Der beiden Quitzows letzte Fahrten
von Güntersberg war mit der Probe, welche der neue Dienstmann abgelegt hatte, gar wohl zufrieden, obgleich es ihm auf der andern Seite auch nicht gleichgültig war, daß er einen Kempen, der den öffentlichen Ritterschlag empfangen, so gut und kraftvoll bedient hatte. Er freute sich innerlich, daß ihm der Gedanke nicht gekommen war, selbst zur Waffe zu greifen, denn in diesem Falle wäre es ihm ebenso gegangen wie seinem Waffengefährten, welchem seine unzeitige Hitze nur Demüthigung eingetragen hatte.
»Du hast das Deinige gelernt,« sagte er, »und kannst auf Güntersberg bleiben, so lange es Dir gefällt. Nun sage auch, wie Dein Name heißt!«
»Ich nenne mich Henning Friedländer und werde Euch ehrlich zu Diensten sein in allen Stücken, die ich auszurichten vermag!«
»Das wird Dir gute Früchte bringen; doch wirst Du von dem Kriegsdienste auf dem Felde wohl entbunden bleiben. Mein Töchterlein Brunhilde wird Deiner genugsam für die Jagd bedürfen, und Du sollst auch sonst ihr Schutz sein zu aller Zeit. Es kann gar balde kommen, daß ich von ihr gehen muß, und dann will ich sie Deinen Händen anvertrauen, damit Du über sie wachest und sie behütest vor aller Fährlichkeit. Jetzt magst Du zu ihr gehen und ihr sagen, daß ich Dich für sie in Ding genommen habe!«
Henning Friedländer dankte seinem neuen Herrn für die ihm bewiesene gute Gesinnung und begab sich nach der Seite, auf welcher die Gemächer Brunhildens lagen. Die Magd des Fräuleins öffnete ihm, und nun stand er ja auf einmal vor ihr, von der er gewünscht hatte, daß ihr Auge auf ihm ruhen möge.
Am Fenster stehend, hatte sie dem Kampfe zugeschaut und mit klopfendem Herzen den jungen, schönen und unbekannten Helden bewundert, der so leicht wie im Spiele den Gegner zu Boden streckte und ihm mit kunstvollem Streiche die Waffe aus den Händen schlug. Wer war er? Ein gewöhnlicher Knecht, der froh sein mußte, einen Dienst zu finden? Es widerstrebte ihrem Innern, dieses anzunehmen, und doch konnte es nicht gut anders sein. Und als er jetzt vor ihr stand, so hoch, so stolz, trotz aller Demuth vor der Herrin, deren Befehle er zu erfüllen hatte, da wollte es ihr nicht gelingen, das gewöhnliche Du auszusprechen, und ihre Stimme klang in jenem Ungewissen Tone, welcher so gern den Hörer in süßen Banden gefangen nimmt.
»Ihr seid von dem Vater zu mir gesandt, wie die Gesindin mir sagte. Welche Botschaft habt Ihr mir zu sagen?«
»Eine Botschaft, welche mir die liebste und wertheste ist, welche ich jemals ausgerichtet habe, obgleich ich nicht weiß, ob Ihr mit ihr zufrieden sein werdet: ich bin von Herrn Simon in Dienst genommen, um Euch in Allem treulich an der Seite zu stehen. Vergebt mir, Jungfrau, daß ich diesen Dienst ergriffen habe, ohne erst Euer Wort zu hören!«
»Ihr konntet ja nicht anders, und des Vaters Wille ist mir recht und gut. Aber noch weiß ich nicht, von wannen Ihr kommt und wie Euer Name klingt.«
»Ich komme aus weiten, fernen Landen und war zuletzt in den Gegenden, welche man Syrien und Palästina nennt; mein Name heißt Henning Friedländer; ich habe im gelobten Lande und bei den Türken und Sarazenen der Beitze sorgfältiglich obgelegen und gar Vieles erfahren und gelernt, was man hier bei der Jagd nicht kennt und weiß; die Vögel, welche ich mitgebracht, sind auf dortige Weise abgerichtet, und ich denke, daß sie Euch manch’ einen trefflichen Fang bereiten werden.«
»Ich hoffe es. Schon heut Morgen bin ich mit meinem Falken ausgewesen; aber ich habe keine Beute gemacht, und einer der Stößer ist mir sogar davongegangen. Da erregen nun Eure Worte das Verlangen in mir, die neuen Thiere so bald wie möglich kennen zu lernen, und ich möchte Euch fragen, ob Ihr trotz der ermüdenden Wanderung bereit sein könntet, heut’ noch einen Jägerzug mit zu unternehmen.«
»Ich bin nicht ermüdet und gehorche Eurem Befehle sehr gern. Wollt mich nur benachrichtigen, wann Ihr zum lustigen Ritte fertig seid; ich werde immer in Bereitschaft stehen.«
Nicht lange Zeit später öffnete sich das Thor und eine ziemlich ansehnliche Gesellschaft ritt aus demselben hervor. Herr Simon von Güntersberg wollte gern die Kunst des neuen Falkenmeisters sehen und hatte sich deshalb entschlossen, an der Jagd theilzunehmen. Janeke von Stegelitz hatte sich ihm wohl oder übel angeschlossen, und zur besonderen Bedienung der beiden Ritter war auch der Wachtmeister Elias Siebenhaut auf seinen Gaul gestiegen. An der Spitze ritten die Herren,
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