Der Benedict Clan 03 - Die Millionenerbin
war oder was zwischen ihnen hätte sein können.
Gott. Er würde noch durchdrehen, wenn er weiter so im Dunkeln tappen musste und nur raten konnte. Und vielleicht riet er ja falsch.
Roan überlegte, ob er einen Fahndungsbefehl nach dem Super Bird herausgeben sollte. Wenn Tory damit in Richtung Florida fuhr, könnte er sie verhaften lassen.
Ja, aber hatte er ihr denn nicht schon genug angetan? Sie brauchte es nicht, von irgendeinem Hallodripolizisten wie Cal gejagt zu werden, der möglicherweise auch noch eine Leibesvisitation machte, ihr die Hände auf den Rücken fesselte, ohne auf ihre verletzte Schulter zu achten, und sie dann zusammen mit allem möglichen lichtscheuen Gesindel in eine Zelle sperrte, wo ihr alles passieren konnte.
Nein, dieser Gedanke war unerträglich.
Und wenn Tory den Bird nicht fuhr, was hatte es dann für einen Sinn? Wenn sie tot war, wenn sie irgendwo in den Sümpfen lag, wollte er ihren Mörder. Er wollte Melankas Kopf, und er würde ihn bekommen, selbst wenn er dafür in die Hölle fahren müsste.
Er beendete sein Telefonat, dann fuhr er sich mit den Fingern durchs Haar, während er auf die Straße schaute, die sich vor ihm dahinschlängelte. Warum hatte er ihr nicht geglaubt, als sie behauptete, entführt worden zu sein, und dass die Männer, die das getan hatten, den Auftrag hatten, sie zu töten? Obwohl sie ihm nicht wie der Typ erschienen war, der mit den Ganoven, die auf dem Video zu sehen gewesen waren, gemeinsame Sache machte. Wenn er doch bloß auf seinen Bauch gehört hätte.
Trotzdem war sie ihm so ausweichend, so vage und so unzuverlässig erschienen. Ja, und erschwerend hinzu kam noch, dass seine Hormone ihm einen Streich gespielt hatten, das hatte ihn aus dem Gleichgewicht gebracht. So eine starke sexuelle Anziehungskraft hatte er seit der High School nicht mehr gespürt. Er hatte nicht gewollt, dass sie ein menschliches Wesen aus Fleisch und Blut und unschuldig war, weil er sonst gezwungen gewesen wäre, sich mit dem, was er fühlte, auseinander zu setzen. Und die Aussicht darauf hatte ihm eine solche Angst eingejagt, dass er es vorgezogen hatte, überhaupt nicht zu denken. Es hatte ihn geängstigt, weil ihm bewusst war, dass er verlieren würde, dass man sie entweder einsperren würde, weil sie schuldig war, oder dass sie wieder in ihr vermutetes schönes und leichtes Leben zurückkehrte. Und dass er dann so oder so wieder allein sein würde.
Und was hatte es ihm gebracht, die Augen vor den Tatsachen zu verschließen? Tory hatte ihn verlassen, weil sie nicht darauf vertraut hatte, dass er sie noch länger beschützte. Er hatte sie allein gelassen, und jetzt war sie fort. Er musste sie finden, er musste dafür sorgen, dass sie in Sicherheit war, selbst wenn es bedeutete, dass er sie verlor. Es war besser zu wissen, dass sie irgendwo in der Welt lebte, als denken zu müssen, dass sie sie für immer verlassen hatte. Er ertrug es nicht, sich vorzustellen, dass sie tot sein, dass sie unter Schmerzen und voller Angst gestorben sein könnte, während er seine Pflicht erfüllte. Seine ewige Pflicht, die ihm nichts bedeutete, wenn sie nicht da war. Seine Pflicht, die er jetzt ohne Bedauern oder Zweifel vernachlässigte, ohne sich auch nur eine Sekunde lang darüber Gedanken zu machen, was irgendwer wohl darüber denken könnte, dass er seinen Dienstwagen für halbprivate Zwecke benutzte. Das nur dazu, wie wichtig es war, für ihn oder sonst jemanden.
Er musste daran glauben, dass sie sein Auto genommen hatte. Es war die einzig akzeptable Erklärung. Jede andere Möglichkeit ins Auge zu fassen war einfach zu schwer. Genau gesagt unmöglich.
Roan grübelte weiter.
Wenn Melanka geflogen war, war er allein geflogen, was bedeutete, dass er Tory während der nächsten - wie viel? - sechzehn oder siebzehn Stunden, die sie für die Fahrt nach Florida brauchte, nicht anrühren konnte. Oder länger, falls sie irgendwo übernachtete. Aber vielleicht wusste ihr Exverlobter ja auch, wohin sie fuhr, und wollte vor ihr da sein, um sie bei ihrem Kommen gleich in Empfang zu nehmen?
Tory kam gegen Melanka nicht an. Dafür war sie nicht wachsam genug und viel zu wenig bösartig. Obwohl sie sich gelegentlich viel Mühe gab, hart und zynisch zu wirken, war sie innerlich doch weich, außerdem war sie immer noch geschwächt von ihrer Verletzung. Nein, gegen einen Mörder kam sie nicht an.
Oder doch? Schließlich hatte sie ihn, Roan, doch auch getäuscht.
Sie musste die ganze Zeit über
Weitere Kostenlose Bücher