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Der beiden Quitzows letzte Fahrten

Der beiden Quitzows letzte Fahrten

Titel: Der beiden Quitzows letzte Fahrten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Lichtung stehen geblieben und beobachtete die jammernde Gräfin.
    In dem Augenblick, als Letztere durch ihre Bewegung zu erkennen gegeben, daß die Lichtung ihr nicht fremd sei, wandte der Graf sich zu Marie:
    »Jetzt, mein Kind, bitte den Allgütigen um seinen Beistand!«
    Er eilte in das Gebüsch und trat eben an einer der Gräfin durch den starken Stamm verdeckten Stelle auf die Lichtung, als die Unglückliche laut zu jammern und zu klagen begann.
    Als sie fragend rief: »Wo ist mein Gemahl?« den Blick starr auf eine Stelle gerichtet, die Hände verzweiflungsvoll rang und eine Bewegung machte, als wolle sie Jemand umfassen, antwortete plötzlich unmittelbar neben ihr eine bebende Stimme:
    »Wanda! Meine Wanda! Hier bin ich ja!«
    Wie von einem electrischen Schlage berührt, fuhr sie auf und wandte sich nach der Seite, von welcher diese wenigen Worte in ihr Ohr gedrungen waren.
    Groß, starr sah sie den vor ihr stehenden Grafen an, ihr Blick haftete fest auf den Zügen desselben, alles Leben schien zu stocken in ihr.
    »Wanda, meine theure Wanda!« rief er noch einmal, »kennst Du mich denn nicht? Ich bin ja Dein Edward!«
    Seiner selbst kaum mehr mächtig, breitete er die Arme aus. Noch immer verharrte sie aber in unbeweglicher Haltung.
    Als er aber zum drittenmale fragte:
    »Wanda, kennst Du Deinen Edward, Deinen Gatten nicht mehr?«
    Da wich die Starrheit ihres Blickes, ein Zittern durchlief ihren Körper, verlangend erhob sie ihre Arme, ein markerschütternder Aufschrei entrang sich ihrer Brust, und sie wäre zu Boden gesunken, wenn der Graf sie nicht in seinen Armen aufgefangen hätte.
    Langsam, vorsichtig ließ er die Bewußtlose auf die weiche Moosdecke und an der Stelle, wo sie gestanden, niedergleiten.
    Suteminn, welcher sich in Voraussicht eines derartigen Ereignisses mit entsprechenden medicinischen Mitteln vorgesehen hatte, eilte rasch hinzu, händigte sie dem Grafen ein und dieser bemerkte nach Anwendung derselben zu seiner unaussprechlichen Freude bald die ersten Regungen des wiederkehrenden Lebens.
    Ueber sie gebeugt, beobachtete er das Wachsen der neu erwachenden Kraft und endlich schlug sie das Auge auf.
    Einen Moment nur haftete ihr Blick auf dem thränenfeuchten Antlitz des sie liebevoll beobachtenden Gatten, denn schlang sie beide Arme um ihn und zog ihn zu sich herab:
    »Edward, geliebter Edward, habe ich Dich wieder? Ist es auch keine Täuschung? Nein, nein, Du bist es! o Gott, wie glücklich bin ich nun!«
    »Ja, meine theure Wanda, geliebtes Weib, wir sind wieder vereint!«
    Die Mattigkeit überwältigte sie indeß so schnell schon wieder, daß sie den halb erhoben gehaltenen Kopf wieder zurücklegte und, ohne noch ein Wort weiter zu sprechen, unter den Liebkosungen des Gatten wieder die Augen schloß.
    Mit Aufbietung der äußersten Vorsicht, um ihren Schlummer nicht zu stören, suchte er ihre ihn noch umschlungen haltenden Arme zu lösen, um sich erheben zu können.
    Ungeachtet aller Behutsamkeit seinerseits, erwachte sie doch und preßte ihn, liebevoll ihm in’s Auge sehend, schweigend auf’s Neue an sich.
    Plötzlich schreckte sie empor.
    Eine namenlose Angst prägte sich in ihren wirr umhersuchenden Blicken aus.
    »Meine Kinder! Um Gotteswillen, wo sind unsere herzigen Kinder?«
    »Sei beruhigt, liebste Wanda,« begütigte ihr Gatte sie unter Küssen, »unsere beiden Kinder sind bei uns! Stärke Dich erst durch ruhigen Schlummer, dann sollst Du sie bald bei Dir sehen!«
    »O Gott, ja, dann bin ich ruhig, nun –«
    Weiter vermochte sie nicht zu sprechen, denn im nächsten Moment bereits lag sie wieder in den Banden des Schlafes.
    Nunmehr gelang es ihm auch, frei zu werden.
    Mit Hülfe Suteminn’s, welcher vor ihrer Abfahrt vom Hause anscheinend alle Möglichkeiten in Berücksichtigung gezogen und eine Anzahl Tücher mitgebracht hatte, wurde der Schlummernden ein bequemes Lager bereitet, und während der Ritter nun, bei dieser Wache haltend, zurückblieb, eilte der Graf zu den noch immer auf der früheren Stelle seiner harrenden Kindern zurück.
    An seinen glückstrahlenden Mienen, in seinem Auge erkannten Detlev sowohl als Marie, daß er ihnen etwas besonders Frohes mittheilen werde. Ersterer bedurfte keiner Erklärung, die Thräne in seinem Auge und der halblaute Ausruf:
    »Dem Himmel sei Dank für Gewährung meiner Bitte!« bekundeten hinlänglich, daß er erkannte, weshalb sein Vater so freudig bewegt sei.
    Marie dagegen eilte ihm rasch entgegen.
    »Vater, lieber Vater,« rief

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