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Der Benedict Clan 05 - Fremder Feind

Der Benedict Clan 05 - Fremder Feind

Titel: Der Benedict Clan 05 - Fremder Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
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der Haustür.
    Wade Benedict sah sie an und hob fragend eine Augenbraue. Als sie steif nickte, nahm er ihre Hand und stellte sich so hin, dass er sie mit seiner dunklen Kleidung abdeckte, da vor allem die hellblaue Bluse aufgefallen wäre, die sie zu ihrem langen Rock trug. Reglos standen sie in der Dunkelheit des Schattens, den der Baum warf.
    Ein länglicher Lichtschein fiel in den Garten. Ahmads massiger Körper füllte die Türöffnung fast völlig aus. Chloe verkrampfte sich, da sie damit rechnete, von ihm gerügt zu werden, weil sie sich so lange im Garten aufhielt.
    Nichts dergleichen geschah. Ihr Stiefbruder, der in seiner Funktion als Gastgeber unzählige Tassen Tee hatte trinken müssen, ging bis zum Rand des Beetes, in dem sie Kräuter angepflanzt hatte, knöpfte seine Hose auf und urinierte gegen die Wand. Diese Art von Beschmutzung betrieb er mit besonderer Genugtuung, weil er wusste, dass der Garten für Chloe der einzige Ort war, an den sie sich wirklich zurückziehen konnte.
    Schließlich knöpfte er seine Hose wieder zu, drehte sich um und ging ins Haus. Die Tür zur Küche fiel hinter ihm zu, und Chloe war wieder mit Wade Benedict allein.
    Einige Sekunden lang bewegten sie sich nicht und sprachen auch kein Wort. Alle Sinne auf höchster Alarmstufe, fühlte Chloe die sanfte Brise, die die Blätter über ihr in leichte Bewegung versetzte. Sie konnte den Duft des Jasmins riechen, die Minze und auch die säuerlichen, auf dem Boden zertretenen Maulbeeren. Und sie fühlte die Hitze, die der Mann ausstrahlte, der so dicht neben ihr stand. Wenn sie ihre Hand nun minimal bewegte, würde sie ihn berühren können. Die Versuchung, genau das zu tun, ergriff von ihr Besitz, so dass sie die Finger zur Faust ballte, um sich selbst davon abzuhalten.
    Als sie damals hergekommen war und sich so verzweifelt und unglücklich fühlte, hatte sie begonnen, sich in Tagträumen vorzustellen, wie es wäre, wenn ihr Vater herkäme, um sie zu retten. Er würde sie packen, dabei vielleicht noch Ahmad niederstrecken, und dann würden sie zusammen zurück nach Amerika fliegen. Dieser Traum war immer wieder mit der Erkenntnis kollidiert, dass sie dann ihre Mutter zurücklassen müsste - und das war völlig undenkbar. Nun fühlte sie sich an diese Zeit erinnert, weil genau dieser Tagtraum jetzt damit lockte, Wirklichkeit zu werden. Und wieder wurde sie durch Verpflichtungen und Zuneigung daran gehindert.
    Wade Benedict war allerdings kein Produkt ihrer Phantasie, sondern er war real. Und es schien, dass er sich nicht so leicht von seinem Vorhaben abbringen lassen wollte.
    „Das war knapp."
    Sie reagierte erst verspätet mit einem verängstigten Zähneklappern, über das sie nur hinwegtäuschen konnte, indem sie den Mund aufmachte und etwas sagte. „Ja, das war es."
    Wieder streckte er seine Hand aus, als wollte er sie berühren, zog sie dann aber zurück. „Wenn dieser Ahmad dir solche Angst einjagt, dann müsstest du doch die erstbeste Gelegenheit nutzen, um von hier wegzukommen."
    Sie presste die Lippen zusammen. Weitere Erklärungen waren bei diesem Mann vertane Zeit. Sie musste ihn loswerden, bevor jemand seine Anwesenheit bemerkte. „Es ist ein großer Schritt, ein großes Risiko. Ich ... ich brauche Zeit, um darüber nachzudenken."
    Zweifel war aus seiner Stimme herauszuhören, als er fragte: „Wie viel Zeit?"
    „Ich brauche bis übermorgen. Wir treffen uns dann auf dem Basar."
    „Warum nicht schon morgen?"
    „Ich kann das Haus nicht nach Belieben verlassen. Ich versuche, zweimal pro Woche Unterricht zu geben. Wenn ich es übermorgen nicht schaffe, dann am Tag danach. Wenn ich dann nicht dort bin, weißt du, dass ich bleiben werde."
    „Augenblick mal", setzte er an.
    „Anders geht es nicht."
    „Irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich nur wieder da herumstehen und auf jemanden warten werde, der doch nicht aufkreuzt."
    „Wenn es dazu kommt, dann musst du akzeptieren, dass es mir nicht möglich war, von hier fortzugehen."
    „Oder dass du den Teufel vorziehst, den du kennst?"
    Sie runzelte die Stirn. „Soll das irgendetwas bedeuten?"
    „Du bist bereits so lange hier, dass dir vieles, was hier läuft, fast schon normal vorkommt. Es ist ein Teil einer vertrauten Routine, die von dir verlangt, nicht selbst zu denken, weil das jemand für dich erledigt. Du bist wie ein Gefangener, der so lange hinter Gittern gesessen hat, dass er glaubt, mit der Welt da draußen nicht mehr zurechtzukommen."
    „Ich habe dir gesagt,

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