Der Benedict Clan 03 - Die Millionenerbin
nackten Glühbirnen über ihren Köpfen entziffern zu können. „Warum hebt ihr sie auf? Bestimmt kann man doch nichts mehr davon essen?"
„Dieses Zeug ist praktisch ewig haltbar." Er griff nach einer Dose, warf sie in die Luft und fing sie wieder auf. „Ich weiß nicht, ob ich das Büchsenfleisch essen würde, aber mein Freund Teddy und ich haben mal eine Dose mit Schokoladenkeksen aufgemacht und haben sie gegessen. Krank sind wir jedenfalls nicht geworden."
Tory schnitt eine Grimasse, allerdings eher, um ihm ein
Grinsen zu entlocken, als dass sie angeekelt gewesen wäre. Während sie an den Kisten entlangging, fragte sie: „Und was ist da sonst noch drin?"
„Papier, ein Haufen Papier", antwortete er, einen anderen Deckel lüftend. „Briefe, Kochrezepte, Buchhaltungsunterlagen von der Farm und Rechnungen von den Auktionen, auf denen die Pferde und Rinder verkauft wurden, oder von Geräten und Maschinen aus der Zeit, als Dog Trot noch eine Nutzfarm war. Es ist irgendwie interessant zu sehen, wie billig die Sachen vor siebzig oder achtzig Jahren waren."
„Oder vor längerer Zeit", murmelte Tory, als sie das Datum des obersten Briefes in einem Bündel von Briefen sah, das in der Truhe lag.
Auf einer alten Kommode neben der Truhe stand eine Sammlung gerahmter Fotos, die ihre Aufmerksamkeit fesselte. Sie ließ ihren Blick darüber hinwegwandern und sah Kinder in Schuluniformen oder mit Footballhelmen auf dem Kopf oder in Karate-g« posieren, junge Männer und Frauen beim Picknick oder irgendwo in den Ferien, alle mit ähnlichen Gesichtszügen und großen ausdrucksvollen Augen. Offensichtlich hatten die Benedicts starke Gene.
Eine Fotografie interessierte sie besonders. Sie nahm sie in die Hand und wischte den Staub von dem Glas, um sie besser sehen zu können. Das Foto zeigte drei junge Männer, die neben einem dunkelroten Rennwagen standen, der aussah wie ein Ehrfurcht gebietender klassischer Plymouth Super Bird. Der Mann in der Mitte war mit Sicherheit Roan, obwohl er schlaksiger und weniger verschlossen wirkte. Er konnte kaum zwanzig sein. Der Kumpan an seiner Seite hatte einen dunkleren Teint, und in den ausgeprägten Backenknochen zeigte sich ein leichter indianischer Einschlag. Sein Mund war zu einem ge w innenden Grinsen verzogen, obgleich sich in seinen dunklen Augen ein Ausdruck spiegelte, der etwas Beunruhigendes hatte. Der Mann zu Roans Linker hatte vornehmere Gesichtszüge und schaute den Fotografen mit einem Blick an, in dem sich Selbstvertrauen und Intelligenz so mischten, dass es schon fast an Überheblichkeit grenzte. Er trug einen feuerfesten Rennfahreranzug und hatte sich einen leuchtend gelben Helm unter den Arm geklemmt, während die beiden anderen mit Jeans und Jacken bekleidet waren.
Jake kam heran, schaute ihr über die Schulter und erklärte: „Das ist Dad mit Kane und Luke in dem Sommer, den sie auf der NASCAR-Rennstecke verbracht haben."
„Wer hätte das gedacht?" murmelte sie.
„Richtig", sagte Jake mit einem humorvollen Unterton in der Stimme. „Der alte Herr hat eine wilde Seite, die nur ab und zu durchbricht."
„Ich verstehe." Tory konnte sich angesichts des Bildes, das die drei jungen Männer abgaben, eines Lächelns nicht erwehren. Jung und voller Leben, wirkten sie bereit, wenn nicht begierig, sich der Herausforderung des Rennens, das offensichtlich gerade begann, zu stellen. Mit jedem Zoll ihrer Körper drückten sie Stolz, Selbstbewusstsein und die Ü berzeugung, dass sie gewinnen konnten, aus. Von ihnen ging eine Vitalität aus, in die sich ein Schuss rücksichtsloser Verwegenheit mischte. Sie wussten genau, wer sie waren, diese drei. Und sie wussten ebenso, was sie wollten, und würden sich durch nichts aufhalten lassen.
Wenn man sie sah, wünschte man sich, sie zu kennen. Zu schade, dass sie nicht lange genug hier sein würde, um herauszufinden, ob es sich wirklich lohnte. Mit einem leisen Seufzer stellte Tory das Foto wieder an seinen Platz zurück.
In diesem Moment hörte sie die Schritte hinter sich. Vom Aufgang der Treppe drang eine dröhnende Stimme herüber: „Was zum Teufel ist hier oben los?"
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8. KAPITEL
„Deputy Riggs!"
Für einen kurzen Moment, in dem sie einen Blick auf die Uniform erhaschte, hatte Tory geglaubt, Roan stände an der Treppe. Ein Großteil des Schocks, der in ihrer Stimme mitschwang, hatte mit ihrer Enttäuschung zu tun, dass er es nicht war.
„Ich habe überall nach euch beiden gesucht", sagte Cal Riggs mit
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