Der Befehl aus dem Dunkel
dir nichts auf, Georg, während du mit Clennan sprachst?«
Der sah verwundert auf. »Nicht daß ich wüßte! Wie kommst du darauf?«
Marian sagte: »Es gefiel mir nicht, wie Clennan am Telefon sprach. Gewiß, es war seine Stimme, aber ihr Klang … so eintönig, leblos, als spräche eine Puppe.«
Georg lachte laut heraus: »Marian, du scheinst mir neuerdings an Einbildungen zu leiden. Clennan sprach durchaus vergnügt und munter. Mir scheint es eher, er hätte noch lebhafter als sonst gesprochen.«
»Ich meine nicht die Worte, die er sprach … den Ton, in dem er es sagte.«
»Nun laß aber gut sein, alter Junge! Ich werde Clennan zum Spaß von deinen Halluzinationen erzählen.« —
Die Uhr von St. Mary’s Cathedral in Canberra schlug das zweite Viertel nach elf, als Georg Astenryk seinen Kraftwagen auf einem Parkplatz am Victoria Square abstellte. Wenige Minuten später betrat er Clennans Wohnung. Daß die Tür schon offen stand, als er klingeln wollte, fiel ihm nicht weiter auf. Der Freund mochte ihn wohl schon vom Fenster aus gesehen haben.
Er ging in das Arbeitszimmer. Erstaunt sah er um sich, Clennan war nicht hier. Er wandte sich um und wollte den Raum verlassen, da war es ihm, als riefe ihn etwas zurück. Gleichzeitig hörte er die Portiere zum Nebenzimmer rauschen. Er wollte sich schnell herumdrehen, fühlte aber plötzlich eine solche Schwere in den Füßen, daß er nur den Kopf wenden konnte. Der Mann da … Georgs Augen weiteten sich. Wie ein elektrischer Schlag durchzuckte es ihn beim Anblick der Gestalt, die jetzt auf ihn zukam. Mit ungeheurer letzter Willensanstrengung raffte er sich zusammen. Mit geballten Fäusten, blitzenden Augen, die Kiefer fest aufeinandergepreßt, verharrte er sekundenlang.
Plötzlich jedoch stand er völlig apathisch da und hörte mit gleichgültigem Ohr die Worte, die jetzt zu ihm drangen:
»Sie wollten Herrn Clennan besuchen, Herr Astenryk. Ihr Freund ist leider verhindert, Sie hier zu empfangen. Doch sein Aufenthaltsort ist mir bekannt. Ich werde Sie sofort zu ihm bringen. Er wartet mit Sehnsucht auf Sie. Gehen Sie bitte voran. Wir werden zu dem Parkplatz gehen und Ihren Wagen benutzen. In kurzer Zeit werden Sie Freund Clennan wiedersehen.« —
Von Georgs Arm, Turi Chans Willen gelenkt, rollte der Wagen durch das Straßengewühl nach Norden aus der Stadt heraus, bis er vor einem Landhaus hielt. Wohl eine Stunde saßen sie dort in einem kahlen, nüchternen Raum des Erdgeschosses. Dann erhob sich Turi Chan mit einer leichten Verneigung:
»So weiß ich denn alles, was Sie dachten und wollten mit Ihrem Verstärker. Ich werde meine weiteren Maßnahmen danach einrichten. Nochmals meinen besten Dank für Ihre wertvollen Mitteilungen, Herr Astenryk.
Bitte, folgen Sie mir jetzt! Ich werde Sie zu Ihrem Freund Clennan bringen.« Er führte Georg in den Keller, schloß eine Tür auf und stieß ihn hinein. Einen Augenblick stand Georg verwirrt, wie betäubt, da klang es an sein Ohr:
»Sie sind’s, Herr Astenryk? Also doch!«
Die Stimme schien aus dunkler Tiefe zu kommen.
»Clennan?«
»Gewiß, ich bin’s. Doch halt! Bewegen Sie sich nicht weiter. Ich bin gleich bei Ihnen. Vor Ihnen liegen mehrere Stufen.
So! Jetzt bitte!« Damit griff Clennan Georg beim Arm und führte ihn wohl ein halbes Dutzend Stufen hinunter. »So, da wären wir.«
Er fühlte, wie Georgs Hände seinen Arm wie mit eisernen Klammern umspannten. »Ist’s denkbar, Clennan, daß wir beide Opfer dieses Turi Chan geworden sind?« kam es heiser vor Wut und Haß aus Georgs Mund.
»Lassen Sie, Herr Astenryk! Sprechen Sie noch nicht! Vermutlich hat Sie das Ungeheuer eben erst aus seinem Bann entlassen. Kommen Sie hierher, setzen Sie sich an den Tisch. Allmählich werden Sie sich an die Dunkelheit gewöhnen. Das kleine Luftloch da oben läßt so viel Licht herein, um bei Tage das Notwendigste zu erkennen. Hier, nehmen Sie das Glas. Es ist ein ganz anständiger Wein. Genügend Vorrat ist da. Zu Ihrer Linken steht auch ein Kasten Tabak. Rauchen können wir also.«
Lange Zeit saßen sie sich schweigend gegenüber.
Mit einem Male fuhr Georgs Faust donnernd auf den Tisch herunter. Ein Gelächter brach aus seiner Kehle, daß Clennan sich entsetzt zu ihm hinüberbeugte, ihm die Hand um die Schultern legte.
»Lassen Sie, Clennan! Keine Angst, daß ich verrückt geworden bin. Ist doch alles tatsächlich zum Lachen! Wir – noch vor wenigen Stunden im Hochgefühl unserer Macht – lassen uns von diesem
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