Der beiden Quitzows letzte Fahrten
fuhr er leise fort, »werdet Ihr Euch hier heimisch fühlen? Werdet Ihr hier ruhig abwarten, bis es mir gelungen ist, Euch Euren Vater wieder zuzuführen?«
»Ihr habt mich zum höchsten Danke verpflichtet nicht nur durch meine Rettung, sondern auch durch Eure Vorsorge, mir hier bei dieser lieben Frau ein Unterkommen verschafft zu haben. Dank, Dank Euch und –« hauchte sie mehr als daß sie die Worte sprach – »kehrt bald zurück!«
Sein Abschied von Frau Hedwig und Brunhilde war, wenn auch aus verschiedenen, leicht verständlichen Gründen, gepreßt, erzwungen, und als Herr Hans, nachdem sie in den Saal zurückgekehrt waren, scherzend fragte: »Na, Henning, willst Du nicht lieber hier bleiben, als mit dem Kremzower oder mit Vetter Friedrich Brunhilden’s Vater wegen anzubinden,« erwiderte er:
»Brunhildens wegen binde ich, wenn es sein muß, mit der gesammten Ritterschaft an!«
»Ho! Ho! mein Junge!« lachte der Ritter, »Vetter Friedrich wird Dir allein schon zu schaffen machen!«
»Gleichviel, ich weiche nicht zurück!«
Als Henning am folgenden Morgen sein Pferd bestiegen und einen letzten Händedruck mit seinem Ohm gewechselt hatte, richtete er wohl nur zufällig noch einen Blick nach den Frauengemächern, und ohne Zweifel war es nur ein Spiel seiner erregten Phantasie, als er an einem Fenster einen Moment eine Frauengestalt bemerkt zu haben glaubte.
»War es Brunhilde, welche mir noch einen Abschiedsblick zusandte?«
Eine bestimmte Antwort auf diese sich selbst vorgelegte Frage mochte ihm wohl eine innere Stimme ertheilt haben, denn seine anfangs umdüsterten Züge klärten sich auf, und wenn auch nicht besonders wohlgemuth, so doch wenigstens zufrieden und entschlossen ritt er zum Thore hinaus und in der Richtung nach Friedland weiter.
Fünfzehntes Kapitel
Verrechnet
Auf Garlosen herrschte seit einigen Tagen ein arges Treiben und die große Anzahl der im Hofe sich tummelnden Gewappneten ließ darauf schließen, daß nicht nur demnächst eine Fehde auszutragen sei, sondern daß der Strauß auch mit einem gewaltigen Gegner aufgenommen werden sollte. Außer den Mannen der Besitzer von Garlosen waren auch noch Knappen eines fremden Ritters bemerkbar, und der Ausruf des einen der Kriegsknechte gab bald genügenden Aufschluß darüber, wer mit den auf dem festen Schlosse hausenden Rittern, die in Folge ihrer, den Landfrieden nichts weniger als dienenden Beschäftigung dem Markgrafen Friedrich immer verhaßter wurden, gemeinschaftliche Sache zu machen beabsichtigte.
»Beim Heyso von Steinfurth,« rief der eine Knecht, »habt Ihr also auch seit langer Zeit keinen lustigen Tanz mehr aufzuführen gehabt? Dann tröstet Euch nur mit uns hier auf Garlosen. Ritter Claus scheint seine Klinge verrosten zu lassen und auch die Herren von dem Kruge haben es seit vergangenem Herbst vorgezogen, auf Garlosen festzusitzen; denn irgend einem Kaufmanne seine Wagenladung und den Beutel etwas erleichtern oder einen zitternden Juden zum Teufel zu jagen und seine Schätze hier zu bergen, will mir als keine besondere Waffenthat dünken!«
»Ich kann Dir nur beistimmen, möchte Dir aber rathen, vorsichtiger in der Kundgebung deiner Ansichten zu sein, denn namentlich Claus von Quitzow scheint heut außergewöhnlich gereizt zu sein, und auch Herr Thomas von dem Kruge befindet sich in einer so bösen Stimmung, daß ich ihm gern aus dem Wege gehe. Ich freue mich, mit dem brummigen Ritter nichts thun zu haben.«
In der That hörte man in diesem Augenblicke die zornig scheltende Stimme des Ritter Thomas, vermochte indeß nur abgerissene Worte zu verstehen, nach welchen darauf geschlossen werden durfte, daß die auf den Abzug der Mannen bezüglichen Vorschriften nicht genügend befolgt worden waren.
Oder hatte Herr Thomas noch einen anderen Grund unzufrieden zu sein? Fast schien es so, denn auch die vier Ritter, welche im eifrigen Gespräch im Saale saßen und den Humpen so oft leerten, daß der alte Cuno, als er auf seinem Wege vom Saale in den Keller Balthasar begegnete, heute zum ersten Male seufzend erklärte, seine Kräfte reichten nicht mehr zum Dienste als Kellermeister aus, unterhielten sich keineswegs ruhig.
»Mir erscheint trotz Allem, was Ihr uns jetzt mitgetheilt habt, die ganze Sache verdächtig!« rief der alte Boldewin. »Der Markgraf sollte eine so bedeutende Summe Geldes durch eine Menge Reisige begleiten lassen, die vermöge ihrer großen Zahl nothwendig viel Aufsehen erregen und auf den hohen Werth der
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