Der Benedict Clan 03 - Die Millionenerbin
dann anfing, großzügig dicke Scheiben Schinken abzuschneiden. „Pop war ziemlich am Boden, als Grandma vor sechs Jahren starb. Seitdem hat er sich nur noch um mich gekümmert. Aber vor zwei Jahren hat er sich ein Wohnmobil gekauft, und jetzt gondelt er in der Welt rum ... oder zumindest in den Staaten."
„Klingt nach viel Spaß."
Er schaute sie grinsend an. „Im Westen findet er es am besten, Nevada, Utah, zum Beispiel. Er hat mir versprochen, dass er zurückkommt und mich mitnimmt, bevor die Schule wieder anfängt. Dann fahren wir zum Grand Canyon, und immer wenn wir Lust haben, halten wir unterwegs an und schauen uns an, was es anzuschauen gibt. Wollen Sie eine Gurke?"
Tory schüttelte den Kopf. Gleichzeitig verspürte sie einen Stich von Neid. Die Highways in Südflorida waren vor allem im Winter gerammelt voll mit Campingbussen und Wohnmobilen, wenn die Touristen kamen, die der Kälte im Norden entfliehen wollten. Seltsamerweise hatte sie immer nur an die Enge in so einem Campingbus gedacht und nie an die Freiheit. Das war noch ein Punkt, an dem sie umdenken musste.
Jake klatschte großzügig Mayonnaise aufs Brot, stapelte Schinken darüber, garnierte das Ganze dann mit Tomaten und Käse und legte schließlich eine zweite Scheibe Brot darüber. Er stellte den Teller mit einer schnellen Drehung des Handgelenks vor Tory hin, dann schleppte er ein riesiges Glas Milch an, das ebenfalls für sie bestimmt war.
„Auf jeden Fall schauen wir uns den Grand Canyon nicht bloß an, wenn wir dort sind", fuhr er fort, während er anfing, sich selbst ein Sandwich zu machen. „Wir klettern auf der einen Seite runter und auf der anderen wieder rauf. Man muss ganz früh morgens losgehen und dann im Canyon übernachten, sonst ist es nicht zu schaffen."
Der Anflug männlichen Wagemuts in seiner Stimme entlockte Tory ein Lächeln, ebenso wie seine offensichtlichen Bemühungen, sich nicht anmerken zu lassen, wie aufgeregt er jetzt schon war. „Das wird eine Abwechslung von Turn-Coupe sein, stimmt's? Ich habe den Verdacht, dass hier den Sommer über nicht viel los ist."
„Na, ich weiß ja nicht", gab er großspurig zurück. „Letztes Jahr ist beim Flusspiratenfestival ein Hausboot in die Luft geflogen. War echt cool."
Cool. Richtig. „Wurde jemand verletzt?"
„Nicht schlimm", sagte er, während er sich hinsetzte und seinen eigenen Teller vor sich hinstellte. „Dad und Cousin Luke sind in den Fluss gesprungen und haben eine Menge Leute rausgezogen. Und dann haben noch zwei Irre draußen am See eine Frau entführt, auch letztes Jahr. Sie ist jetzt Lukes Frau. Und manchmal müssen wir Schatzsucher von unserem Land verjagen, vor allem in der Zeit um das Festival herum, wenn die Leute anfangen, über das Piratengold nachzudenken."
„Tja, dann habe ich mich wohl geirrt", sagte sie ernst. „Offenbar gibt es hier eine Menge aufregender Dinge. Aber was hat es mit diesen Piraten auf sich?"
„Das waren Flusspiraten, nicht die vom Meer. Sie haben angeblich das Zeug vergraben, das sie den Seefahrern damals geraubt haben ... Gold und Silber und Schmuck und so. Aber wir erlauben es nicht, dass jemand herkommt, um es auszubuddeln. Sie graben überall Löcher, und uns reicht es schon, dass die Hunde dauernd irgendwo rumscharren."
Tory war von der Bereitschaft des Jungen zu plaudern fast ebenso fasziniert wie von seinen Geschichten über vergrabenes Gold und andere Abenteuer. Offenbar hatte er entschieden, dass sie eine ganz annehmbare Gesellschaft war, oder langweilte er sich nur allein? Hatte sie womöglich einen Bundesgenossen gefunden? Falls ja, war es wichtig, das Band enger zu knüpfen.
„Und hast du schon nach dem Schatz gesucht?" fragte sie. „Gibt es ihn wirklich?"
„Als wir noch Kinder waren, war ich mit meinen Freunden ständig am Buddeln."
Tory nahm einen Schluck von ihrer Milch und verkniff sich ein Lächeln. Jake redete, als wäre er so alt wie Methusalem. „Aber ihr habt nichts gefunden?"
„Nur ein paar alte Vierkantnägel und Hufeisen. Und dann haben wir entschieden, dass es einfach nicht genug Zucker für einen Dime ist."
„Was?" Sie schaute ihn verdutzt an.
Er begegnete überrascht ihrem Blick. „Das ist einer von Pops Lieblingssprüchen. Soll heißen, dass sich die Arbeit nicht auszahlt."
„Aha. Schön, aber warum sollte man sich die Arbeit nicht erleichtern? Es gibt heutzutage spitzenmäßige Metalldetektoren, damit wäre es vielleicht ein leichtes." Sie hatte damit die Leute ständig am
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