Der Benedict Clan 03 - Die Millionenerbin
Strand gesehen.
Jake zuckte leicht verlegen die Schultern. „Jetzt macht es eben einfach nicht mehr so viel Spaß. Man erzählt sich, dass Mike Fink seinen Schatz in den Indianerhügeln in der Nähe des Flusses vergraben hat. Dort haben wir früher immer gespielt, wir haben alles Mögliche gefunden wie zum Beispiel Pfeilspitzen und Tonscherben und Knochensplitter. Aber dann waren vor zwei Jahren ein paar Typen von der Uni in in Baton Rouge hier und haben erzählt, dass die Hügel eigentlich Gräber sind und dass sie für die Ureinwohner heilig sind. Und dass es für sie ungefähr so ist, als würden wir den Benedict-Familienfriedhof umgraben. Na ja, und seitdem sind wir dann halt nicht mehr hingegangen."
Das war ein liebenswertes Verhalten. Verwundert darüber, dass sie Roans Sohn so viel Wärme entgegenbringen konnte, sagte sie: „Ich habe irgendwo gelesen, dass Piraten ihr Gold ne ben Toten vergraben haben, damit die Geister es beschützen. Ich schätze, Mike Fink war ganz schön schlau."
„Dad sagt, dass er bloß zu faul war, es wieder auszubuddeln, falls er überhaupt was verbuddelt hat. Er kann sich vorstellen, dass das alte Wasserhuhn sein Geld ebenso schnell ausgegeben hat, wie er es eingenommen hat."
Das klang ganz nach Roan. „Was ist das denn für ein Festival, von dem du da eben gesprochen hast?"
Ü ber das Gesicht des Jungen ging ein Leuchten. „Es ist echt toll. Luke ist einer der Piratenanführer. Sie kommen mit Booten den Fluss rauf und fallen in die Stadt ein, und dann schnappen sie sich Gefangene und halten sie fest, bis sie Lösegeld kriegen. Bloß zum Spaß natürlich, aber Luke hat gesagt, dass ich nächstes Jahr bei ihm mitfahren darf."
Tory neigte lächelnd den Kopf. „Und weißt du schon, wen du entführen wirst?"
„Wer, ich?" fragte er, die Augen ein bisschen zu weit aufgerissen.
„Hast du schon ein Kostüm? Du wirst etwas Flottes brauchen, mit einer großen Schärpe und einem Schwert." Etwas, um das Mädchen zu beeindrucken, das er offensichtlich entführen wollte.
„Oben auf dem Speicher liegt ein Haufen so Zeugs. Ich hab es früher an Halloween angezogen." Er warf ihr einen abschätzenden Blick zu. „Sie könnten wahrscheinlich die meisten Frauenkostüme tragen, lange Kleider und Hüte und so Sachen, obwohl sie ziemlich klein sind. Grandma hat sich jedes Jahr für den Festivalball mächtig aufgemotzt und meine Mom auch manchmal. Ich habe ein Foto von ihr, auf dem sie wie Aschenputtel auf dem Weg zum Ball aussieht oder so."
„Ein neueres?" Tory war neugierig, wie lange Roan schon geschieden war, obwohl sie nicht wusste, warum es sie interessierte.
Jake warf ihr einen seltsamen Blick zu. „Neu bestimmt nicht. Sie ist weggegangen, als ich zwei war."
„Das ist lange her." Sie konnte sich nicht vorstellen, ein Kind in diesem Alter zu verlassen.
„Sie konnte nichts dafür. Sie hatte Depressionen. Der Psychiater, bei dem sie in Behandlung war, hat ihr gesagt, dass sie sich erstickt fühlt, dass Dad ein Teil von ihrem Problem ist und dass sie aus der Ehe raus muss. Darum ist sie weggegangen. Jetzt hat sie einen neuen Mann und lebt in Frankreich."
Tory wusste nicht, was sie überraschender fand, dass Roans Frau ihre Ehe so leichten Herzens aufgegeben hatte, oder die Selbstverständlichkeit, mit der Jake über dieses schwierige Thema redete. Aber er war natürlich viel jünger gewesen als sie selbst beim Tod ihrer Mutter, deshalb hatte er weniger Erinnerungen und trauerte weniger um das, was hätte sein können.
„Manchmal ist eine Scheidung wirklich besser", sagte sie behutsam.
„Ja", stimmte Jake zu. „Meine Mom hatte eine schwere Kindheit. Ihre Mutter war dauernd krank, und ihr Dad hatte nie länger als einen oder zwei Monate einen Job - er war zu jähzornig und zu stur. Außerdem hat er mit anderen Frauen rumgemacht. Eines Abends ging er weg und kam nie mehr zurück. Ihre Mutter hatte kaum Geld, deshalb sind sie dann irgendwann zu einem Bruder von ihr gezogen. Und weil sich meine Mom dort nicht wohl gefühlt hat, hat sie meinen Dad gefragt, ob er sie heiratet. Und dann war ich unterwegs, und ihre Mutter ist gestorben. Im gleichen Jahr fanden sie ihren Dad irgendwo im Wald, er war nur noch ein Haufen Knochen. Man hat nie rausgefunden, was mit ihm passiert ist. Auf jeden Fall wurde meine Mom dann krank, nachdem ich auf der Welt war. Sie nannten es post... post..."
„Postnatale Depression", steuerte Tory bei.
„Ja. Sie ist nie darüber hinweggekommen, noch nach
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