Der Befreier der Halblinge: Roman (German Edition)
beruhigen, als er an das Lager herantrat. Die Augen des Königs blickten ins Nichts. Der fiebrige Glanz und die Schweißperlen auf seiner Stirn bedeuteten nichts Gutes. » Herzog Damvan ist mit dem Heer gekommen, auf das Ihr so gewartet habt, mein Hochkönig « , sagte Kalamtar.
Candrics Blick traf den Ankömmling. » Damvan! Ihr seid es wirklich. Die Götter scheinen uns doch nicht vergessen zu haben! «
Er richtete sich nun erst recht auf, um Damvan besser sehen zu können. Dem Herzog von Caplanien fiel der blutdurchtränkte Verband auf, den man dem Hochkönig angelegt hatte. » Vorwärts! Wir brechen sofort auf. Keine Nacht werden wir noch hier in Ogla bleiben, sondern… « Er beendete den Satz nicht.
» Ihr solltet Euch ausruhen « , hielt Damvan dem entgegen.
» Nein, Damvan! Ruhen kann ich noch, wenn ich die Augen für immer geschlossen habe. Wir müssen dieses Dämonenheer schlagen. Wir müssen sie bekämpfen, sonst werden sie in so großer Zahl auch in Beiderland einfallen. Das darf ich nicht zulassen! Und Ghool… die Lanze… die Lanze… « Er sank zurück auf sein Lager.
» Heute ist es bereits zu spät für einen Aufbruch, mein König « , sagte Damvan. » Abgesehen davon haben die Männer einen anstrengenden Ritt hinter sich. Wir sind Tag und Nacht unterwegs gewesen, um uns hier mit Eurem Heer zu vereinen. «
Candric schloss die Augen. Sein Atem wirkte etwas ruhiger. Aber auch flacher.
» Dann werden wir morgen aufbrechen. Es soll alles bereit gemacht werden. Den Göttern sei Dank, dass Ihr gekommen seid, Damvan. «
Noch in der darauffolgenden Nacht traf sich Kalamtar mit den Befehlshabern seiner Truppen, die aus Gaa zurückgeflutet waren. Alle diese Befehlshaber entstammten wichtigen Adelshäusern des Reiches Ambalor. Und Kalamtar stellte sie vor eine wichtige Entscheidung.
» Wir werden bald einen neuen Hochkönig bestimmen müssen « , war er überzeugt. » Nachdem König Nergon in der Schlacht fiel, hat Ambalor keinen König mehr, und folglich wird niemand daran denken, einen Ambalorer zum Nachfolger zu bestimmen, zumal auch andere Reiche Ansprüche stellen werden. Allerdings mangelt es derzeit an geeigneteren Königen. «
» Ihr wollt doch nicht etwa in aller Hast zum König gekrönt werden, Truchsess? « , fragte einer der Versammelten.
» Es wäre in Ambalors Interesse « , gab der Truchsess zu bedenken.
» Und die königliche Familie? Der minderjährige Thronfolger? « , fragte ein anderer der Männer. » Wir würden das uralte Gesetz Ambalors brechen « , gab ein dritter zu bedenken.
» Aber wenn wir jetzt einen König bestimmen, dann wäre jemand da, der würdig ist, König Candric als Hochkönig zu folgen. Nur Könige können diese Bedingung erfüllen, das wisst Ihr so gut wie ich. «
Nun herrschte Schweigen im Raum. Bedrücktes Schweigen, denn ihnen allen war durchaus bewusst, dass Kalamtar recht hatte.
» Die Interessen des alten Königshauses müssen im Zweifel hinter denen Ambalors zurückstehen « , erklärte schließlich einer der Adligen, dessen grauer Bart darauf schließen ließ, dass er der Älteste im Raum war.
» Der Hochkönig lässt sich nicht davon abbringen, morgen aufzubrechen « , erklärte Kalamtar dann. » Er ist von Ehrgeiz zerfressen, glaubt, dass er die Magische Lanze vielleicht noch irgendwo in den Trümmern von Gaa wiederfinden könnte. «
» Das bedeutet, die Entscheidung muss in dieser Nacht fallen « , stellte der Bärtige fest. » Wenn wir das angestammte Königshaus übergehen, riskieren wir einen Bürgerkrieg in unserer Heimat. «
» Und wenn wir es nicht tun, riskieren wir, dass Haraban doch noch Hochkönig wird und daran vielleicht sogar das Bündnis gegen Ghool endgültig zerbricht « , gab Kalamtar zu bedenken.
» Stimmen wir ab « , sagte der Bärtige. » Eine solche Entscheidung kann nur getroffen werden, wenn zumindest unter uns Einigkeit besteht! «
Ankunft in Utor
Der Statthalter von Utor empfing Arvan und seine Gefährten im Palas seiner Burg. Sein Name war Mendos, und er regierte schon in siebter Generation die Provinz am Waldsee für den Immerwährenden Herrscher Haraban. So lange war es bereits her, dass Haraban dieses Amt erblich gemacht hatte. All diese Vorgänger hatten ebenfalls den Namen Mendos getragen.
» Ich freue mich über den hohen Besuch « , sagte der Statthalter, ein beleibter Mann in mittleren Jahren. Er trug ein weit geschnittenes Wams, einen Zierdolch mit edelsteinbesetztem Griff und die goldene Kette des
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