucht entdecken. Immer wieder, wenn man sich daran erinnert, fragt man sich, wie das geschehen konnte.
    Man kommt zu dem Schluß, Sie müßten vielleicht persönliche Feinde gehabt haben. Haben Sie in der Richtung gar keine Vermutung, Herr Arngrim?«
    »Nein, Herr Doktor.«
    Arngrim wandte sich ab und ging in sein Zimmer. Die Worte, die einer der Mörder ausstieß … die er noch gehört hatte, bevor ihm das Bewußtsein schwand, würden ihm immer im Gedächtnis bleiben: »Turi Chan wird zufrieden sein!«
    Arngrim griff nach den Zeitungen. Jeden Tag erwartete er sie mit Ungeduld. Seine Augen überflogen die politischen Nachrichten.
    Von Woche zu Woche war der Ton der Blätter ernster geworden. Die politischen Verhältnisse der Großmächte im Osten und Westen spitzten sich merklich zu. Am Morgen hatte er unter dem Papier, das man zum Einpacken verwendete, ein paar ältere Zeitungen

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