Der Befehl aus dem Dunkel
Allgermissen. Er hat sie während seines Aufenthaltes im Himalaja vor mehreren Jahren als flüchtige Waise zu sich genommen.«
Es war gut, daß Marian immer noch am Fenster stand und Arngrim den Rücken zukehrte. So konnte dieser nicht sehen, wie bei der Nennung des Namens das Gesicht Marians in Überraschung zusammenzuckte, wie er sich bemühte, seine Selbstbeherrschung wiederzugewinnen, bevor er sich zu Arngrim zurückwendete. Als er es tat, sah er Arngrim nach unten eilen.
»Gut, daß er weg ist«, sagte Marian leise vor sich hin. »Die Überraschung war doch zu groß, um sie im Handumdrehen zu verdauen … Lydia Allgermissen … Es kann ja nicht anders sein, als daß sie die Tochter dieses Professors ist, von dem Lönholdts Tagebuch berichtet … Georg wird Augen machen …«
Was Marian sich vorgenommen hatte, Georg eine möglichst große Überraschung zu bereiten, war ihm völlig gelungen. Nach langem vergeblichen Rätselraten war Georg endlich auf das kaum Denkbare gestoßen: Lydia Allgermissen, die Tochter Professor Allgermissens, war hier in Georgetown …
Aber sobald er sich von der Überraschung erholt hatte, verfiel er in ernstes Nachdenken. Er hatte Arngrim gegenüber nie etwas von seinen Arbeiten, insbesondere nicht von denen mit Allgermissens Verstärker, erwähnt, obwohl er inzwischen öfter mit ihm zusammengekommen war. Wenn er sein Geheimnis weiter bewahren wollte, durfte er von der Gegenwart Lydia Allgermissens keine Notiz nehmen, obwohl es ihn drängte, mit ihr über ihren Vater und jene Ereignisse in Irkutsk zu sprechen. —
Er ging zu seinem Verstärker, betrachtete ihn sinnend. Eine neue Schaltung war in den letzten Tagen fertig geworden. Georg hatte sich sehr gefreut, als heute morgen ein Brief von Clennan kam, in dem dieser seinen Besuch für den nächsten Tag ankündigte. Der würde staunen!
Da schoß Georg ein lustiger Gedanke durch den Kopf. Er ging zum Fenster und schaute prüfend die Straße entlang, auf der Clennan kommen mußte. Es mochten vier bis fünf Kilometer sein, die einzusehen waren. Mit Jans schärfstem Feldstecher würde er auf diese Entfernung Clennan mit seinem Wagen zweifellos feststellen können. —
Am nächsten Vormittag stand er mit Jan an demselben Fenster und beobachtete mit ihm die Straße. Wirklich tauchte zu der vermuteten Zeit ein Kraftwagen auf dem Kamm des Hügels auf.
Jan schrie: »Los! Da kommt er!«
Georg stand im Nu unter der Eingangsantenne des Verstärkers und gab in Gedanken den Befehl, sofort zu halten. —
»Anscheinend großer Klamauk in dem Wagen. Clennan schimpft mit dem Chauffeur«, sagte Jan lachend. »Aha, jetzt steigt Clennan aus und setzt sich selbst an das Steuer. Nun aber mal tüchtig, Georg!« —
Georg, der jetzt das Glas vor Augen hatte und sich die Szene ansah, ließ plötzlich das Glas sinken.
»Ei, zum Teufel, Jan! Das ist ja gar nicht Clennan. Das ist ja ein Fremder!«
»Nun, schaden tut’s ja weiter nichts«, meinte Jan etwas verlegen. »Jetzt sind sie wieder eingestiegen. Der Wagen fährt an.«
»Das nächste Mal werde ich aber vorsichtiger sein«, sagte Georg.
Das erste Auto war schon unten im Tal verschwunden, da tauchte ein zweites auf der Anhöhe auf. Georg konnte mit Sicherheit Clennans Gestalt am Steuer erkennen.
»Jetzt los, Jan! Diesmal ist’s der Richtige.« —
Als Clennan zehn Minuten später in das Haus trat, wurde er von Jan und Georg mit lautem Gelächter empfangen.
»Aber, Herr Clennan!« rief Jan, »Sie machten ja eine verteufelte Fahrerei auf dem holprigen Acker.«
Clennan streckte ihm drohend die Faust entgegen.
»Natürlich! Sie waren es, der diesen schönen Scherz mit mir gemacht hat! Habe ich mir gleich gedacht.
Aber mögen Sie mich auch noch so sehr ausgelacht haben, mit diesem Scherz haben Sie mir eine Probe gegeben«, hier drückte er Georg die Hand, »die mich für Ihren Spaß reichlich entschädigt. War das das Maximum der Reichweite oder …«
»Die neue Schaltung ist erst gestern fertig geworden. Ich habe andere Versuche noch nicht gemacht. Jedenfalls steht fest, daß ich jetzt auf fünf Kilometer mit Sicherheit wirken kann. Aber Sie kommen zur rechten Zeit, heute nachmittag wollte ich weitere Versuche anstellen.«
»Das paßt ja ausgezeichnet«, sagte Clennan. »General Scott will sich von Dale nicht mehr länger hinhalten lassen. Er brennt darauf, Sie persönlich kennenzulernen und Proben Ihres Apparates zu sehen.«
Als sie sich am Abend zu Tisch setzten, waren sie alle in sehr
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