Der Benedict Clan 01 - Auf immer und ewig
Wahrheit übersehen, um die Ehre einer Lady zu schützen."
„Mit anderen Worten, ja, Sie haben ihr Geburtsdatum gefälscht."
Mr. Lewis stimmte dem mit einem Seufzen zu.
„Sie haben eine Schwäche für die Damen, nicht wahr?"
Melville erhob Einspruch gegen diese Frage, dem stattgegeben wurde. Berrys Anwalt spitzte die Lippen und dachte einen Moment nach, ehe er seine Frage neu formulierte.
„Würden Sie meinen, es sei richtig zu behaupten, das schwache Geschlecht habe gelegentlich Ihre Gutmütigkeit und Ihren Respekt vor demselben missbraucht, wenn es darum ging, einen Gefallen von Ihnen zu erbitten?"
„Ich habe keine Ahnung, was Sie meinen", gab Mr. Lewis zurück.
Der Anwalt lächelte dünn. „Dann muss ich wohl direkter werden, Mr. Crompton. Haben Sie jemals auf die Bitte einer Frau hin eine Leiche ins falsche Grab gelegt?"
Daraufhin ließ sich lautes Gemurmel im Publikum vernehmen. Aus den Gesprächsfetzen, die sie aufschnappte, konnte Regina heraushören, dass es weniger die Tatsache als solche war, die die Zuhörer bewegte, sondern die Frage, wer es wohl gewesen war, dem Mr. Lewis diesen Gefallen getan hatte.
Mr. Lewis wartete, bis wieder Ruhe eingekehrt war, und sagte dann mit verdächtiger Offenheit: „Es kommt ganz darauf an, was Sie mit dem falschen Grab meinen."
„Haben Sie, oder haben Sie nicht einen leeren Sarg bei dem Grabmal beigesetzt, das von dem rechtmäßigen Ehemann der Frau gekauft und bezahlt wurde, um dann heimlich mitten in der Nacht die Frau an der Seite eines anderen Mannes zu begraben?"
„Oh, auf diese Geschichte wollen Sie hinaus", sagte Mr. Lewis. Lächelnd lehnte er sich auf seinem Stuhl zurück und verschränkte die Hände vor dem Bauch. „In dem Fall muss ich wohl mit einem Ja antworten."
Das Gemurmel im Saal schwoll wieder an. Regina, die Mr. Lewis inzwischen recht gut kannte, beobachtete ihn mit einiger Skepsis. Für den Verteidiger jedoch schien der Fall klar zu sein, denn er begann sogleich auf einem Schuldeingeständnis herumzureiten.
„Und Sie sehen in dieser abscheulichen Handlungsweise keine direkte Verletzung Ihrer viel gepriesenen ethischen Grundsätze?"
„Nein, das kann ich nicht behaupten", erwiderte Mr. Lewis nach einigem Nachdenken. „Ich ließ mich nicht dafür bezahlen, wissen Sie. Und da bis zu diesem Moment niemand davon wusste, hat es keinem Menschen wehgetan."
„Sie betrachten es nicht als schändlichen Betrug an dem Ehemann, der die Beerdigung bezahlte und der in dem Glauben war, nach seinem Tod bis in alle Ewigkeit an der Seite seiner rechtmäßigen Gattin ruhen zu können?"
Mr. Lewis rieb sich die Nase. „Nun, das ist es ja gerade."
Der Anwalt seufzte. „Was meinen Sie damit?"
„Sie war es nicht."
„Was war sie nicht?"
„Seine rechtmäßige Gattin." Mr. Lewis lächelte geduldig.
„Das ist ja lächerlich. Es wurde doch bereits festgestellt, dass die Frau, von der hier die Rede ist, mit dem fraglichen Mann verheiratet war."
„Nun, ja, das könnte man sagen", stimmte Mr. Lewis ihm zu, um sich gleich darauf an den Richter zu wenden. „Vielleicht darf ich hierzu eine kleine Geschichte erzählen, Euer Ehren, damit auch jeder den Sachverhalt versteht?"
„Das wird nicht notwendig sein", sagte Berrys Anwalt kurz und bündig. „Was wir von Ihnen wissen wollen, ist, weshalb Sie die Tote nicht ins richtige Grab gelegt haben."
„Das will ich ja gerade alles erklären", meinte Mr. Lewis vorwurfsvoll. Wieder wandte er sich an den Richter. „Euer Ehren?"
„Stattgegeben", antwortete der Richter mit einer lässigen Handbewegung.
Empört fuhr der Anwalt herum. „Dieses Procedere ist höchst ungewöhnlich, Euer Ehren. Ich muss darauf bestehen, dass der Zeuge angewiesen wird, die Fragen in der vorgeschriebenen Art und Weise zu beantworten."
Durch seine Bifokalbrille musterte der Richter den Mann, der sich vor ihm aufgebaut hatte. „Was die jeweils vorgeschriebene Art und Weise ist", sagte er mit seinem gedehnten Südstaaten-Akzent, „das bestimme ich. Im Moment ist es eine Geschichte." Er wandte sich ab. „Mr. Crompton?"
Mr. Lewis nickte anerkennend, hütete sich jedoch, Triumph zu zeigen. „Nun", sagte er, „es fing alles damals, im letzten Jahr der großen Depression an. Ein Mädchen aus unserer Gegend brannte mit dem Tunichtgut des Ortes durch. Ihre Familie setzte den beiden nach und fand das Paar in Arkansas. Der Vater des Mädchens und ihre zwei Brüder waren so aufgebracht, dass sie in ihrer Wut den Jungen
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