Der Berg Der Abenteuer
Kahn Ihnen gesagt, daß — daß — » begann Mejer ein wenig stockend.
»Sie meinen, daß einige Fallschirmspringer aus dem Hubschrauber springen wollen?« half der Pilot nach. »Ja, ich bin im Bilde. Das geht in Ordnung. Wenn einer so etwas tun will, was geht's mich an?«
»Sie werden gut bezahlt werden«, versprach Mejer.
»Diesmal gibt es noch eine Sonderprämie. Wir haben einen jugendlichen Springer — im Interesse des Versuches.«
Es entstand eine kleine Pause. Dann fragte der Pilot scharf: »Was meinen Sie mit — einem jugendlichen Springer?«
»Es ist ein Knabe. Er befindet sich bereits hier oben.«
Mejer wandte sich an einen der Diener und gab ihm in einer fremden Sprache einen Befehl. Der Japaner lief eilig die Stufen in den Berg hinab. »Ich habe dem Erfinder sagen lassen, daß Sie angekommen sind«, erklärte Mejer dem Piloten. »Wollen Sie nicht eine Kleinigkeit essen, bevor Sie wieder abfliegen?«
Der Pilot lehnte ab. »Nein, ich muß fort. Lassen Sie den Knaben holen.«
Lucys Knie zitterten so, daß sie sich einen Augenblick hinsetzen mußte. Philipp war ruhig und entschlossen.
Gut, sollten sie ihm die Flügel anlegen! Er würde sich nicht weigern, in den Hubschrauber zu steigen, und er würde auch springen. Wenn diese Flügel wirklich funktionierten — Ja, wenn sie funktionierten! Philipp konnte nicht daran glauben, so sehr er sich auch selber Hoffnungen zu machen versuchte.
Der Pilot hatte die Kinder noch nicht gesehen. Jetzt wurde Philipp von einem der Diener vorgeführt. Jack und die Mädchen folgten zögernd hinterher. Plötzlich erschien der König auf dem Hof. Er mußte sich in aller Eile angezogen haben. Seine Kleider saßen schief, die Krone war ein wenig verrutscht. Aber seine Haltung war so majestätisch wie immer.
Hinter ihm kamen zwei Diener mit den Flügeln. Der König nahm sie aus dem Kasten. Wie herrlich sie aussahen! Lucy war wieder ganz entzückt von ihrer Schönheit.
Sie wünschte von Herzen, daß sie Philipp tragen würden.
Philipp streckte ruhig die Arme aus und ließ sich die Flügel von dem König anlegen. Als dieser ihm die beiden Knöpfe zeigte, nickte er nur. Versuchsweise schlug er ein wenig mit den Armen und spürte überrascht den starken Widerstand der Luft. Die anderen Kinder blickten ihn bewundernd an. Jack war sehr stolz auf seinen Freund. Wie schneidig er war! Er zeigte nicht die geringste Furcht.
Vielleicht hatte er wirklich keine.
Aber in Philipps Herz lauerte ein ganz entsetzliches Angstgefühl. Er versuchte es mit aller Macht zu unterdrücken. Um nichts in der Welt sollte jemand merken, wie es in Wirklichkeit um ihn stand.
Plötzlich ereignete sich etwas Unerwartetes. Lucy trat vor und legte ihre Hand auf den Arm des Königs. »Majestät! Erlauben Sie, daß ich die Flügel an Philipps Stelle ausprobiere! Ich bin viel leichter als er. Es würde mir eine Ehre sein, es zu tun.«
Die anderen Kinder standen da wie vom Donner ge-rührt. Was für ein Einfall von Lucy! Philipp lief auf sie zu und umarmte sie, so daß sie ganz von den großen Flügeln eingeschlossen war. »Ach, du Dummchen, wie kommst du denn darauf? Nein, nein, laß mich nur springen. Wenn ich erst in der Luft bin, werde ich hier über den Gipfel fliegen und euch zeigen, wie gut es geht.«
Lucy schluchzte auf. Der Pilot wandte sich wortlos um und stieg, von seinem Begleiter gefolgt, in die Maschine.
Der König zögerte nicht einen Augenblick, Philipp den gefährlichen Versuch machen zu lassen. Er glaubte fel-senfest an die Wunderflügel. Sein Geist schwebte in den Wolken. Die Menschen, die seine Experimente durchführten und seine Erfindungen ausprobierten, bedeuteten nichts für ihn.
Ein Diener mußte Philipp beim Einsteigen in den Hubschrauber helfen, da ihn die großen Flügel behinderten.
Mejer sah mit grimmigem Gesicht zu. Er hätte es lieber gesehen, wenn der Knabe sich gewehrt hätte. Sollte er etwa seinen Mut bewundern? Durchdringend blickte er Philipp an.
Philipp winkte ihm mit den geflügelten Armen zu. »Auf Wiedersehen, Mejer! Nehmen Sie sich in acht! Eines Tages wird es ein schlechtes Ende mit Ihnen nehmen.«
Wütend stürzte Mejer auf ihn zu. Aber schon sprang der Motor an, der Propeller begann sich zu drehen. Lucy versuchte vergeblich, ihre Tränen zurückzuhalten. Sie würden Philipp niemals wiedersehen, das war gewiß.
Der Hubschrauber stieg senkrecht in die Höhe. Da lehnte sich der Pilot noch einmal heraus und rief laut:
»Vergeßt Bill Smugs nicht!« Seine
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