Der Benedict Clan 03 - Die Millionenerbin
gewordenen Muskeln. Er stand, die Ellbogen auf der geöffneten Autotür aufgestützt, da und betrachtete das Vandergraffsche Winterquartier eingehend.
Es war ein Architektentraum aus Winkeln und Flügeln, Baikonen und wunderbar schattigen Veranden, ein weiträumiges Paradies aus Marmor und Stuck, das um einen maurischen Garten mit wasserspeienden Löwen und einem glitzernden Swimmingpool von olympischen Ausmaßen herum angelegt war. Blendend weiß in der tropischen Sonne daliegend flüsterte es von Luxus und Abschottung und Geld. Es war ein Ort, der mit Sicherheit über jede nur vorstellbare Bequemlichkeit, über jede Schwelgerei, die ein menschliches Gehirn ersinnen konnte, verfügte. Es war Torys Zuhause oder eines davon.
Mit einem schnellen Kopfschütteln warf er die Autotür zu und ging zum Eingang. Ein Dienstmädchen oder eine Haushälterin in einer schwarzweißen Uniform öffnete die Tür einen Spalt und schaute mit großen Augen auf ihn und den Stern an seiner Brust.
Si, das sei die Vandergraff-Villa, aber Senorita Victoria sei nicht zu Hause. Sie sei zurückgekommen. Si, si. Aber sie habe geduscht und sich umgezogen, schnell, schnell, und sei dann wieder ausgegangen, sie sei in einem violetten Monster von einem Auto über den Damm nach Fort Myers gefahren. Nein, sie habe nicht gesagt, wohin sie wolle oder wann sie zurückkomme; vielleicht würde es ja spät werden. Senor Vandergraff sei zum Golfspielen gegangen und müsse eigentlich in einer, vielleicht auch in zwei oder drei Stunden wieder zurück sein. Ob der Senor zu warten wünsche.
Roan wünschte es, entschied sich jedoch dagegen. Er würde sich stattdessen ein Hotel suchen, kurz duschen und einen Happen essen. Dann würde er zurückkommen.
Bevor er seinen Wagen wieder startete, warf er noch einen letzten Blick auf das Haus. Es war ein Palast. Darin war Tory eine echte Prinzessin, eingehüllt in diamantenbesetzte Seide und den ganzen Snobismus all jener, die sich nie in ihrem Leben etwas gewünscht oder ausgemalt hatten. Es war ihr angestammter Platz. Der einzige, den sie je brauchen würde.
Und dann wurde Roan schlagartig klar, dass er geträumt hatte. Irgendwie hatte er es vom Verstand her natürlich die ganze Zeit über gewusst, aber trotzdem hatte er gehofft, das Tory vielleicht, nur ganz vielleicht den Wunsch hatte, Sanibel und ihr Luxusleben gegen die bodenständige Bequemlichkeit von Dog Trot einzutauschen. Dass sie es seinetwegen und Jakes wegen, wegen Pop und Beau und all den anderen Benedicts wollte, die sie willkommen heißen und zu einer der Ihren machen würden.
Kindisch. So ein unglaublich kindischer Traum. Ja, und der Beweis für seine unermessliche Unkenntnis des hohen Turms, auf dem sie gestanden hatte, als sie es zum ersten Mal gewagt hatte, auf seine Stadt hinunterzuschauen.
Als der beschränkte Provinzsheriff, der er vielleicht sein mochte, ja, unzweifelhaft war, konnte er jetzt sehen, dass es unmöglich war, dass sie diesen Turm je verlassen würde.
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18. KAPITEL
Tory hörte Stimmen im Wohnzimmer, als sie nach ihrer Rückkehr von Fort Myers die Eingangstür aufschloss. Auf der Suche nach einem Hinweis, wer die Gäste ihres Stiefvaters wohl sein mochten, schaute sie über die Schulter auf den halb hinter Bäumen versteckten Parkplatz. Kein Fahrzeug war in Sicht. Mit leicht gerunzelter Stirn schloss sie die Tür hinter sich. Die Stimmen verstummten. Eine Sekunde später erschien Paul Vandergraff mit einem Whiskyglas in der Hand auf der Schwelle.
„Tory, meine Liebe, da bist du ja endlich", sagte er, als wäre sie nur zu spät zum Abendessen gekommen, statt nach einer Entführung wohlbehalten wieder nach Hause zurückzukehren. „Komm rein und trink einen Schluck mit uns."
Sie zögerte und musterte ihn in dem Gefühl, ihn mit neuen Augen zu sehen. Seine schlanke Erscheinung mit dem sehr kurz geschnittenem silbergrauem Haar, das in einem angenehmen Kontrast zu seiner Sonnenbräune stand, strahlte eine Eleganz aus, die er im Sommer mit weißen Polohemden und im Winter mit Kaschmirpullovern kultivierte. Während er früher für Tory die Verkörperung von Ostküstenblasiertheit und Schliff gewesen war, erschien er ihr jetzt nur noch oberflächlich. Er hatte sich nicht geändert, was bedeutete, dass sie sich geändert hatte, und zwar dramatisch. Als er wieder zurück ins Zimmer ging, deponierte sie ihre Schlüssel und ihre Handtasche auf dem Tisch im Foyer und folgte ihm, wobei die Absätze ihrer italienischen
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