Der Benedict Clan 01 - Auf immer und ewig
früh wie ein Feiertag. Dann sollten Sie wohl die Brötchen noch einmal aufwärmen. Das heißt, falls Regina und ich welche übrig gelassen haben."
Regina spürte, dass eine wortlose Kommunikation zwischen den beiden stattfand, eine stumme Übereinstimmung. Man merkte deutlich, dass sich ihre Beziehung über lange Jahre hinweg eingespielt hatte. Dora, ein große, grobknochige Schwarze mit indianischem Einschlag, schien ein wesentlicher Bestandteil des Haushalts zu sein. Regina sah ihr dabei zu, wie sie ein drittes Gedeck aus der Kredenz nahm und es auf den Tisch stellte. Die Haushälterin zu beobachten war besser, als sich den Kopf darüber zu zerbrechen, weshalb Kane nicht verschwinden konnte und sie ihre Arbeit tun ließ.
Sekunden später stand er unter der Tür. Trotz seines höflichen Grußes schien die Temperatur im Raum um etliche Grad zu fallen. Regina spürte, wie sich ihr der Magen zusammen- krampfte. Ihre Reaktion mochte zum Teil mit Achtsamkeit zu tun haben. Hauptsächlich jedoch war es die ganz normale Reaktion einer Frau auf einen gut aussehenden Mann. Das Polohemd spannte sich über seinen breiten Schultern, und man sah ihm an, dass er sich gerade geduscht und rasiert hatte. Regina fand es höchst beunruhigend, dass seine männliche Ausstrahlung sie dermaßen aus dem Gleichgewicht zu bringen vermochte.
„Hast du schon gefrühstückt?" fragte ihn sein Großvater.
„Ich habe keinen Hunger", erklärte Kane, zog sich jedoch den Stuhl bei dem Gedeck zurück, das Dora gerade für ihn aufgelegt hatte. Er wartete, bis sie ihm Kaffee eingeschenkt und das schmutzige Geschirr abgeräumt hatte, ehe er sich setzte.
„Miss Regina behauptete auch, keinen Hunger zu haben. Mir scheint, es handelt sich um etwas Ansteckendes." Mr. Lewis verzog keine Miene, während er das sagte. Doch seine Augen blitzten.
„Um Miss Regina zu sprechen, bin ich hergekommen." Ironie lag in der Art und Weise, wie Kane die respektvolle Anrede, die sein Großvater benutzt hatte, wiederholte. Dabei blickte er ihr zum ersten Mal voll ins Gesicht.
„Ja?" Regina merkte selbst, wie aufgesetzt ihr Lächeln wirkte.
„Ich würde gern erfahren, was Sie mit dem berüchtigten Reporter Dudley Slater zu tun haben."
Ihre Reaktion auf seinen anklagenden Ton war spontan und instinktiv. „Ich weiß nicht, wovon Sie reden."
„Sie haben noch nie von ihm gehört?"
„Ich fürchte, nein. Wie kommen Sie darauf, ich könnte ihn kennen?"
„Nun, weil er zum Beispiel vor Ihrem Motelzimmer Posten bezogen hat."
Er sprach von dem Mann im Auto, der auch ihr bereits unangenehm aufgefallen war. Mit einer Kopfbewegung warf sie ihr Haar zurück. „Tatsächlich?"
Kane zog zwei zusammengefaltete Papiere aus der Brusttasche seines Polohemdes, faltete sie auseinander und schob sie über den Tisch zu ihr hin. „Das ist er. Mitsamt seinem Strafregister."
Regina warf einen Blick auf die gefaxten Seiten. Die eine zeigte das etwas unscharfe Foto eines Mannes mit hagerem Gesicht, spitzer Nase und schmalen, tief liegenden Augen. Nachdem sie es einen Moment betrachtet hatte, sah sie zu Kane auf. Sein Blick schien sie zu durchbohren. Regina zwinkerte. Was ein Fehler war, wie ihr gleich darauf klar wurde. Um Haltung bemüht, sagte sie: „Ich habe diesen Mann gegenüber vom Motel in seinem Auto sitzen sehen. Aber er könnte an jeder x-beliebigen Person interessiert sein."
„Sicher könnte er das. Doch vermutlich ist er es nicht." Kanes Worte klangen schroff, obwohl seine Aufmerksamkeit einen Moment dem Sonnenfleck galt, der auf ihrem Haar tanzte.
„Wollen Sie damit sagen, er ist meinetwegen da?"
Seine Augen wurden schmal angesichts ihres spöttischen Tons. „Ja, der Gedanke kam mir."
Lewis Crompton räusperte sich laut und vernehmlich, als wolle er seinen Enkelsohn tadeln für dessen vorwurfsvollen Ton. „Woher weißt du, wer dieser Mann ist?" erkundigte er sich.
„Ich habe mir gestern seine Autonummer aufgeschrieben und Roan gebeten, den Fahrzeughalter zu ermitteln. Wie ich bereits vermutete, handelte es sich um einen Mietwagen. Slater mietete ihn am Flughafen in Baton Rouge. Das Strafregister des Mannes liest sich wie ein Roman - Einbruch, Körperverletzung, tätliche Beleidigung und jede Menge Verkehrsdelikte."
Einbruch? dachte Regina erschrocken, oh nein! Während sie die beiden Männer beobachtete, überlegte sie, ob einer von ihnen den Schnüffler auf sie angesetzt haben konnte. Wenn ja, dann wusste zumindest der andere nichts davon. Doch eigentlich
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