Der Berg Der Abenteuer
anderes übrig, als zu warten, bis die Veranstaltung zu Ende war.
Außer den Fallschirmspringern befand sich noch eine Schar kleiner Japaner in dem Saal. Sie hatten farbige Umformen an und säumten die Seitenwände in zwei langen Reihen. Der Thron war leer. Auch Mejer war nicht zu sehen.
Endlich ging ein Flüstern durch die versammelten Männer. Die Vorhänge neben dem Thron wurden von zwei Japanern zur Seite gerafft, und der König des Berges betrat den Saal.
Eine hohe Krone, die mit glitzernden Edelsteinen geschmückt war, ließ ihn groß und erhaben erscheinen. Anzug und Mantel bestanden aus kostbaren Stoffen und waren reich bestickt wie das Festgewand eines indischen Fürsten. Um das gelbliche Gesicht schwebte eine Wolke schwarzer Haare. Mit einem völlig abwesenden Ausdruck bestieg der König den Thron.
Rechts und links von ihm stellten sich zwei Männer auf.
In dem einen erkannte Philipp den Betriebsleiter Mejer.
Der andere war ihm fremd. Er hatte eine plumpe gedrun-gene Figur und das unangenehm wirkende Gesicht eines Affen.
Mejers Raubvogelaugen flogen prüfend durch den Saal. Dann begann er mit schneidender Stimme in einer fremden Sprache zu sprechen. Nach einer Weile machte er eine Pause und setzte seine Rede auf englisch fort.
Die Kinder hörten wie gebannt zu, Mejer sprach von dem König und von dem wundervollen Geschenk, das er der Menschheit mit seinen Flügeln machen wollte. Er sprach von den mutigen Männern, die ihm bei seinen Experimenten halfen, indem sie die Flügel ausprobierten. Er sprach von dem riesigen Vermögen, das sie sich dadurch erwarben, von den Ehrungen, mit denen man sie daheim überhäufen würde. Dann sagte er dasselbe noch einmal in einer dritten Sprache und dann noch einmal in einer vierten.
Mejer schlug mit seinen Worten alle Anwesenden völlig in seinen Bann. Jack wußte genau, daß der größte Teil von dem, was der Mann da sagte, blanker Unsinn war.
Und trotzdem — während er die Rede hörte, glaubte er selber daran. Die Augen der Fallschirmspringer hingen wie hypnotisiert an den Lippen des Redners, ganz gleich, ob er in ihrer eigenen oder in einer fremden Sprache redete. Mejer hatte sie völlig verzaubert.
Dann wurden Freiwillige aufgerufen. Ohne einen Augenblick zu zögern, traten alle Männer zugleich vor. Der König stand auf und wählte aufs Geratewohl einige aus.
Dann murmelte er ein paar unverständliche Worte. Seine Stimme klang unerwartet dünn und piepsig und stand ganz im Gegensatz zu der königlichen Erscheinung.
Wieder ergriff Mejer das Wort. Diese Männer, sagte er, hätten die Ehre, unter den ersten zu sein, die die Flügel probieren durften. Nach geglücktem Versuch würde man sie in ihre Heimat zurückschicken, und sie würden so viel Geld bekommen, daß sie ihr ganzes Leben lang genug hätten. Alle anderen Männer, die die Flügel ausprobiert hätten, lebten bereits als reiche und geehrte Helden zu Hause in ihrem Vaterland.
»Wer das glaubt!« murmelte Philipp, der daran dachte, was Sam ihm erzählt hatte.
Nun erhob sich der König und schritt majestätisch aus dem Saal. Mejer und der vierschrötige Mann mit dem Affengesicht folgten. Die Japaner führten die Fallschirmspringer fort, und bald war der Saal wieder leer.
Als endlich alles still geworden war, flüsterte Jack:
»Los, kommt! Der Weg ist frei.«
Sie liefen schnell durch den Saal und kamen bald wieder in das große Laboratorium. Immer noch drehten sich die Räder, die unzähligen Drähte summten leise. Die Rinder warfen einen Blick in das seltsame Getriebe. Da packte Dina den neben ihr stehenden Jack plötzlich so heftig am Arm, daß er zusammenfuhr. Fragend sah er sie an. Sie deutete mit dem Finger auf eine Reihe viereckiger Glasgefäße, die durch Röhren miteinander verbunden waren. Jack war sprachlos. Dort stand ein alter Mann. Er hatte einen ganz kahlen Kopf und eine unheimlich hohe, gewölbte Stirn, was ihm ein äußerst sonderbares Ause-hen verlieh. Prüfend beugte er sich über die Glasgefäße.
»Kommt rasch fort, ehe er uns entdeckt!« Jack zog die anderen in den Tunnel, der zum Ausgang führte. Weiter ging es in fliegender Hast, bis sie endlich das kleine Zimmer erreichten, in dem die Wasserkrüge standen. Nun brauchten sie nur noch die Strickleiter hinunterzuklettern, dann waren sie frei.
»Was machen wir mit Schneelein?« flüsterte Dina.
»Schneelein? Ja, richtig. Irgendwie muß es ja herauf-gekommen sein — und die Hunde auch. Aber wie?« Philipp überlegte.
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