Der Benedict Clan 01 - Auf immer und ewig
lehnte. Langsam senkte sie den Arm wieder. Dabei kamen ihre Finger wie zufällig auf die Hand zu liegen, die auf ihrer Taille ruhte. Nach einer Weile begann sie abwesend, als sei sie mit ihren Gedanken ganz woanders, über Kanes Fingerknöchel zu streichen. Als merke sie gar nicht, was sie tat, streichelte sie mit dem Daumen seinen Handrücken.
An seinem Zeigefinger entdeckte sie eine Narbe, die sich bis in die Handfläche hineinzog. Als sie forschend darüber strich, drehte Kane bereitwillig die Hand um, damit Regina dem Verlauf der Narbe folgen konnte. „Was ist denn hier passiert?" erkundigte sie sich in beiläufigem Ton.
„Ein kleiner Unfall mit einem Schneidmesser. Ich säbelte einer Freundin ein Stück Zuckerrohr damit ab, als sie auf den spaßigen Einfall kam, mich zu kitzeln. Sie wollte nur herumalbern. Manche Frauen sind eben so. Oder ich sollte vielleicht sagen, manche Mädchen, denn es ist schon sehr lange her."
Wie ein Stich durchzuckte es Regina bei seinen Worten. Und mit Verwunderung stellte sie fest, dass sie ein wenig Neid empfand. Oder war es gar Eifersucht? „Sind Sie nicht wütend gewesen?"
„Warum? Sie hat mich ja nicht absichtlich verletzt." Er neigte den Kopf, um auf sie herabzusehen.
„Aber es war ihre Schuld."
„Es war meine eigene Schuld. Es wäre nicht passiert, wenn ich vorsichtiger gewesen wäre. Wir haben beide herumgealbert."
„Wer war sie?"
„Das Mädchen? April Halstead."
Regina hatte damit gerechnet, Francies Namen zu hören. Mit gemischten Gefühlen nahm sie es auf, dass April die besagte Freundin gewesen war. „Ich wünschte, ich hätte auch einmal eine solche Beziehung haben können", sagte sie ruhig.
„Wieso? Was für eine Beziehung?"
„Eine freundschaftliche, impulsive, in der man sich gegenseitig aufziehen kann und keiner dem anderen etwas übelnimmt."
Als er ihr antwortete, klang seine Stimme noch eine Nuance tiefer als zuvor. „Sie meinen eine Beziehung, die auf Vertrauen basiert?"
„Vermutlich ja."
„Sie wissen nicht, was Ihnen entgangen ist", bemerkte er.
Die Dunkelheit machte sie mutig. Während sie zu ihm aufsah, sagte sie: „Das wird mir auch langsam klar."
Er blickte auf sie herab, sah ihr erst in die Augen, ehe er den Blick auf ihre Lippen heftete. Wie gebannt saß sie da und wartete darauf, was er tun würde. Er neigte den Kopf. Und richtete sich im nächsten Moment wieder auf.
Er hielt sein Wort. Er würde nur tun, worum sie ihn bat. Von sich aus würde er ihr nicht aus dieser Sackgasse heraushelfen. Das machte die Situation zwar schwieriger für sie, doch irgendwie war sie froh darüber. Es war ein gutes Gefühl, jemandem vertrauen zu können.
Nachdenklich starrte sie in die Dunkelheit. Dabei dachte sie an ihre Kindheit zurück. Nach einer Weile sagte sie so leise, dass ihre Worte kaum zu verstehen waren: „Mir ist noch sehr viel mehr entgangen. Meine Mutter war ständig krank. Ich musste immer bei ihr bleiben und mich um sie kümmern. Ich hatte selten Zeit, mit anderen Kindern zu spielen. Als ich älter wurde, kannte ich keine harmlosen Freundschaften mit unschuldigen Küssen und Händchenhalten, keine schüchternen Flirts. Die Frau, die mich nach dem Tod meiner Mutter bei sich aufnahm, war streng und misstrauisch. Sie ließ es nicht zu, dass ich mich mit Jungs abgab. Und trotzdem bin ich kurz nach ihrem Tod in Schwierigkeiten geraten." Während sie sprach, strich sie mit den Fingerspitzen über Kanes Handfläche, um schließlich ihre Hand auf seine zu legen und ihre Finger mit seinen zu verschränken.
„Regina ..." Er sprach nicht weiter.
„Es macht Ihnen doch nichts aus, meine Hand zu halten? Es ist so dunkel hier. Man sieht nirgendwo ein Licht. Ich bin das nicht gewohnt." Es war keine Lüge. Sie vergaß nur hinzuzufügen, dass die Dunkelheit sie nicht störte. Nichts sehen zu können war im Moment ihre geringste Sorge.
„Ich kann die Laterne anzünden."
Seine Stimme verriet Anspannung. Vielleicht war er doch nicht so ruhig und gelassen, wie er sich nach außen hin gab. Regina hätte es sich gewünscht, denn ihr eigener Puls war inzwischen ziemlich aus dem Takt geraten.
„Ich beschwere mich nicht", sagte sie. „Es könnte mir sogar gefallen, wenn ich mich erst einmal daran gewöhnt habe. Jedenfalls ist der Blick auf die Sterne einzigartig."
Kane legte den Kopf an die Wand zurück und sah zum Himmel auf. „Die Sterne ...", wiederholte mit einem kurzen Auflachen.
„Wo ich wohne, kann man sie kaum sehen." Sie wandte den
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